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Mein Jakobsweg

Mein Jakobsweg

Titel: Mein Jakobsweg
Autoren: Elke Sauer
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bleiben mir noch. Morgen, beschließe ich, werde ich nach Portomarín fahren. Das geht nur über Lugo. Dort könnte ich einen Tag bleiben. Durch Lugo führt nämlich der Camino del Norte, der nördlichere Pilgerpfad nach Santiago. Fotos und Reiseberichte haben mich neugierig gemacht, mir diesen Weg zumindest einmal anzusehen.
     

Von Astorga nach Portomarín
     
     
    Locke die Sonne nach dem Wolkenbruch
    und gehe deinen Weg
    über die Farben des Regenbogens.
    Aus Griechenland
     
    D urch das Bierzo-Gebirge zu fahren ist nicht nur angenehmer, als mich per pie da durchzuquälen - ich würde es zu Fuß auch gar nicht mehr schaffen. Vor zwei Jahren bin ich nicht rauf-, sondern nur runtergepilgert, und das war schon anstrengend genug.
    Schon vor meiner jetzigen Reise war mir deshalb klar: Wenigstens für die schwierigen Passagen muss ich mich über den ehernen Grundsatz hinwegsetzen, dass das Fahren nicht im Sinne des Pilgerns sein kann. Die ganzen 800 Kilometer könnte ich sowieso nicht mehr gehen. Ich bin einfach zu alt und auch nicht gesund genug. Doch ich habe keine Minute damit gehadert. Mit dem, was ich leisten kann, möchte ich zufrieden sein. Und das ist immerhin noch eine ganze Menge. Dennoch, ein klein wenig bin ich mit mir unzufrieden: Zum zweiten Mal nun habe ich die Chance, über die Montes de León zum Cruz da Ferro zu pilgern, nicht genutzt. Lange bergige Wege ohne Wasserstellen und selten nur mal ein paar bewohnte Häuser machen diesen Weg sehr schwer. Zu groß ist meine Angst, zu versagen auf diesen einsamen Höhen, über die es zu pilgern gilt.
    Trotz meiner Neugier auf den Camino del Norte bin ich offenbar nach wie vor nicht in der Stimmung, um lärmende Städte zu ertragen. Schon die Fahrt durch Lugo empfinde ich wie auch in Burgos und León als unerträglich.
    Daher nehme ich sofort den nächsten Anschluss in mein geliebtes Portomarín. Diesen ruhigen Ort mit dem schönen Platz, auf dem der heilige Jakobus uns so energisch den Weg weist. Hier begegne ich Monika und Brigitte, zwei Freundinnen aus dem Schwarzwald, die seit Astorga unterwegs sind. Beide nur ein paar Jahre jünger als ich. Ich esse mit ihnen zu Abend und sehe den Störchen auf dem Kirchendach beim Füttern ihrer Jungen zu, während sich über dem Stausee regenschwere Wolken zusammenschieben.
    Obwohl noch nicht mal zwei Jahre in Betrieb, hat diese Herberge den Charme eines Busbahnhofs. Aller Glanz, sofern er da war, ist dahin. Wir drei haben mächtiges Glück und kommen noch in einem Achtbettzimmer unter - bei jugendlichen Pilgern aus Irland, drei Mädchen und zwei Jungen. Die wären bestimmt auch lieber unter sich geblieben, ohne die deutschen Omas, denke ich selbstironisch. Als wir drei Grandmas dann auch noch hoch in die Betten krabbeln, gibt’s kein Halten mehr: Wir beginnen lauthals zu lachen. Alle acht, bis die Tränen kommen. Eine kuriose Situation allemal, mit einem kleinen Schuss Tragik.
     

Noch einmal nach Santiago
     
     
    Die Bäume weben den Wind,
    und die Rosen färben ihn mit Duft.
    Federico García Lorca
     
    N och 100 Kilometer schönsten Pilgerweges liegen vor mir. So leise wie irgend möglich klettere ich am Bettgestell runter. Bis auf die Notbeleuchtung ist es dunkel im Haus. Lichtschalter finde ich keine. Nach und nach kommt Leben in die Bude, es werden größere Leuchten auf die Tische gestellt. Doch da bin ich bereits aus der Tür.
    Laut hallen meine Schritte auf der Holzbrücke über dem See. Bei dem steilen Anstieg überholt mich ein Asiate. Unter Seufzern schleppt er einen Rucksack, der fast höher ist als er selbst.
    Da ich früh auf war, kann ich länger Rast machen und komme trotzdem gut voran. Irgendwo überholen mich die jungen Pilger aus Irland. Ich verspreche ihnen, dass sie heute Abend nicht wieder mit ihren Grandmas schlafen müssen.
    In Palas de Rei ist es deutlich kühler geworden, der Himmel ist tiefschwarz. Bei unserem Pilger-Menü am Abend stoßen wir auf Monikas Geburtstag an und auf die Hochzeit, die an diesem Tag in Brigittes Familie gefeiert wird.
    Unterwegs nach Melide dann, am nächsten Tag, nehmen mich Pilger in einem Taxi mit. So spare ich etwa vier oder fünf Kilometer und pilgere über Ribadiso nach Arzúa. In Arzúa passe ich auf dem Bürgersteig höllisch auf. Diese nicht enden wollende Straße ist wirklich sehr unangenehm, und mein schmerzhaftes Stolpern auf dem Gehweg ist mir noch nach zwei Jahren in schlechter Erinnerung. Das Zentrum des Ortes hingegen ist recht nett, die Herberge
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