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Mein Jakobsweg

Mein Jakobsweg

Titel: Mein Jakobsweg
Autoren: Elke Sauer
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ausgezeichnet. Hier treffe ich Monika und Brigitte wieder, die heute in einer privaten albergue übernachten.
    Ich schlucke Vitamintabletten, inhaliere einmal mehr, reibe meine Beine kräftig ein, schnüre die Stiefel fest. Dann gehe ich weiter, morgens im Dämmerlicht, in der himmlischen Ruhe der Natur. Wie immer auf meinen beiden Reisen sind diese frühen Stunden mit die schönsten Momente des Tages.
    Vorbei an gepflegten Gärten, über denen der betörende Duft wunderschöner Rosen hängt, komme ich in den Ort Arca. Die Unterkunft hier ist nicht alt, aber sehr überlaufen und verwohnt. Monika und Brigitte kommen etwas später.
    Der allerletzte Pilgertag! Die meisten Pilger in der Herberge sind an diesem Abend ganz hektisch vor Aufregung. Ich aber bin voller Freude und glücklich, es wieder einmal geschafft zu haben.
    Die Nacht ist sehr unruhig, ich finde kaum Schlaf. Früh im Dunkeln stehe ich auf und mache mich auf den Weg, den ich schon kenne: die letzten Kilometer bis Santiago.
    Hinter dem Horizont kündigt sich die Sonne an. Der erste Hahn kräht. Noch ist es zu dunkel, um im Wald zu gehen.
    Alle möglichen Gedanken schwirren mir durch den Kopf. Wie wird Santiago mich empfangen? In der gleichen fröhlichen Stimmung wie vor zwei Jahren? Wie wird es in der Kathedrale sein? Hält sie wieder so viel Glück für mich bereit? Werde ich je wieder durch eine solch friedlich nächtliche Landschaft pilgern? Dem erwachenden Tag entgegengehen?
    Schon gleiten meine Gedanken ins nächste Jahr. Könnte ich nicht noch einmal? Wenn ich gesund bin? Wäre das möglich? So viele Wege führen zum heiligen Jakobus! Könnte ich nicht einen dieser Wege wählen? Ab Porto vielleicht. Jetzt gibt es auch eine genaue Wegbeschreibung nach Finisterre und darüber hinaus. Diesen könnte ich anschließen an den Camino von Porto. Oder wie wäre es, einen der bekannten Pfade durch Frankreich zu gehen? Welchen Weg ich auch wählen werde, eines beschließe ich hier und heute: Ich werde mich vorbereiten für einen neuen Weg, solange mir dies möglich scheint.
    Die Lieder der Vögel tönen nun schon aus allen Wipfeln. Gleich bin ich in Lavacolla. Na siehste, geht doch. Dort stehen Wartende an einer Bushaltestelle. Ich frage, ob sie nach Santiago wollen. Sí, sí, ist die Antwort; ich stelle mich dazu.
    Nun bin ich viel früher angekommen als erwartet, gehe in die Albergue Acuario, stelle meinen Rucksack ab und strebe dem Zentrum zu: der Kathedrale.
    Zuvor möchte ich noch ins Pilgerzentrum. Dort begegne ich drei Sachsen, ich kenne sie vom Weg. Wir vier sind die einzigen in dem Büro. Ein ganz schöner Unterschied zum heiligen Jahr!
    Im Pilgerbüro geht es richtig nett zu. Die junge Señorita, die meinen Pilgerpass bearbeitet, sagt, wenn ich das nächste Mal nach Santiago käme, müsse ich ab Ferreiros gehen. Ab Portomarín seien es nicht ganz 100 Kilometer.
    Ich bin doch oben im Rioja schon so lange gegangen, suche ich mich zu verteidigen. Schön, sagt sie, nun wisse ich ja Bescheid, und damit stellt sie mir meine Compostela aus. Wie eine Trophäe halte ich sie in der Hand und lasse sie gleich einschweißen. Ich weiß, dass ein paar Kilometer fehlen. Doch wegen meines schlechten Zustandes gerade auf dem Weg nach Sarria, während meiner ersten Reise, wollte ich in diesem Jahr Sarria auf gar keinen Fall zu nahe kommen.
    Vor dem Haus spricht uns eine Frau an. Sie vermietet Zimmer; die drei Männer aus Sachsen, die noch immer ihre Rucksäcke tragen, sind interessiert. Spontan frage ich, ob sie auch eines für mich habe.
    Sie mustert mich von oben bis unten, völlig ungeniert, und scheint zufrieden. 18 Euro soll das Zimmer kosten. Es sei nicht weit von hier. Schon eilt die Dame eine gerade Straße hinunter, dann etwas links; wir vier rennen hinter ihr her. Die Männer nehmen zusammen ein Zimmer und bezahlen.
    Und dann komme ich in meines. La Señora zieht das Rollo hoch, und ich traue meinen Augen nicht. Vor mir sehe ich die Kathedrale in ihrer ganzen Schönheit und Größe! Ich gehe näher ans Fenster: Nur ein paar kleine Häuser und Gärten, etwa wie Schrebergärten, trennen mich von dem imposanten Bauwerk. Sogar eine Palme wächst dort.
    Ich bezahle für drei Nächte. Jetzt habe ich mein eigenes Reich! Und das ohne große Anstrengung oder Planung — einfach, indem sich alles ganz leicht ineinanderfügte. Was für ein Glück ich hatte, so früh in Santiago zu sein!
    In der Kathedrale finde ich sogar noch Platz in einer Bank. Atemlos höre ich die
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