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Mein Jakobsweg

Mein Jakobsweg

Titel: Mein Jakobsweg
Autoren: Elke Sauer
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wieder ziemlich warm. Mauersegler schießen durch die Lüfte, als hätten sie die ganze Nacht durchflogen. Der Duft früher Rosen lockt mich noch einmal in den Garten. Als dort der Hahn kräht, nehme ich Abschied von den weißen Hühnern und bedauere sie, weil sie immer nur in diesen reinlichen Käfigen sein müssen. Ich hingegen bin gern in dieser Herberge gewesen. Sie ist die älteste auf dem Camino: Bereits seit dem Jahr 1044 beherbergt sie Pilger.
    Spanien ist ein richtiges Paradies, wenn man gern mit dem Bus reist. Busse fahren immer und überallhin. Zudem sind sie sehr preiswert. Nur ganz so pünktlich sind sie nicht, deshalb muss man zeitig an der Haltestelle sein und des Öfteren auch über die Abfahrtszeit hinaus warten.
    Mein Bus hat sicherlich schon eine halbe Stunde Verspätung. Mit mir warten zwei Studentinnen aus Mailand, die jetzt über Madrid wieder nach Hause fliegen. Dieses kurze Stück Pilgerweg sei nur ein Probelauf gewesen. Im kommenden Jahr würden sie sich genug Zeit nehmen und ab Burgos bis Santiago pilgern. Santo Domingo habe ihnen sehr gut gefallen. Nicht aber die Unterkunft in dem Zisterzienserkloster. Schade, dass sie die falsche Unterkunft gewählt hatten! Für nächstes Jahr empfehle ich ihnen meine Herberge.
    Kaum haben wir die Ebene von Santo Domingo in Richtung der Berge um San Juan de Ortega verlassen, bewölkt sich der Himmel. Später regnet es sogar. Die Pilger, an denen wir vorbeifahren, haben bunte Jacken an. Hier oben kann es auch im Sommer sehr kalt sein.
    Es dauert kaum zwei Stunden, bis Burgos in Sicht kommt. Ich freue mich auf die Stadt und die Kathedrale.
    Vor zwei Jahren konnte ich sie ja nicht besichtigen, weil sie wegen Renovierungen beinahe komplett abgesperrt war. Jetzt werde ich das Versäumte nachholen und aus ihrer Mitte hinauf in diesen einzigartigen Kuppelstern sehen.
    Gleich als wir in die Stadt einfahren, schockieren mich die vielen Autos und die Menschenmassen, die über Straßen und Bürgersteige hetzen. Vielleicht wird es ja in der Innenstadt ruhiger?
    Leider sind auch die Ufer des Arlanzón durch eine Großbaustelle verdeckt. Lange fahren wir daran entlang; der Verkehr wird immer dichter, der Lärm ist irrwitzig. Nun ja, tröste ich mich, wir sind gleich da. Dann gehe ich ganz schnell über diese schöne Brücke und bin im Zentrum!
    Kurz vor dem Busbahnhof fährt der Bus an eben dieser Brücke vorbei. Auch sie ist durch Absperrungen und Maschinen verstellt. Ich bin zutiefst enttäuscht. Wäre ich doch weit weg! In einem kleinen, stillen Dorf, gleichgültig, wie dort die Unterkunft wäre.
    Ich will sofort weiterfahren. Wohin, weiß ich noch nicht.
    30 Minuten später sitze ich in einem Bus nach León. Die nagelneue Autobahn ist gesäumt mit Schildern der EU. Auf ihnen ist zu lesen, dass diese neue Trasse im Rahmen der Ernennung des Jakobsweges zum Weltkulturerbe vorangetrieben wurde.
    Der Hinweis auf diesen Pilgerweg ist allgegenwärtig, auch bei den Ausfahrten zu den vielen kleinen Ortschaften, durch die ich vor zwei Jahren gepilgert bin. Wie auf einer Zeitreise rausche ich nun an ihnen vorbei. Dabei stelle ich mir vor, wie es sein wird, wenn die Pilger der Zukunft nur noch auf dieser Autobahn entlangfahren und mal eben, bei entsprechendem Hinweis, zum Camino abbiegen, durch das Dörfchen pilgern, einen Kaffee trinken und sich am Ende bei dem Parkplatz den Stempel abholen.
    Im Übrigen ist die Meseta, jene Hochebene, die sich auf 600 bis 800 Meter Meereshöhe bis León erstreckt, sehr trocken und flach. Manchmal glaube ich daher, den Pilgerweg zu erkennen. Aber das ist sicher ein Irrtum, denn Pilger sehe ich keine.
    In Carrión de los Condes beginnt es zu regnen, wie vor zwei Jahren. In Sahagún würde ich gern aussteigen, um in der Kirche zu übernachten, und bedauere es sehr, weiterfahren zu müssen. Doch der Zufall hat mich nun mal in den Bus nach León gebracht, und diesem Zufall will ich folgen.
    In León führen mich ausgeblichene Pfeile zu einer mir bis dahin unbekannten Herberge in den Bereich der Ausfallstraßen dieser Stadt. Ich bin überrascht, bleibe aber dort. Das einzig Positive sind die kleinen Zimmer mit nur acht Betten, zumal bis zum Abend nur vier davon belegt sind.
    Sogar ein extra Wohnzimmer ist hier, mit Sesseln und Schränken, in denen Bücher sind. Und einem großen Fernsehapparat. Von den Männern wird das sehr begrüßt, denn in dieser Zeit wird die Fußballweltmeisterschaft ausgetragen. Aber eine Küche, bei der man sich das Wasser
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