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0225 - Blüten mit dem Todeszeichen

0225 - Blüten mit dem Todeszeichen

Titel: 0225 - Blüten mit dem Todeszeichen
Autoren: Blüten mit dem Todeszeichen (2 of 3)
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Seine Manteltasche war kantig ausgebeult.
    »Dreh dich um, Cotton«, sagte er mit einer näselnden, beinahe sanften Stimme: »Dreh dich um und geh den Weg zurück, den du gekommen bist!« Ich starrte erstaunt auf den mittelgroßen Burschen, der da zwei Schritte vor mir stand. Er hatte einen grauen Hut auf und einen verblichenen Trenchcoat an. Der Mantelkragen war hochgestellt, die Arme hatte der Bursche bis fast zu den Ellenbogen in die Taschen geschoben.
    »Warum?« fragte ich verständnislos. »Dreh dich um und geh langsam zurück«, wiederholte er. »Sonst knallt's!« Auf den ersten Blick sah er aus wie ein kleiner Buchhalter. Eine randlose Brille mit dünnen Goldbügeln saß auf seiner Nase. Er hatte schmale, blutlose Lippen und die ungesunde Hautfarbe eines Mannes, der die meiste Zeit seines Lebens in geschlossenen Bäumen zugebracht hat. Bemerkenswert waren eigentlich nur seine graublauen, völlig ausdruckslosen Fischaugen.
    Da ich zögerte, machte er eine leichte Bewegung. Die Manteltasche beulte sich jetzt sehr scharfkantig aus.
    »Das ist der Lauf einer 33er«, sagte er mit seiner sanften Stimme.
    Mein Blick tastete ihn ab. Er glitt über die abgewetzten Schuhe, die faltigen Hosenbeine, den verblichenen Mantel. Er tastete sich über den hageren Hals und das wenig ausgeprägte Kinn. Er schweifte über die dünnen Lippen und die scharfkantige Nase. Und blieb schließlich an seinen Augen hängen. Kalte, graublaue, völlig ausdruckslose Fischaugen. Ein paar Herzschläge lang fraßen sich unsere Blicke ineinander.
    Dann drehte ich mich langsam um.
    »Na also«, sagte er zufrieden.
    »Wohin soll ich gehen?« fragte ich.
    »Gradeaus! Zurück zum Parkplatz!«
    Ich setzte mich langsam in Bewegung.
    Am Himmel trieben schwarzgraue Wolken dahin. Ein schwacher Sturm peitschte das Geäst der Bäume. Pfützen standen in den Schlaglöchern der Zufahrtstraße. Auf den letzten hundert Metern durfte sie nur von den Fahrzeugen der Zuchthausverwaltung benutzt werden. Aus Sicherheitsgründen. Der Parkplatz für Besucher lag um eben diese Distanz von der äußersten Mauer entfernt.
    Die Mauer zog sich links von uns riesig groß, endlos und schmutziggrau dahin. An einigen Stellen hatten Kinder mit Kreide Männchen und Sprüche aufgemalt. Ich sah es aus den Augenwinkeln.
    Während ich mechanisch einen Fuß vor den anderen setzte, überlegte ich. Ich hatte den Kerl noch nie gesehen.
    Auch seine Stimme war mir unbekannt. Ich hätte mich sonst an dieses sanfte Näseln sofort erinnert.
    »Was wollen Sie eigentlich von mir?« fragte ich.
    »Ich soll dich umlegen«, näselte er. »Warum?«
    »Dumme Frage«, brummte er. »Weil ich‘s bezahlt kriege.«
    »Wer sind Sie eigentlich?« fragte ich. »Uninteressant«, näselte er.
    »Und wer ist Ihr Autraggeber?«
    »Auch uninteressant.«
    »Wenn Sie mich ermorden, können Sie's doch ruhig sagen.«
    »Lieber .nicht. Es kann ja schiefgehen. Kann man nie wissen.«
    Ich sah hinüber zum Parkplatz. Weit war er nicht mehr entfernt. Und wenn der Kerl es hier erledigen wollte, würde er es dicht vor dem Parkplatz tun. Er hatte dort sicher einen schnellen Wagen für seine Flucht bereit stehen.
    Sonst herrschte hier immer enormer Betrieb. Familienmitglieder besuchten einen Angehörigen im Zuchthaus, Rechtsanwälte ihre hoffenden Schäfchen, Reporter einen besonders bekannten Gangster. Geschäftsleute und Vertreter kamen zur Verwaltung. Heute war kein Mensch zu sehen. Wir beide waren die einzigen, die auf der Zufahrtsstraße entlanggingen. Dabei waren es höchstens noch dreißig Yard bis zum Parkplatz.
    Vielleicht würde er mich zu ,einer kleinen Fahrt' einladen. Seit Jahr und Tag ist das ja bei uns die Masche, wie einige Gangster ihre Gegner umlegen. Man fährt in eine einsame Gegend, wo‘s so leicht keiner krachen hört, stößt die Tür auf und jagt dem Opfer eine Kugel so in den Schädel, daß sie zur offenen Tür wieder hinausfährt. Ein kleiner Stoß, und der Tote wandert hinterher. Meistens bleibt der Wagen sauber dabei, oft gibt es nicht einmal einen Blutspritzer im Auto. Als G-man ist man über derartige Bräuche sehr genau unterrichtet…
    »Sie sind ein verdammter Narr«, sagte ich. »Sonst hätten Sie sich vorher ein bißchen nach mir erkundigt.«
    »Warum?«
    »Dann hätten Sie erfahren, daß ich ein G-man bin«, sagte ich hoffnungsvoll.
    Es gibt kaum einen Gangster, der bereit ist, einen G-man umzubringen. Sie wissen zu genau, daß das FBI jeden Mörder eines G-man gnadenlos hetzt. Wenn es
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