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Mein ist der Tod

Mein ist der Tod

Titel: Mein ist der Tod
Autoren: Gert Heidenreich
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zerschlug mit einem Schwertstreich die drei Glaszylinder. Die Scherben flogen durch den Raum, das Ethanol ergoss sich über den Tisch und den Boden.
    Aminata sah das Feuerzeug und begriff, wovon er gesprochen hatte. Mit erhobenen Armen stand er vor ihr, in der rechten Hand sein Katana, in der linken ein gelbes Gasfeuerzeug, sein Gesicht eine Maske des Triumphs.
    Als er mit dem Daumen das Zündrad rieb, warf sie sich nach hinten, ließ den Stuhl kippen, hob die gefesselten Füße und traf Korell zwischen den Beinen. Die Ethanolwolke über dem Tisch verpuffte in einem blauen Feuerball, Korells Wutschrei ging in dem dumpfen Knall unter, sofort stand der Tisch in Flammen.
    Korell hieb mit dem Schwert nach ihr, sie rollte sich über die Bohlen, spürte einen stechenden Schmerz an ihrem linken Arm und sah im Feuerschein den abgesplitterten Boden eines Spiritusglases, griff mit ihren gefesselten Händen danach, die Flammen sprangen vom Tisch auf die Holzbohlen und kreisten Korells Füße ein, während er wie rasend das Schwert schwang, als würde er von Luftgeistern angegriffen.
    Das Feuer rannte über den Boden, kam als blaugelbe Welle auf Aminata zu, sie riss sich das Klebeband vom Gesicht, trennte mit dem gebrochenen Glas das kurze Seil zwischen ihren Knöcheln auf. Doch als sie die Füße frei hatte, umringten sie die Flammen bereits, sprangen sie an, züngelten nach ihren Haaren, die Hitze schlug auf ihre Augen und glühte in ihrem Mund.
    Es kam ihr vor, als ob sie unendlich langsam aufstand, durch das Feuer zur Tür lief, sich die gefesselten Hände an der Eisenklinke verbrannte, vor der Hütte die kalte Nachtluft in ihrem Gaumen spürte und sich kopfüber ins Wasser der Nelda fallen ließ.
    Im Fluss verlor sich die Dehnung der Zeit. Aminata riss das Gewebeband, das ihre Handgelenke verband, mit den Zähnen auf, drehte sich und schwamm von der Flussmitte, in die sie getrieben war, zurück zu dem Feuerzeichen an Land.
    Korell sah die Hydra durch die Flammen zur Tür stürzen, er hörte, wie ihr Körper ins Wasser fiel, und ein einziger, schrecklicher Gedanke beherrschte ihn: Er hatte versagt.
    Er streckte sich, sammelte seine Kräfte, hob das Katana, ließ es über sich durch den Qualm kreisen, und als es ihm genügend Schwung zu haben schien, zwang er es mit einer ruckhaften Senkung seines Arms in einen tieferen Kreis, in dem das Schwert seinen Hals durchschlug.
    Es hielt sich in seiner Hand, als Korells Kopf über die brennenden Bohlen rollte.
    Er umklammerte es noch, als sein enthaupteter Körper sich drehte und zwischen die Hände seiner Opfer fiel, und es blieb bei ihm, als er zu brennen begann.

    Am Ende der Zigarette rief Swoboda Törring noch einmal an:
    Es ist mir erst jetzt eingefallen, bestimmt erinnerst du dich. Er hatte Erde an den Reifen seines Wagens.
    Ja, sagte Törring. Wir sind gerade draußen an der Floßlände. Es war die schwarze Erde vom Ufermoor hier. Es ist vorbei. Er ist ziemlich verbrannt, Aminata ist am Leben, nur leicht verletzt. Jedenfalls äußerlich. Wir haben auch die verkohlten Hände. Und noch etwas: Korell hat sich offenbar selbst enthauptet. Mit einem japanischen Schwert.
    Swoboda schwieg.
    Bist du noch in der Galerie?, fragte Törring.
    Ja.
    Und fährst du morgen nach München?
    Ja. Muss mich ja um die Auferstehung kümmern.

    Während Swoboda mit seinem Bericht Martina veranlasste, Grappa zu servieren, und Michaela Bossi weitere Fälle von Selbstenthauptung in der Kriminalgeschichte verschwieg, saß Verena Züllich auf den Sandsteinquadern der Mole am Mäuseturm und starrte auf die nachtschwarze Nelda hinaus.
    Ihr war nicht in Erinnerung, dass ihr Sohn Frank in Untersuchungshaft war und ihr bereits am Morgen mitgeteilt hatte, er werde am folgenden Tag freikommen. In ihrem Alkoholdunkel war Frank für immer verschwunden, und sie sah für sich selbst keinen Sinn darin, weiterzuleben. Dass der Fluss nicht schwarz war, sondern ungezählte Reflexe des Mondlichts zurückwarf, nahm sie nicht mehr wahr. Ihre Augen waren nur noch empfänglich für die Welt hinter dem Licht.
    Am Westufer der Nelda ging plötzlich ein Stern auf. Verena Züllich sah die Geburt dieses Feuers und wusste, dass sie ein Zeichen sah. Ein Zeichen, das Frank ihr geschickt hatte. Dort, wo die alten Fischerhäuser auf ihren Abriss warteten und kein Mensch mehr wohnte, hatte das Licht sich entschieden, Verena Züllich aus ihrer Dunkelheit zu wecken.
    Sie hob die Arme, senkte sie wieder, faltete die Hände zu einem
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