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Mein ist der Tod

Mein ist der Tod

Titel: Mein ist der Tod
Autoren: Gert Heidenreich
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schlecht, nicht umwerfend, irgendwie habe ich das Gefühl, dass er klaut oder zumindest was nachmacht, aber das tun schließlich alle. Echt schwer zu sagen. Ich werde auch nicht darüber schreiben, nur über die Eröffnung, die Chagalls, ein bisschen über die Fabeln von La Fontaine, und dass Korell neue Gedichte gelesen hat, mehr nicht.
    Dann wird er gekränkt sein, sagte Martina.
    Herking grinste. Das sind sie immer.
    Michaela Bossi wandte sich der Galeristin zu: Wo ist er überhaupt?
    Sofort gegangen. Seine Gönnerin braucht ihn. Freya Paintner. Junge Dichter und alte Damen, es gibt nichts, was besser zusammen passt.
    Wartet mal, sagte Herking, jetzt fällt es mir ein. Da war ganz am Anfang ein Gedicht über die Liebe und die Planeten. Hatte, glaube ich, keinen Titel. Das kam mir bekannt vor.
    Das glaube ich nicht, sagte Martina, er hat es erst unlängst geschrieben, es ist schön, ich kann es fast auswendig: Liebe ist das Gesetz der Gestirne, ist ihre Bahn und ihr Licht. Das ist wunderbar!
    Swoboda verkniff sich eine bissige Bemerkung.
    Ohne zu fragen, griff Herking nach Martinas Zigaretten, nahm sich eine und zündete sie an.
    Nur nicht von ihm. Ich wusste es, vorhin ist mir nur nicht eingefallen, woher. Jetzt weiß ich es wieder. Er hat diese Zeilen vom Ende des Paradiso , aus dem 33. Gesang. Die Liebe gibt der Sonne und den Sternen ihre Bahn. Das ist der Schluss der Göttlichen Komödie ! Es ist Dante!
    Triumphierend hatte er seine Erkenntnis in die Runde gerufen, und in dem Moment, als er den Namen Dante von der eigenen Stimme hörte, wurde ihm bewusst, dass es nicht darum ging, Korell des Plagiats zu überführen.
    Martina begriff die Erstarrung nicht, die Swoboda und Bossi offenbar schlagartig befallen hatte.
    Sie stieß ihre Zigarette im Aschenbecher aus. Und wenn schon! Dann klaut er wenigstens gut!
    Dante, sagte Swoboda heiser und wählte Törrings Nummer.
    Turbo! Ihr habt doch noch jemanden stehen an der Villa von Freya Paintner. Kannst du den mal fragen, ob Günther Korell zurückgekommen ist? Ich warte.
    Michaela Bossi blickte zu ihm her, als würde sie die Nachricht, auf die sie warteten, schon kennen.
    Ja?
    Er hörte zu, dankte und schaltete aus: Seit Stunden ist niemand zu Freya Paintner gekommen. Nicht Korell und auch nicht Aminata Mboge.
    Herking rauchte hektisch, zog seine Notizbuch hervor und fing an zu schreiben. Wenn alles gut ging, hatte ihn seine Literaturkenntnis zum Helden gemacht. Frau Bossi reagierte ruhig, gab die Fahndung nach Korell heraus, forderte einen Hubschrauber und ein Spezialeinsatzkommando an, gab anschließend Törring ihre Maßnahmen durch und erfuhr, dass man bereits nach Korells Wagen suchte.
    Sie legte ihr Telefon auf die Glasplatte. Wo ist er? Was hat er vor? Wie tickt der Kerl?
    Er hat Aminata, ich bin ganz sicher. Swoboda griff nach Bossis Gauloise-Schachtel und entnahm ihr eine Zigarette, steckte sie zwischen seine Lippen und erwartete, dass ihm jemand Feuer gab.
    Du rauchst nicht, sagte Martina.
    Bossi ergänzte: Seit sechzehn Jahren.
    Herking gab ihm Feuer.
    Swoboda atmete tief ein und sagte: Ich rauche nicht. Diese Zigarette ist eine Illusion.

    Sie hörte eine Wagentür schlagen. Dann seine Schritte auf dem Seitensteg.
    Er trat ein, die Taschenlampe blendete sie. Sie sah ihn etwas tragen. Drei Mal ging er nach draußen, kam wieder zurück und stellte, was er hereintrug, auf den Tisch. Im wischenden Lichtkegel sah sie drei glänzende Säulen. Dann schaltete er eine Stableuchte ein, legte sie mit den Leuchtdioden nach oben auf den Tisch, ihr kaltes Licht wurde von der Decke des Raums reflektiert.
    Aus den Augenwinkeln sah sie, dass er dunkel gekleidet war und eine Kapuze über dem Kopf trug. Er legte etwas Blitzendes auf den Tisch hinter die drei schimmernden Säulen, die er mit der Taschenlampe anstrahlte.
    Sieh her: Erkennst du sie wieder?
    Die Glaszylinder spiegelten, und sie konnte nichts erkennen.
    Er blickte auf sie hinunter.
    Ich werde dir erlauben, dich auf einen Stuhl zu setzen. Damit du sehen kannst, was geschieht. Du wirst dich ruhig verhalten. Vergiss nie, wer die Macht hat.
    Sie schloss ihre Augenlider zum Zeichen des Einverständnisses und öffnete sie wieder. Korell nahm sein Katana vom Schreibtisch und trat näher zu ihr hin. Er stand über ihr wie ein Scharfrichter, und sie sah die blanke Klinge. In ihr schrie ihr Leben.
    Er senkte das Schwert zwischen ihre Fußgelenke, die sofort frei wurden. Sie versuchte, die Knie zu beugen, hatte aber kein
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