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Mein Herz zwischen den Zeilen (German Edition)

Mein Herz zwischen den Zeilen (German Edition)

Titel: Mein Herz zwischen den Zeilen (German Edition)
Autoren: Jodi Picoult , Samantha van Leer
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Tränen wegwischt. »Das willst du eigentlich gar nicht, stimmt’s?« Schwach lächle ich ihn an. »Wenn ich hier rauskomme, hast du mein Wort: Ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, um dafür zu sorgen, dass du wieder ein Mensch wirst.«
    Gedankenverloren kratzt er sich hinter dem Ohr. »Ollie? Kann ich dich um noch etwas bitten? Wenn du tatsächlich hier rauskommst … könntest du sie dann dazu bringen … dass sie Notiz von mir nimmt?«
    »Ich glaube, das hat sie bereits«, sage ich und stoße ihn leicht in die Seite. »Geh schon.«
    Er trottet den Strand entlang zu dem Felsen, wo Seraphima sich niedergelassen hat. Abwesend tätschelt ihm die Prinzessin den Kopf. Frump wirft mir einen Blick zu, einen einzigen nur, und wedelt mit dem Schwanz.
    Ich hebe den rechten Arm und winke zum Abschied. Mit dem rechten Arm, der dort ist, wo er immer war und immer sein wird – an meinen Körper gezeichnet, in einem Buch, aus dem ich vielleicht niemals entkommen werde.

D elilah
    Sobald seine Mutter das Zimmer verlassen hat, wendet sich Edgar zu mir. »Das ist ja voll abgefahren«, sagt er mit großen Augen.
    Sofort setze ich mich an den Computer und tippe wie wild NEUES ENDE unter das abgeänderte Märchen, das Oliver aus der Geschichte heraushelfen soll – doch der Cursor springt nach oben und beginnt die Worte, die ich bereits geschrieben habe, zu löschen. Als Letztes verschwindet das Wort NEUES , und anschließend steht wie zuvor nur noch ENDE da.
    »Nein«, keuche ich und sehe mich um. Mein Verdacht bestätigt sich: Olivers Körper, der sich nach und nach vor unseren Augen zu materialisieren begonnen hatte, ist wieder verschwunden.
    »Wo ist er hin?«, fragt Edgar und sieht unter dem Bett und im Schrank nach.
    Ich weiß nicht, warum es mir nicht möglich ist, auf dem Computer diese einfachen Änderungen vorzunehmen. Vielleicht eine seltsame Firewall, die die Autorin zum Schutz der Datei installiert hat; vielleicht auch nur irgendein verrückter Virus. Jedenfalls ist es eine anschauliche Bestätigung dessen, was Jessamyn Jacobs mir gesagt hat: Diese spezielle Geschichte lebt in den Köpfen ihrer Leser. Man kann sie nicht verändern, weil sie in ihrer ursprünglichen Form bereits existiert.
    Es ist genau wie zuvor, als Oliver versucht hat, aus seiner engen Welt heraus das Ende des Buches umzuschreiben; oder, als er mich in die Seiten hineinzeichnen ließ. Wenn etwas nicht zur Originalgeschichte gehört, ist die Veränderung nicht von Dauer. Ist etwas erst einmal als Geschichte definiert, ist es in Stein gemeißelt. Es hat einen Anfang, einen Mittelteil und ein Ende, das sich nicht abändern lässt, denn wenn man das tun würde, wäre es erklärtermaßen eine andere Geschichte.
    »Das passiert nicht zum ersten Mal«, lege ich Edgar dar. »Es ist, als hätte die Geschichte ein Eigenleben.«
    Er überlegt einen Moment lang. »Kannst du gut schreiben?«
    »Wieso?«
    »Weil ich eine Idee habe.« Er setzt sich aufs Bett und legt die Hand auf den Bucheinband. »Man kann eine Geschichte nicht verändern, wenn sie schon erzählt wurde. Aber wenn du nun eine neue Geschichte schreibst?«
    »Das verstehe ich nicht.«
    Edgar beugt sich vor, er ist ganz aufgeregt. »Momentan ist Oliver der Einzige, der die Handlung verändern will. Aber stell dir mal vor, alle Charaktere in dem Buch bekämen ein vollkommen neues Stück zu spielen. Wenn sie alle am gleichen Strang ziehen, wird die Geschichte die Änderung vielleicht zulassen.«
    Ich schnappe mir das Buch und schlage Seite 43 auf. Oliver starrt mich von der Felskante aus an, blass und erschöpft. »Du bist wohlauf«, flüstere ich.
    »Ich bin, was ich immer bin«, sagt er leise. »Das ist ja das Problem.«
    »Edgar hat eine Idee.« Ich erkläre Oliver unseren Plan.
    »Ich wüsste nicht, was daran anders sein sollte«, mäkelt er, als ich fertig bin. »Ich bin und bleibe eine Figur in der Geschichte.«
    »Aber am Ende der neuen Geschichte wirst du fortgehen«, mache ich ihm klar. »Und all die anderen Figuren erwarten das dann auch.«
    Oliver seufzt. »Tja, so, wie die Dinge liegen, würde ich inzwischen wirklich alles ausprobieren.«
    Ich setze mich an den Computer, weil ich schneller tippen kann als Edgar. »Also«, sage ich, den Blick auf ihn gerichtet. »Wie geht es los?«
    Betretenes Schweigen. Wie sich herausstellt, hat niemand von uns geahnt, wie schwierig es ist, einfach so eine Geschichte aus dem Ärmel zu schütteln.
    »Wie wäre es damit: Ein Hund trifft eine Katze
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