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Mein Herz zwischen den Zeilen (German Edition)

Mein Herz zwischen den Zeilen (German Edition)

Titel: Mein Herz zwischen den Zeilen (German Edition)
Autoren: Jodi Picoult , Samantha van Leer
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müssen, dass er doch nur ein Produkt meiner Einbildung ist.
    Ich ziehe mir die Decke über den Kopf und wünsche mir, nicht aufwachen zu müssen. Wenigstens in meinen Träumen kann ich mit Oliver zusammen sein.
    Oliver.
    Ich taste zwischen den Kissen herum, aber das Buch ist nicht da. Sofort springe ich aus dem Bett, sehe darunter nach und auf der Kommode. Ich ziehe Decken und Laken von der Matratze. Ich weiß, dass ich gestern Abend mit dem Märchen in den Armen eingeschlafen bin. Ich weiß es einfach.
    »Wo ist es bloß?«, murmle ich, und in diesem Moment klopft es an der Tür.
    Als sie sich öffnet, steht Edgar auf der Schwelle, das Buch in der Hand. »Suchst du das hier?«, fragt er grinsend.
    »Ja!« Wütend reiße ich es ihm aus der Hand. »Du solltest nicht anderer Leute Eigentum entwenden.«
    »Na, genau genommen gehört es ja nicht dir, oder? Du hast es aus der Schulbücherei geklaut.«
    »Ich bin der einzige Mensch, der sich dieses Buch jemals ausge…« Ich breche ab und meine Augen werden schmal. »Woher weißt du das?«
    »Weil ich zuhöre«, sagt Edgar und kommt näher. Er nimmt mir das Buch ab und legt es aufs Bett, dann ergreift er meine Hände. »Ich höre immer zu, wenn du sprichst, Delilah.«
    Er sieht mich so eindringlich an, als könnte er mir ins Herz blicken, und das ist mir unheimlich, denn schließlich ist er Edgar – Edgar, der sich den ganzen Tag mit Videospielen in seinem Zimmer verbarrikadiert. Allerdings sind seine Augen anders. Ich kann es nicht richtig beschreiben, aber sie wirken irgendwie weicher an den Rändern. Weiser. Und vielleicht ein bisschen erstaunt.
    »Delilah«, flüstert er. »Ich bin’s«
    »Klar bist du das, Edgar. Wer solltest du sonst sein?«
    »Oliver. Es hat geklappt, Delilah. Es hat tatsächlich funktioniert.« Er lächelt und einen Augenblick lang glaube ich ihm fast. Die Art, wie sich einer seiner Mundwinkel auf einer Seite weiter nach oben zieht. Seine Stimme mit der leisen Andeutung eines britischen Akzents.
    Aber es hat doch gar nicht funktioniert. Das habe ich mit meinen eigenen Augen gesehen. Ich trete einen Schritt zurück und schüttle den Kopf.
    »Ich kann es beweisen«, sagt Edgar und hebt das Buch hoch. Er hält eine Seite zwischen zwei Fingern, fährt mit der Handfläche über die scharfe Kante und fügt sich eine anderthalb Zentimeter lange Schnittwunde zu.
    »Lass das!« Ich nehme seine Hand, aber es ist zu spät. Das Buch fällt zugeklappt wieder auf mein Bett, und ich drehe seine Hand mit der Innenseite nach oben, um nachzusehen, wie tief der Schnitt ist.
    Er blutet, aber das Blut ist nicht rot.
    Es ist blau wie Tinte.



Seite 60
    Prinz Oliver stürzte in die Tiefe, schloss die Augen und sah dem Tod ins Auge. Wind und Gischt peitschten ihm ins Gesicht. Die Fetzen, die von Seraphimas Gewand noch übrig waren, flatterten hinter ihm her wie eine Fahne. Er hörte Rapscullios Aufschrei und wusste, dass er selbst nur wenige Sekunden später aufschlagen würde.
    Während des Falls löste sich das Band, das er um den Hals trug, dann schwebte der Anhänger wie eine Feder über seinem Kopf. Der Kompass seines Vaters. Oliver streckte die Hand aus, schloss die Finger fest um die kleine Scheibe und wünschte sich für diesen Moment nur ein Quäntchen des legendären Mutes, den sein Vater besessen hatte.
    Das Kupferscharnier klappte auf und die Kompassnadel begann wie wild zu kreiseln. Bei seinem letzten Atemzug auf Erden dachte Oliver an sein Zuhause.
    Plötzlich war die Welt blendend weiß. Oliver blinzelte gegen das Licht, während sich seine Sicht langsam klärte.
    Er fiel nicht mehr. Er hatte sich nicht auf den scharfkantigen Felsen in der tosenden Gischt alle Knochen gebrochen. Stattdessen lag er heil und sicher in Seraphimas Armen.
    In diesem Augenblick wurde Oliver gewahr, dass man nicht an einem Ort zu Hause ist, sondern bei den Menschen, die einen lieben.
    Was natürlich bedeutet, dass Prinz Oliver und seine Angebetete glücklich und zufrieden lebten bis ans Ende ihrer Tage.

O liver
    Ich merke genau den Augenblick, in dem sie mir endlich glaubt. Ihr ganzes Gesicht verändert sich. Es ist, als würde sich nach einem Unwetter der Himmel aufheitern. Jetzt ist sie offen für alles. »Und Edgar …?«, fragt sie.

    »Es war seine Idee«, erkläre ich ihr. Dieses Mal bin ich derjenige, der das Buch aufschlägt. Ein seltsames Gefühl, so, als wäre ich plötzlich ungeheuer mächtig.
    Die Geschichte klappt auf der letzten Seite auf. Alle Charaktere sind
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