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Mein Herz zwischen den Zeilen (German Edition)

Mein Herz zwischen den Zeilen (German Edition)

Titel: Mein Herz zwischen den Zeilen (German Edition)
Autoren: Jodi Picoult , Samantha van Leer
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erkennen kann, welche es ist. Kaum habe ich einen Blick auf ihr Silberhaar erhascht, bleibt mir die Luft weg, als Trogg, einer der Trolle, wie eine Kanonenkugel auf mich zurollt und mir voll gegen die Brust prallt. »Alles auf die Plätze!«, kreischt Frump, und Königin Maureen schwebt an mir vorbei, wobei sich der glockenförmige Rock ihres Kleides wie ein Segel bläht, als wir durch ein Dutzend Seiten zur letzten Szene sausen.

    Der Sand unter meinen Stiefeln ist heiß. Seraphima, eingehüllt in Samt und Seide, hält mit einem selbstgefälligen Lächeln meine Hand. Aber zum ersten Mal sieht sie nicht mich an. Mit sehnsüchtiger Miene folgt ihr Blick Frump, der mit dem Ehering am Halsband über den Strand tapst. In der Ferne wartet Socks und wiehert. An seinem Sattel hängen Blechdosen und ein breites, flatterndes Band, auf dem F RISCH VERHEIRATET steht.
    Delilahs Stimme klingt wie durch einen Lautsprecher verstärkt, und einer Marionette gleich tue ich, was mir gesagt wird.
    »Am Ewigkeitsstrand versammelten sich sämtliche Bewohner des Königreichs, um die Hochzeit von Prinz Oliver und Prinzessin Seraphima zu feiern. Kapitän Crabbe und seine Männer hatten Fackeln aufgestellt, die mit Lachgas befeuert und mit einem zarten Flämmchen aus Pyros Atem angezündet wurden. Die Meerjungfrauen hatten einen Weg aus zerstoßenen Muschelschalen angelegt; den von den Trollen aus gebogenen Weidenruten errichteten Pavillon hatte Orville mit Zauberblumen geschmückt, die von selbst leuchteten und sangen, während die Braut darunter hindurchschritt. Die Feen trugen Seraphimas silberne Schleppe und vorne am Altar hob sie den Blick zu dem Mann, mit dem sie für immer vereint sein wollte.«
    Ich spüre, wie sie mir auf der Zunge liegen, jene Worte, die ich schon so oft in meinem Leben gesagt habe.
    »Seraphima«, beginne ich, und meine Stimme ist ein Echo von Delilahs Stimme, »jeder verdient ein Happy End. Willst du die Meine sein?«
    Als ich den Satz höre, frage ich mich, warum ich eigentlich nicht selbst darauf gekommen bin, dass es das Passwort sein könnte.
    »Ach, Oliver«, entgegnet Seraphima. »Musst du das wirklich noch fragen?«
    Ich bin vielleicht der Einzige, dem das leichte Zittern in ihrer Stimme auffällt. Begreift sie nun endlich, dass wir noch ein Leben jenseits der Geschichte haben?
    Das ist die Stelle, an der sie sich in meine Arme wirft und mich mit Küssen bedeckt. Mir kommt es so vor, als hätten wir zum ersten Mal beide keine Lust, unsere Rollen zu spielen. Ich schließe die Augen und mache den Rücken steif, bereite mich innerlich darauf vor, was gleich geschehen wird, doch stattdessen spüre ich eine magnetische Kraft an meinem Fuß, die mich nach hinten zieht, als hätte ich absolut keine andere Wahl, als einen Schritt von Seraphima zurückzutreten.
    »Oliver« , sagt Delilah laut, während sie tippt, »wendet sich plötzlich von seiner Braut ab.« Sie blickt über die Schulter zu mir. »Wie klingt das?«, fragt sie.
    Mein Mund ist plötzlich angefüllt mit scharfkantigen Wörtern, die mir in die Zunge piksen und mich zwingen, sie auszuspucken. »Ich kann dich nicht heiraten«, sage ich und höre dabei, wie Delilah gleichzeitig denselben Satz sagt. »Ich bin dazu ausersehen, meine eigene Geschichte zu beginnen, in einer anderen Welt, mit Delilah Eve McPhee.«
    Seraphima klimpert mit den Lidern, die Augen weit aufgerissen. Sie wirkt gleichzeitig hoffnungsvoll, ängstlich und verwirrt, aber sie hütet sich, die Handlung anzuzweifeln, wenn das Buch aufgeschlagen und ein Leser beteiligt ist. Aus dem Augenwinkel sehe ich, dass alle anderen unbehaglich von einem Fuß auf den anderen treten. Schließlich ist das nicht das Märchen, das sie kennen.
    In meiner rechten Hand prickelt es. Erst denke ich, Seraphima hat mir nun endgültig das Blut abgedrückt, aber dann merke ich, dass mein Körper verblasst, er flackert immer wieder auf wie eine Flamme, bevor er von einem Moment auf den anderen verschwindet.
    »Dein Arm!«, japst Seraphima und verstößt damit gegen die Regeln. Das denke ich zumindest, bis ich erkenne, dass Delilah es ebenfalls gesagt hat. Ich spähe aus dem Buch hinaus und sehe eine körperlose Hand zwischen Edgar und Delilah schweben.
    »Ich glaube, es klappt«, flüstert Edgar.
    Mir ist schwindlig und ich bekomme kaum Luft. Bei einem Blick nach unten stelle ich fest, dass der Stoff meines Wamses zu zittern beginnt, und plötzlich trennt es sich auf und verschwindet.
    »Oliver«, sagt Delilah,
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