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Die Lady mit der Feder - Roman

Die Lady mit der Feder - Roman

Titel: Die Lady mit der Feder - Roman
Autoren: Jocelyn Kelley Anke Koerten
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    E in einziger Fehler könnte verheerend wirken. Es war völlig überflüssig, dass Isabella de Montfort diese Worte immer wieder leise vor sich hin sagte, da ihr bei der Arbeit mit gefährlichen Stoffen stets bewusst war, wie heftig diese reagieren konnten. Anders als beim Mischen von Kräutern oder bei der Anwendung blanker, heilender Steine, wo ein Fehler nur bedeutete, dass man die Behandlung wiederholen musste, konnte der falsche Umgang mit diesen Grundstoffen weit größeren Schaden anrichten.
    Mit angehaltenem Atem hob sie die Glasflasche über das flache Gefäß auf dem Tisch in der Mitte der gemauerten Scheune. Sie beobachtete, wie ein Tropfen das Glas entlang auf die Öffnung zuglitt. Nur ein einziger Tropfen durfte in das Gefäß fallen. Mehr wäre zu gefährlich gewesen. Der Geruch der Ingredienzien war so intensiv und scharf, dass sie beim Mischen ein Kratzen im Hals spürte.
    Sie lächelte befriedigt, als die Elemente sich korrekt vermengten, und trug die Flasche zu den Regalen, auf denen sie ihre Vorräte hinter einer versperrbaren Tür aufbewahrte, damit sich nicht jemand damit zu schaffen machte und womöglich ein Malheur verursachte. Sie schloss die Tür und sicherte sie mit dem Schlüssel, den sie an einer Schnur um den Hals trug.

    Isabella ging zum Tisch zurück und wischte sich die Hände an der Lederschürze ab, die sie über ihrem schlichten grauen Kleid trug. Sie öffnete einen des halben Dutzends Beutel, die sie an ihrem Gürtel trug, und zog ein Stückchen glatte Tierhaut heraus. Seit einigen Jahren bewahrte sie jene Materialien, die sie am häufigsten benutzte, in Beuteln auf. Sie musste sich Notizen über das Experiment machen, da sie imstande sein musste, den Prozess mit dem gleichen Resultat zu wiederholen, um zu beweisen, dass es kein Schwindel war. Auf einem Schemel am Tisch sitzend, tippte sie mit der Feder an ihr Kinn, in Gedanken beim nächsten Schritt.
    Vor der Abendandacht blieb nicht mehr viel Zeit. Der Rest des Experiments würde bis zum nächsten Tag warten müssen. Es durfte niemand in der Nähe sein, da sie niemals sicher wusste, wie das Ergebnis ihrer Mixturen ausfallen würde. Nachmittags war das Alleinsein kein Problem. Nach dem Mittagsmahl übten ihre Mitschwestern mit Nariko und den anderen Trainerinnen für Schwertkampf und andere Verteidigungstechniken auf den freien Flächen innerhalb der Klosteranlage und auf den Wiesen jenseits der Mauern.
    Isabella nützte immer die Stunden, wenn im Kloster Ruhe herrschte. Anders als die meisten ihrer Mitschwestern liebte sie die Stille, da sie ihr Gelegenheit zu ungestörtem Nachdenken bot.
    Und eben jetzt überlegte sie, ob sie der Mischung ein klein wenig mehr Salzwasser beifügen sollte …
    Sie sprang auf und ging an ihren Vorratsschrank, schloss die Tür auf und nahm eine Flasche heraus. War diese Probe beendet, wollte sie sich jenem Experiment widmen, das ihr bislang nicht geglückt war. Eine phantastische Geschichte von
jenseits der Meere berichtete von einem Gemenge, das, im richtigen Verhältnis gemischt und mit einer Flamme entzündet, eine kontrollierte Explosion bewirken konnte. Seit sechs Jahren bemühte sie sich, die richtige Formel zu finden, und kam der Lösung immer näher, die Schwefel und Holzkohle beinhaltete, wie ihr die Beschreibung des Restgeruches verriet, doch hatte sie das Rätsel noch nicht gelöst.
    Im Moment galt es, sich auf das vorliegende Projekt zu konzentrieren. Sie beugte sich über die Schüssel, um Wasser hinzuzufügen.
    »Schwester Isabella, bist du hier?«, ertönte ein Ruf von der entgegengesetzten Seite der Scheune.
    Isabella stellte die Flasche ab und schob sie von der Schüssel fort, als sie die Reihe leerer Fässer entlangblickte. Sie erkannte die junge Stimme. »Zuki, was machst du hier um diese Zeit?«
    Ein Mädchen, das vor wenigen Wochen seinen zwölften Geburtstag gefeiert hatte, trat aus den Schatten. Mikazuki war das einzige Kind Narikos und ihres Ehemannes George, der die Aufsicht über die Gärten und Anbauflächen des Klosters innehatte. Im zweiten Jahr von Königin Eleanors Einkerkerung geboren, hatte Zuki, wie sie von den Schwestern genannt wurde, die schrägen Augen und schwarzen Haare ihrer Mutter geerbt. Die dunkelgrüne Augenfarbe hatte sie von ihrem Vater mitbekommen, ebenso seine Fähigkeit, alles sprießen zu lassen, ein Grund, weshalb sie oft Isabellas Gesellschaft suchte und endlose Fragen über die Kräuter stellte, die Isabella für ihre Vorräte
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