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Max Perplex

Max Perplex

Titel: Max Perplex
Autoren: Hen Hermanns
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bist zwar ein musikalischer Spießer und ein Spanner«, brabbelte er mit vollem Mund, »aber kochen kannst du gut.«
    »Nicht nur gut, sondern auch schnell«, sagte ich, »schneller jedenfalls, als du diese verdammten Fotos vergrößern kannst.«
    »Die Hälfte ist doch schon fertig.«
    Nachdem wir jeder zwei Teller Pasta und einen dringend gebotenen Grappa verputzt hatten, zeigte mir Sigi das vorläufige Ergebnis.
    »Das dürfte für heute reichen«, sagte ich.
    Zwei Großfotos zeigten, wie der blonde Prol sich in den Minicooper zwängte und abgeherzt wurde, auf sechs weiteren war das Paar bei der Abendgymnastik zu bewundern.
    »Und so was macht dir also Spaß?« fragte Sigi.
    »Ich weiß nicht, ich bin mir nicht sicher. Doch. Irgendwie schon. Ich wollte schon immer Detektiv werden, glaube ich. So wie andere Lokführer werden wollten. Wo erlebst du sonst schon noch Abenteuer? Beim Gestalten von Briefköpfen sicher nicht.«
    »Höchstens, wenn du darauf bestehst, daß deine Briefköpfe auch bezahlt werden.«
    »Na siehst du«, sagte ich und goß mir noch einen Grappa ein, »ich lebe jetzt in einer Welt, in der ein Mann noch ein Mann ist, in der du die Gefahr noch aus erster Hand erlebst, struggle for life, der ganze Scheiß.«
    Das klang ziemlich gut, ich fing an, selbst daran zu glauben. War ja auch mal Zeit für eine kleine Rechtfertigung meines seltsamen Tuns. Es war schon reizvoll, den Leuten nachzuspionieren und ihre kleinen, schmutzigen Geheimnisse rauszukriegen. Es war mehr als die Bestätigung von Vorurteilen, nach denen reiche Familien unglücklich und Industriebonzen die wahren Kriminellen sind. Es war die direkte Begegnung mit der Wirklichkeit, ohne Trennung durch eine Fernsehmattscheibe oder Zeitungspapier.
    »Und außerdem kannst du wirklich autonom arbeiten, Sigi. Wenn du ein Werbefoto für einen deiner Kunden machst, nöhlt er dran rum, und du mußt es neu machen. An meinen Fotos gibt es nichts zu kritisieren. Die sind so, wie sie sind. Facts. Und keiner kann mir vorschreiben, wie und wo ich sie mache. Ich bin ein freier Mensch in einer beknackten Welt. Ist das nichts?«
    Sigi grinste mich an. »Bist du jetzt fertig?«
    »Jeder, wie er muß«, sagte ich, »der eine wühlt im Dreck, der andere harkt sich ein Zen-Gärtchen, kommt doch letztlich aufs gleiche raus, oder?«
    »Du hast den Zen-Gedanken voll verstanden, Max.«
    »Klar, wir Taoisten durchschauen euch Zen-Brüder doch schon lange. Eure ewigen Meditationen. Geht doch alles nur aufs Steißbein. Wir Taoisten wissen, daß das Universum gleichgültig ist, und zeigen dem Schicksal den Mittelfinger.«
    Sigi zeigte mir den Zeigefinger und tippte sich an die Stirn. Dann ging er zum Geschäftlichen über.
    »Acht scharfe Pornoaufnahmen, 15x20 cm, Honorar plus Material mal 2,3 wegen besonders schwerer Herstellungsbedingungen, macht 250 Mark.«
    »Zweimal Pasta for piglets, Honorar plus Material plus Gefahrenzulage, macht mit Tip 50 Mark. Bleiben 200 Mark für dich. Gib mir ’ne Quittung über 400, bitte.«

16.

    Punkt 16 Uhr erschien Philip Glanzmann in meinem Büro. Hinter der schwarzen Hornbrille war auch heute nicht viel von der geballten sexuellen Kraft einer Dschungelkatze zu erkennen. Es war eher der gehetzte Blick eines asthmakranken Meerschweinchens.
    »Und, haben Sie schon was rausgefunden?« fragte Glanzmann und versuchte, Härte in seine Stimme zu legen. Er setzte sich mir gegenüber an den Schreibtisch und versteckte seine zitternden Hände hinter lässig verschränkten Armen.
    Ich zog die oberste Schublade auf, holte einen großen Umschlag raus und schob ihn rüber.
    »Tut mir leid«, sagte ich, »aber was Sie da sehen werden, bestätigt leider Ihren Verdacht.«
    Glanzmann sah mich traurig an, zog den Umschlag an sich und holte die Fotos heraus.
    Er sah sich eins nach dem anderen an. Beim dritten fing er an zu schluchzen. Als er alle gesehen hatte, legte er sie zu einem Häufchen zusammen und riß es mit aller Kraft durch. Dann stand er auf und schmiß die Schnipsel auf den Boden. Er biß nicht in meine Rollos. Aber er ging plötzlich auf meine teure Espressomaschine zu und griff so aggressiv nach dem Hebel, daß damit nur der Schwanz seines Nebenbuhlers gemeint sein konnte.
    »Beruhigen Sie sich, Herr Glanzmann.«
    Er ließ den Hebel los.
    »Das macht 1000 Mark plus 400 Mark Fotomaterial«, sagte ich so kühl wie eine Salatgurke. Eigentlich hätte ich ihn ein paar Tage hinhalten können, um das Honorar hochzutreiben. Aber das war mein
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