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Maskerade

Maskerade

Titel: Maskerade
Autoren: Noah Berg
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Drehbuch, das er für diesen Moment in akribischer Kleinstarbeit in Gedanken verfasst hat, abzuspulen. Die beiden blicken Sascha unverwandt an und er spürt, dass sie dabei genau beobachten, wie er auf Toms Namen reagiert.
    Überraschtheit, Unwissenheit, den Anflug leichter Besorgnis in der Stimme:
    „Wegen Tom? Was ist mit Tom?“
    Wenzel sieht nur kurz auf den Boden, um dann wieder seine Augen auf Sascha zu richten.
    „Tom Lorenzen ist tot, Herr Adomat. Er wurde vor drei Tagen tot in seiner Wohnung aufgefunden. Wir sind hier, weil wir Ihren Namen und Ihre Telefonnummer in seinem Mobiltelefon gefunden haben.“
    Auf diese Information folgen hochgezogene Augenbrauen, ein Blick, der Irritation und Ungläubigkeit ausdrückt. Dann die Nachfrage, um sicher zu gehen, er habe richtig verstanden: „Tom...“, eine kurze Pause um seine Gedanken zu sortieren, „Tom ist tot?“ Sascha hält sich dabei strikt an sein eigenes Drehbuch.
    „Ja. Genickbruch“, ist Wenzels langsame Antwort.
    „Genickbruch?“
    Wieder eine kurze Pause und anschließend Kopfschütteln.
    „Wie ist das passiert? Das ist ja schrecklich!“
    „Das wissen wir noch nicht genau. Er scheint rückwärts gefallen zu sein und ist dabei wohl mit dem Kopf auf einer Tischkante aufgeschlagen. Es kann ein unglücklicher Unfall gewesen sein.“
    Jetzt ist es Wenzel, der eine Pause zwischen seinen Sätzen einfädelt.
    „Es kann aber auch sein, dass es sich um Fremdverschulden handelt.“
    Fremdverschulden – das Stichwort für Fassungslosigkeit im Blick und in der Mimik.
    „Fremdverschulden? Sie meinen, er wurde absichtlich gestoßen?“
    Wenzel räuspert sich und fragt dann vorsichtig: „Herr Adomat, in welcher Beziehung standen Sie zu Tom Lorenzen?“
    Peinliche Berührtheit vortäuschen, den Blick abwenden, sich räuspern.
    „Nun ja, Tom war...“, erneutes Räuspern, „ich meine, ich war...“, Satz abbrechen und betreten dreinschauen.
    Auf Wenzels Gesicht meint Sascha so etwas wie Mitgefühl zu erkennen, während er von Jensen weiterhin durchdringend angestarrt wird.
    „Herr Adomat, wir wissen, womit Herr Lorenzen sich sein Studium finanziert hat. Wir wissen, dass er nebenher als Callboy gearbeitet hat und er scheint damit ganz gut verdient zu haben. Wir sind nicht hier, um ein moralisches Urteil über Sie oder Herrn Lorenzen zu fällen und auch nicht um indiskreter zu sein, als unsere Arbeit es erfordert“, erklärt Wenzel nachsichtig.
    Das Gespräch gestaltet sich einfacher und zuvorkommender als in Saschas Vorstellung.
    „Nun ja, wenn Sie das alles schon wissen...“, Sascha schlägt die Beine übereinander, „ich war Toms Kunde. Ich habe ihn regelmäßig gebucht. Gebucht... – Entschuldigung, ich weiß nicht, ob man das so sagt?“ 
    „Verstehe“, nickt Wenzel nachdenklich.
    „Wie häufig haben Sie und Herr Lorenzen sich getroffen?“
    „Ungefähr ein Mal in der Woche.“
    „Seit wann waren Sie sein Kunde?“
    Überlegen, kurz überschlagen, dann in belanglosem Tonfall antworten.
    „Ich schätze..., nun ja..., so zirka seit einem Jahr.“
    Nachdem kurzes Schweigen herrscht, fragt Jensen, der sich damit zum ersten Mal zu Wort meldet:
    „War Ihre Beziehung zu Tom Lorenzen rein geschäftlicher Natur?“, und es klingt, als würde ihm bei dieser Frage übel. Diese offen zur Schau gestellte Abneigung stand so nicht in Saschas Drehbuch und Jensen ist ihm nun endgültig zuwider.
    „Ja, rein geschäftlicher Natur“, er blickt Jensen direkt in die Augen, „Wir waren darüber hinaus nicht befreundet, wenn es das ist, worauf Sie hinauswollen.“
    Jensen verschränkt die Arme vor der Brust und bohrt dann weiter.
    „Wann haben Sie Herrn Lorenzen zum letzten Mal besucht, Herr Adomat?
    Jetzt sind wir wieder im Drehbuch, stellt Sascha zufrieden fest. Kurzes Kräuseln der Stirn und dann langsam antworten. „Das muss letzte Woche gewesen sein. Ja, letzte Woche Donnerstag“, bekräftigt er.
    „Letzte Woche Donnerstag“, nickt Jensen, „Und danach?“
    „Was meinen Sie?“, fragt Sascha irritiert.
    „Ich meine, haben Sie ihn danach noch einmal gesehen?“, fragt Jensen irgendwie gereizt.
    „Nein, habe ich nicht“, gibt Sascha zurück.
    „Wo waren Sie am vergangenen Montagabend zwischen siebzehn und zweiundzwanzig Uhr?“
    Erneut kurzes Nachdenken. Niemand kann eine solche Frage beantworten, ohne vorher kurz darüber nachdenken zu müssen.
    „Montagabend? M-hm. Ich war am Montag lange hier, im Büro. Ich habe Angebote erstellen müssen,
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