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Marillenknoedel und das Geheimnis des Gluecks

Marillenknoedel und das Geheimnis des Gluecks

Titel: Marillenknoedel und das Geheimnis des Gluecks
Autoren: Emma Sternberg
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Mit einem Mal bin ich wach. Hell wach, schlagartig. Ist ja manchmal so, oder? Man wacht auf und muss nicht einmal versuchen, noch einmal einzuschlafen, man ist wach und weiß ganz genau, das war’s jetzt mit dem süßen Schlummer.
    Ich lausche in die Dunkelheit, ob es irgendeinen Grund für mein Aufwachen gab, aber das einzige, was ich vernehme, ist ein leises, fast lautloses Schnarchen – das Schnarchen des Mannes, der mich liebt.
    Der mich liebt! Hach! Wenn ich daran denke, bin ich gleich noch viel wacher. Mein Herz pocht. Was für ein irres Ding die Liebe doch ist! Du liegst vollkommen reglos auf einer Matratze – und wirst fast verrückt vor Glück.
    Aber das Allertollste ist, dass ich jetzt schon seit fast einem Jahr neben ihm aufwache und dass es mir jeden Morgen wieder so geht. Obwohl, das stimmt nicht ganz. Eigentlich finde ich es jeden Morgen sogar noch ein bisschen irrer. Erst gestern früh habe ich die Brauen über seinen geschlossenen Augen studiert, jedes einzelne Härchen, und ich war in jedes einzelne Härchen verliebt.
    Oh doch, so was gibt’s. Ich fand sogar schon mal einen Pickel auf seiner Nase niedlich. Ich meine, ich liebe ihn sogar, wenn er sich die Fußnägel abknipst!
    Mein Blick huscht durch die Düsternis des Zimmers. Da sind die vertrauten Umrisse des Bauernschranks, der Waschkommode, das Paravents. Draußen vor dem Fenster ist die Welt noch dunkelgrau. Ob ich einfach schon aufstehe? Besser wär’s ja vielleicht, denn langsam werde ich doch ein bisschen zappelig, ich merke das daran, dass meine Zehen anfangen, sich von ganz allein zu bewegen, wie kleine Tiere – ohne, dass ich es will. Aber leider gibt es da draußen nichts für mich zu tun, rein absolut gar nichts. Wir haben in den letzten drei Tagen nichts anderes gemacht, als die Pension zu fegen, zu schrubben, zu wischen und zu polieren. Heute Mittag kommen die ersten Gäste nach der Winterpause an, bis dahin wollte ich noch ein paar Blümchen pflücken und damit die Zimmer und die Gaststube dekorieren – aber jetzt damit anzufangen, wäre völliger Käse, es ist ja höchstens fünf Uhr und noch vollkommen dunkel – und außerdem ist bis heute Mittag noch jede Menge Zeit. Ansonsten erwartet mich da draußen nichts als die Kälte, die hier oben auf 1800 Metern auch im Frühjahr noch im Gemäuer sitzt.
    Aber na ja. Was hilft’s.
    Ich versuche, so wenig Krach wie möglich zu machen, als ich aus dem Bett schlüpfe – leider nur mit mäßigem Erfolg. Es gibt ja Leute, die können sich katzenhaft und vollkommen lautlos durch die Nacht bewegen – ich gehöre nicht dazu. Das alte Bett quietscht, und eine Diele knarrt, als ich den Fuß aufsetze. Ich halte die Luft an, aber zum Glück klingt das Brummen, das jetzt von der anderen Seite des Bettes ertönt, nicht verärgert.
    Vor allem klingt es verliebt.
    Zumindest in meinen Ohren, aber die würden zurzeit auch das Knattern eines Presslufthammers als Liebesweis deuten.
    Ich halte die Luft an, bis die Atemzüge wieder regelmäßig werden, dann tapse ich zum Schrank und ziehe den Kapuzenpulli heraus, der dort seit dem letzten Herbst auf mich wartet. Ich drücke die Nase in den dicken Stoff und glaube, immer noch die Frische der Berge zu schnuppern, die feuchten Wiesen, die Blüten, die der Wind hin und her weht. Wir haben den Winter unten im Tal verbracht, davon fast den ganzen Dezember und Januar bei meinen Eltern in Hamburg, und sind erst seit ein paar Tagen wieder hier oben. Eigentlich wollte ich gar nicht unbedingt nach Hamburg, aber ganz offensichtlich schlummern in meinem Körper Gelüste, die stärker sind als gute Vorsätze. Als ich ein paar Tage nach Allerheiligen zufälligerweise an eine Packung Lübecker Marzipankartoffeln geriet, bekam ich plötzlich Sehnsucht, mich auf dem historischen Weihnachtsmarkt am Rathaus mit Glühwein zu betrinken, danach wie von Sinnen die Alsterarkaden und den Neuen Wall leer zu kaufen und zur Krönung des Ganzen Weihnachten bei meinen Eltern zu verbringen.
    Und das, nachdem ich so froh gewesen war, endlich an einem Ort zu sein, an dem mir meine Mutter nicht ständig von den Karrieresprüngen der Kinder ihrer Nachbarn, Verwandten und Segelklubfreunde erzählt! Aber es war trotzdem schön, auch wenn sie immer noch nicht darüber hinweg ist, dass ihre einzige Tochter Wirtin geworden ist, während sogar das zweite Kind der Landgrebes schon seine erste Million gemacht hat. Ich hab’s ignoriert. Liebe macht schließlich stark, nicht wahr?
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