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Marillenknoedel und das Geheimnis des Gluecks

Marillenknoedel und das Geheimnis des Gluecks

Titel: Marillenknoedel und das Geheimnis des Gluecks
Autoren: Emma Sternberg
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nicht. War ich erleichtert! So richtig wichtig konnte der Grund also nicht gewesen sein, oder? Ich meine, wenn uns wirklich etwas aneinander stören würde, dann hätten wir es doch auch am nächsten Tag noch gewusst! Also. Wir haben einfach dem Wein die Schuld gegeben, meiden seitdem Vermentino, und alles läuft wieder rund.
    Nun, ich fürchte, bei Tante Johanna ist die Sache nicht so glimpflich ausgegangen.
    Am nächsten Morgen klingelte Lisbeths kleiner Reisewecker. Lisbeth stand auf, ich blieb liegen. Ich hörte zu, wie sie sich wusch, wie sie sich anzog und Make-up auflegte. Sie kam zurück ins Zimmer, packte ihre Sachen ein, dann blieb sie vor dem Bett stehen und sah mich an. Ich rührte mich immer noch nicht. »Verdammt noch mal, Johanna, willst du nicht endlich erwachsen werden?«, sagte sie. Ich drehte mich auf den Rücken, warf ihr einen Blick zu und dachte: nein, um diesen Preis nicht. Nicht, wenn ich dafür so unterwürfig und rückgratlos werde wie du. Aber ich sagte nichts. Ich stand auf, machte mich fertig und stieg ins Auto.
    Wir fuhren weiter in Richtung Deutschland. Sie saß am Steuer, ich starrte aus dem Fenster in die Ferne, wo bereits die Alpen in die Höhe ragten. Irgendwann holte sie Luft und fing an zu sprechen. Was ich denn wolle. Ob ich wirklich glaube, ich könne mein ganzes Leben lang einfach so in den Tag hinein leben. Sie hätte es ja auch schöner gefunden, wenn unser Abenteuer ein bisschen länger gegangen wäre, aber so sei es nun mal nicht, also solle ich mich nicht so aufführen. Sie redete in einem fort auf mich ein, Sophie, und irgendwann konnte ich mich nicht mehr beherrschen. »Halt an«, platzte es aus mir heraus.
    Sie sah mich an, als hätte ich vorgeschlagen, Papst Pius den Zwölften zu kastrieren, trat aber tatsächlich auf die Bremse. »Mach den Kofferraum auf«, sagte ich, und sie zog an dem Hebel. »Danke«, sagte ich, stieg aus, hievte meine Reisetasche heraus und marschierte die Straße entlang von dannen. »Wo willst du denn hin?«, rief sie mir hinterher. Ich winkte wütend ab und stapfte weiter geradeaus. Sie lief knallrot an, doch dann setzte sie sich ins Auto und fuhr davon.
    Einen Moment lang sah ich ihr nach und überlegte, ob ich weinen sollte oder doch lieber schreien, aber dann riss ich mich zusammen. Ich lief los, zu Fuß, bepackt mit meiner Tasche. Ich marschierte und marschierte und bei der nächsten Ausfahrt bog ich ab. Ich kam in ein Dorf und schließlich an einen kleinen Bahnhof, aber ich ging daran vorbei, immer weiter, bis ich schließlich, als ich schon dachte, der Ort sei jetzt zu Ende, zu einem Haus kam, einer Art Bauernhof mit Lattenzaun, Apfelbaum und Scheune. Davor stand eine Frau, die mir schon von Weitem winkte.
    »Kommen’s zum Wimmen?«, sagte sie und streckte mir die Hand entgegen. Ich hatte keine Ahnung, was sie meinte, nickte aber. Sie bat mich herein, setzte mich an den riesigen Esstisch in ihrer riesigen Küche und rief nach ihrem Sohn. Und so traf ich Schorschi.
    Irgendetwas lenkt mich ab. Ich weiß erst gar nicht, was es ist, aber dann fällt mir auf, wie laut Gianni inzwischen in der Küche herumscheppert. Ich seufze genervt und blicke in Richtung Fenster. Die Sonne ist inzwischen aufgegangen, und der Tag lächelt mich freundlich an, sodass ich beschließe, mich nach draußen zu setzen. Für den Rest dieser Geschichte brauche ich etwas Ruhe, glaube ich. Und frische Luft. Die vor allem. So ein warmer Kachelofen macht einen auf Dauer ganz schön duselig.
    Ich ziehe den Kapuzenpulli wieder an, nehme mir eine Decke und gehe hinaus. Vor dem Haus setze ich mich auf die Bank, von der aus man das ganze Tal überblickt. Die Sonne scheint auf mich herunter, trotzdem ist es hier oben noch kühl, wie immer so früh im Jahr, und ich ziehe mir die Decke über die Schultern und die Knie unters Kinn, bevor ich weiterlese.
    Es stellte sich heraus, dass ich bei Weinbauern gelandet war – den Pichlers aus Brixen, unten im Tal. Der Vater war schon etwas älter, und dies war das Jahr, in dem Schorsch den Hof seiner Eltern übernahm. Als er die Küche betrat, breitschultrig und blauäugig und unrasiert, da machte mein Herz einen Hüpfer – und hörte nicht mehr auf damit. Ich war auf der Stelle in ihn verliebt, ein Gefühl, das ich noch überhaupt nicht kannte, denn bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich beim Anblick eines Mannes nie viel mehr empfunden als eine Katze, die eine Spielzeugmaus sieht. Aber diesmal war etwas anders, das spürte ich genau. Da war
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