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Marillenknoedel und das Geheimnis des Gluecks

Marillenknoedel und das Geheimnis des Gluecks

Titel: Marillenknoedel und das Geheimnis des Gluecks
Autoren: Emma Sternberg
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trennen. Aber als ich ihr völlig aufgelöst von dem Telefonat mit meiner Mutter erzählte, zuckte sie bloß mit den Schultern und sagte: »Tja, das muss dann wohl.« Sie regte sich kein bisschen auf – und da kehrte mein Kampfgeist zurück. Ich versuchte, sie zu überreden, die Rückreise wenigstens noch ein paar Tage hinauszuzögern, eine Woche vielleicht, damit wir zumindest noch etwas von Italien sähen. Aber Lisbeth war der Meinung, es würde nichts bringen, wenn wir uns vor unserem Schicksal duckten. Ich schrie sie an, dass das nicht ihr Ernst sein könne, sie schrie zurück, dass ich nicht so tun solle, als sei ich die Königin der Welt und als könne ich mir alles erlauben. Wir stritten uns fürchterlich, dann redeten wir gar nicht mehr miteinander, und irgendwann fuhren wir los. Nicht einmal von unserem reichen Monegassen verabschiedeten wir uns, was aber nicht daran lag, dass wir zu wenig Zeit dazu gehabt hätten. Wir waren bloß einfach nicht mehr dieselben, die wir am Abend zuvor gewesen waren, und zumindest ich schämte mich dafür. Wir hatten uns aus unserem Traum reißen lassen, einfach so, ohne uns dagegen zu wehren.
    Ich blicke vom Brief auf. Die Tür öffnet sich, und Gianni steckt den Kopf herein.
    »Gianni! Guten Morgen!«, begrüße ich ihn und versuche, mir nicht anmerken zu lassen, dass ich in diesem Augenblick alles andere als heiter gestimmt bin. Aber Gianni lächelt sowieso nicht zurück. Er guckt verschüchtert zu Boden und antwortet mit dünner Stimme: »Buongiorno, Signora Sophie!«
    Innerlich schüttle ich den Kopf über ihn. Dass er immer noch so verhuscht ist! Gianni kocht bereits seit dreißig Jahren hier oben in Alrein und kennt mich, seit ich ein Kind war, aber seine Schüchternheit legt er nur scheibchenweise ab – genauer gesagt, in Scheibchen, die so dünn sind wie allerfeinster Parmaschinken. Ganz ehrlich: Die Alpen wachsen schneller als sein Selbstbewusstsein.
    »Macke icke jetze Gulasch«, sagt er, als bräuchte er meine Zustimmung dafür.
    »Sehr gut«, lobe ich ihn. »Damit die ersten Gäste, die heute Mittag kommen, gleich etwas Ordentliches zu essen kriegen.«
    Gianni nickt verschämt, dann fragt er: »Wolle Kaffee?«
    Ich lächle und schüttle den Kopf. »Später vielleicht«, sage ich.
    Ich will zuerst lesen, wie es weitergeht.
    »Va bene«, sagt Gianni, und geht hinüber in die Küche.
    Es war, als hätte jemand eine Wand aus dickem Eis zwischen uns errichtet. Wir fuhren die ligurische Küste entlang, ohne miteinander zu sprechen, ich blickte stur auf den Asphalt vor mir, Lisbeth starrte zum Meer, das hin und wieder durch die Büsche blitzte, aber ich wette, sie hat es gar nicht richtig gesehen. Wir hielten nicht an, nicht in Genua, nicht in Piacenza, nicht in Cremona, dabei waren das alles Orte, die wir doch eigentlich unbedingt hatten sehen wollen. Herrgott, wir waren in Italien, dem Land, das eigentlich der Höhepunkt unserer Reise sein sollte, Venedig, die Toskana, Palermo, Rom! Aber wir fuhren einfach durch und machten erst halt, als wir am Abend an den Gardasee kamen. Dort nahmen wir uns ein Zimmer in irgendeinem der Dörfer am Ufer, suchten uns irgendeine Trattoria, wo wir irgendeine Pasta aßen. Wir sprachen immer noch nicht. Jedes Mal, wenn eine von uns den Blick der anderen suchte, tat die, als sei irgendwas am Nebentisch gerade sehr interessant. Es war schrecklich, Sophie! Aber es war noch nicht das Ende. Wir legten uns nebeneinander ins Bett und machten einander vor, wir würden schlafen.
    Seufz. Ich kann die beiden richtig vor mir sehen. Zwei junge Frauen in einem Doppelbett, einander abgewandt, draußen vor dem Fenster Palmen und der glitzernde See im Sternenlicht, Hundegebell hallt durchs Dorf, Grillen zirpen, und ihre offenen Augen leuchten weiß in der Nacht. Schatz und ich haben auch mal so nebeneinander gelegen, ebenfalls in einem Hotel, an der ligurischen Riviera. Wir hatten zum Abendessen ein bisschen zu viel Wein getrunken, also ein bisschen deutlich zu viel – zwei Flaschen Vermentino waren es bestimmt. Auf dem Heimweg haben wir uns wegen irgendetwas in die Haare gekriegt, keine Ahnung wegen was, aber wir haben uns so dermaßen gezofft, dass ich vor Wut heulend versucht habe, davon zu rennen, was mir natürlich nicht gelungen ist – Stichwort: hohe Schuhe. Wir konnten die ganze Nacht nicht schlafen!
    Am nächsten Morgen mussten wir allerdings feststellen, dass wir uns an den Grund unseres Streits nicht erinnern konnten, also wirklich gar
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