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Der Klang des Verderbens

Der Klang des Verderbens

Titel: Der Klang des Verderbens
Autoren: Leslie Parrish
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Prolog
    Long Beach, Kalifornien
    29. November 2022
    Angelo Ortiz hatte immer vermutet, dass er einen schnellen Tod finden würde, brutal und blutig.
    Wenn nicht die Bullen ihn irgendwann umbrachten, dann einer seiner Konkurrenten. Das gehörte einfach zum Job dazu. Das hatte er schon mit zehn Jahren eingesehen, als er angefangen hatte, für den Kiezdealer zu arbeiten und Crack an die Kinder in der Sozialbausiedlung zu verteilen, wo er aufgewachsen war. Seitdem fragte er sich jeden Morgen, ob ihm heute vielleicht irgendein unbestechlicher Bulle vom Los Angeles Police Department (davon gab es tatsächlich ein paar) eine Kugel in den Schädel jagen würde. Oder irgendjemand vom anderen Ende der Pipeline, die das Pulver von Südamerika bis hoch nach South Los Angeles brachte. Himmel, es konnte sogar einer seiner eigenen Männer sein, der sich entweder von der Konkurrenz bestechen ließ oder einfach nur über seine Leiche die drogenverdreckte Karriereleiter weiter aufsteigen wollte. Ja, er hatte immer gewusst, dass er nicht als uralter Mann in seinem Bett, sondern eines schnellen, brutalen und blutigen Todes sterben würde.
    Leider sollte er nur in zweierlei Hinsicht recht behalten.
    Sein Ende kam langsam. Quälend langsam.
    »Du bist ein toter Mann, das ist dir klar, oder?«, krächzte er mühsam mit geschwollenen Lippen, zertrümmerten Zähnen und einem höchstwahrscheinlich gebrochenen Kiefer.
    »Aber du zuerst«, gab sein Kidnapper mit aalglatter Stimme zurück.
    Während der gesamten Folterung schien das Psychoschwein nicht mal außer Atem zu geraten. Er ging ruhig, entspannt und planmäßig vor. Seine Hand hatte nicht das kleinste bisschen gezittert, als er die Gartenschere genommen und Angelo die Eier abgeschnitten hatte.
    Schmerz. Oh, Madre de Dios, dieser Schmerz.
    »Na, dann mach schon, du Memme«, flüsterte er und wusste genau, dass aus seinen Worten sowohl die Hoffnung auf ein Ende seiner Qualen als auch seine berüchtigte Großschnäuzigkeit sprach.
    Ein raues Lachen erklang. »Das hättest du wohl gern. Dass es bald vorbei wäre.«
    Angelo – auch der Engel der South Side genannt, weil er immer irgendwas dabeihatte, was einen geradewegs in den Himmel schickte – hätte das seiner Gang oder seinen Mädels gegenüber nie zugegeben. Aber es stimmte. Ja, es stimmte, eigentlich wollte er es einfach bloß hinter sich haben. Der Tod konnte nur besser sein als das hier.
    Er hätte nie gedacht, dass man derartige Qualen erleiden und so viel Blut verlieren konnte, ohne in Ohnmacht zu fallen. Damit er auch jede entsetzliche Empfindung voll mitbekam, wurde er immer wieder von einem widerlich stinkenden Tuch wachgeschreckt, das ihm jedes Mal ins Gesicht gehalten wurde, wenn er bewusstlos zu werden drohte.
    Er hatte schon öfter Schläge eingesteckt. War niedergestochen worden. Überfahren worden. Einmal hatte ihn auch jemand angeschossen. Aber dieses sadistische Arschloch war der reinste Höllendämon. Die reinste Wiedergeburt des Marquis de Scheißdreck.
    Angelo hätte sich nie träumen lassen, dass ihn mal jemand in seinem eigenen Haus von seiner eigenen Kloschüssel zerren würde – geschweige denn in genau dem schalldichten Raum foltern würde, wo er normalerweise andere ihrer verdienten Strafe zuführte. Natürlich hatte er bloß dann und wann mal einen Typen fertiggemacht. Vielleicht einen oder zwei mit dem Messer traktiert. Okay, ein paar auch erschossen. Aber das war alles menschlich. Nichts im Vergleich hierzu. Lange nicht so pervers. Das hier war krank. Wie in einem Horrorfilm.
    Der Eindringling war ein regelrechtes Gespenst. Irgendwie war er an den beiden Wachen draußen vorbeigekommen – Angelos Cousins, von ihm selbst ausgebildet. Wahrscheinlich waren Danny und Ricky tot. Auch wenn sie nicht hörten, was hier drin vor sich ging, hätten sie niemals so viel Zeit verstreichen lassen, ohne nach ihm zu sehen. Gegen halb zwölf war er hinauf in sein Zimmer gegangen, um sich ein bisschen was reinzuziehen. Normalerweise klingelten sie gegen ein Uhr nachts durch, um Meldung zu machen. Wenn er dann nicht ans Handy ging und auch nicht zurückrief, würden sie hochkommen.
    Doch das war jetzt schon Stunden her, und sie hatten sich nicht blicken lassen. Niemand hatte auch nur geniest in seinem Fünfhundert-Quadratmeter-Haus, das er ganz allein bewohnte, seit seine letzte Tussi sein Geld allzu freimütig ausgegeben und er ihren fetten Arsch vor die Tür gesetzt hatte. Es schien Ewigkeiten her zu sein, dass er
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