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Marathon Mosel

Marathon Mosel

Titel: Marathon Mosel
Autoren: Mischa Martini
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Beinen.«
    »Jammerlappen.«
    Er konnte nicht so recht glauben, was er gehört hatte. »Ich hab’ einen neuen Fall, der mir überhaupt nicht gefällt.«
    »Wer kann sich seine Arbeit schon aussuchen.«
    »Entschuldige, ich konnte wirklich nicht früher nach Hause kommen.«
    Walde zog es vor, nichts mehr zu sagen, und trabte stumm neben Doris her. Sie passierten die alten Moselkräne. Er schaute auf den Weg, der hier sehr uneben war.
    Walde grübelte. In den letzten beiden Monaten war ihr Wochenpensum auf fünfzig bis siebzig Kilometer gewachsen. Die meiste Zeit mussten sie getrennt trainieren oder, wenn das Wetter es erlaubte, Annika im Babyjogger mitnehmen. Ausgerechnet heute, wo ein Babysitter zur Verfügung stand, verspätete er sich um Stunden.
    An der Konrad-Adenauer-Brücke drehte Doris um.
    »Geht’s schon wieder zurück?«, fragte Walde vorsichtig.
    »Du sagtest doch, dass du schwere Beine hast.«
    »So schlimm ist es nun auch wieder nicht.«
    »Ich will Marie und Jo nicht länger warten lassen. Annika muss bald ins Bett.«
    Sie liefen auf einen Schwarm winziger Fliegen zu, der vor ihnen synchron wie ein Ballett unentwegt auf und ab schwebte. Walde fragte sich, wie die Tiere es schafften, sich alle gleichzeitig zu bewegen, ohne nur den Bruchteil einer Sekunde abzuweichen. Auch die Schüsse auf das Opfer von heute Morgen waren innerhalb von Sekundenbruchteilen abgegeben worden.
    Wieder machten sie einem Fahrradfahrer Platz.
    Auf dem gepflasterten Teilstück zwischen Römerbrücke und Moselkränen rangierten zwei dunkle Wagen. Es waren schwere Mercedes-Limousinen, die die Ampelphase vor den Schwesterkliniken nutzten, um rückwärts auf die Uferstraße zu stoßen. Beim Näherkommen erkannte Walde das Luxemburger Kennzeichen an einem der Wagen.
    Er spürte, dass die Schwere aus seinen Beinen verschwunden war, seitdem sie flussabwärts liefen. Das Gefälle betrug genau 63 Meter auf den weiteren etwa 200 Kilometern bis Koblenz, zu wenig, um es wirklich bemerken zu können. Aber allein das Wissen darum, dass es ’bergab’ ging, machte seine Schritte leichter. Ohne es zu wollen, wurde er schneller.
    »Was ist?«
    »Nichts …« Walde wich einem von hinten kommenden Radfahrer aus. Unversehens geriet er in einen Fliegenschwarm, presste die Lippen zusammen und fuchtelte mit den Händen vor seinem Gesicht.
    Sie näherten sich rasch zwei Läufern, die vor ihnen in die gleiche Richtung trabten. Die beiden trugen Partnerlook. Schwarze Tights, darüber dunkelblaue T-Shirts. Walde hatte das Gefühl, dass sie, nach ihrer durchtrainierten Statur zu urteilen, mit angezogener Handbremse liefen. Es war auffällig, wie sich die beiden bemühten, Walde und Doris zu ignorieren, als diese grüßend an ihnen vorbeiliefen.
    Die Sonne verschwand hinter dem Markusberg. Walde lupfte sein nasses T-Shirt von der Brust, wo es gleich darauf wieder klebte.
     
    Wieder liefen zwei Männer vor ihnen. Diesmal fielen Walde die völlig unterschiedlichen Laufstile auf. Der Dunkelhaarige setzte die leicht nach außen gestellten Füße auf fast flachen Sohlen auf. Dabei sah man, wie sein stattliches Gewicht abgefangen und wieder abgestoßen werden musste.
    Der neben ihm laufende, mit dem grauen Wuschelkopf deutlich älter wirkende Mann rollte federleicht über die verschlissenen Laufschuhe ab. Walde schien es, als sei ein Zehnkilometerläufer mit einem Ultraläufer unterwegs.
    Walde wurde in die Seite gestupst: »Das ist Ralf Steffens!«, flüsterte Doris.
    »Ein Ex von dir?«
    »Du weißt nicht, wer Ralf …«
    »Sollte ein Scherz sein. Der neben ihm ist Guy Peffer, der luxemburgische Außenminister. Und die zwei sind Personenschützer«, Walde zeigte mit dem Daumen nach hinten.
    Jetzt fiel ihm auf, dass Peffer das gleiche Outfit trug wie die beiden Bodyguards.
    »Wie sollen sie ihn bewachen, wenn sie hinter ihm sind?«
    »Keine Ahnung. Vielleicht sind weiter vorn auch noch ein paar unterwegs.«
    Sie näherten sich den beiden immer mehr. Beim Überholen lief Doris auf dem schmalen Weg vor. Als sie sich auf gleicher Höhe mit den beiden befand, sprach Steffens sie an.
    »Entschuldige, der Stadtlauf. Kennst du die Streckenführung?«
    »Über die Kaiser-Wilhelm-Brücke, links runter nach Pallien und durch die Unterführung zur Mosel in Richtung Biewer.«
    »Welche Unterführung?«
    »Ich zeige es euch«, bot Doris an.
    Walde schaute verwundert zu ihr hinüber.
    »Wir laufen heute den zweiten Teil der Strecke ab«, erklärte Steffens.
    »Sechs Tage
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