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Marathon Mosel

Marathon Mosel

Titel: Marathon Mosel
Autoren: Mischa Martini
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vor dem Marathon noch so eine lange Strecke?«
    »Gestern waren wir in Katar. Bei vierzig Grad im Schatten war die einzige Alternative das Laufband im klimatisierten Fitnessraum. Außerdem möchte ich nicht päpstlicher als der Papst sein.«
    Zwei Radfahrerinnen kamen ihnen entgegen. Doris und Peffer ließen sich hinter Steffens zurückfallen.
    Doris flüsterte dem Luxemburger zu: »Das sagt ausgerechnet mein Laufpapst.«
    »Als überzeugter Katholik könnte ich mir für den Fall eines Schismas«, Guy Peffer sprach kurzatmig, »das der Kirche hoffentlich für künftige Zeiten erspart bleibt, durchaus Ralf in dieser Funktion vorstellen.«
    »Politisch korrekte Statements beim Laufen abzugeben«, sagte Steffens, »erfordert eine ebenso korrekte Atmung, sonst gibt’s Seitenstechen.«
    »Und bei politisch unkorrekten«, der Außenminister betonte sein Keuchen, »gibt’s noch Seitenhiebe obendrein.«
    »Denk’ ans Abrollen.«
    »Okay, weißer Rauch, ich erkenne dich als Ralf I. an.« Guy Peffer klopfte Steffens auf die Schulter.
    »Dann aber bitte mit Residenz im guten alten Avignon. Das Kopfsteinpflaster in Rom bekommt meinen Füßen gar nicht.«
    An der Rampe zur Kaiser-Wilhem-Brücke schloss Walde zu Doris auf: »Ich laufe dann mal zurück nach Hause.«
    Doris ließ sich ein wenig zurückfallen: »Seit wann bricht ein Besucher eigenhändig die Audienz beim Papst ab?«
    »Ich gehöre keinem Verein an, der Päpste als Vorsitzende akzeptiert.«
    *
    Am späten Abend verließ Ben das Haus und schwang sich auf sein Fahrrad. Wie immer trug er die große Hornbrille mit den dunkelbraun getönten Gläsern und die Kappe mit dem gebogenen Schirm. Die Geschäfte hatten längst geschlossen. Drei junge Männer waren zu Fuß in Richtung Bahnhof unterwegs. Soweit Ben es in der Dunkelheit erkennen konnte, trugen sie Bermudas und kurzärmelige T-Shirts. Die Hitze hatte sich zwischen den Mauern gehalten.
    Nur der Fahrtwind kühlte den Schweiß. An der steilen Straße stieg Ben gleich hinter dem Sackgassenschild ab und schob das Rad bis zum Wendekreis, der verlassen dalag. Die kleinen Fenster des Häuschens waren dunkel. Ben blickte sich nicht um, als er den Dietrich in dem rostigen Vorhängeschloss drehte.
    Da, wo er herkam, war Korruption etwas Alltägliches wie Trinkgeld. Ben wusste, wie vorzugehen war. Erst einmal wurden Informationen benötigt zur Familien- und Finanzsituation, über Hobbys, eventuelle Probleme und Leidenschaften der Zielperson. Aber die Zeit war zu knapp, um all das über Elmar herauszufinden.
    Ben erkannte im Schein der Taschenlampe eine schadhafte Holztreppe. Der Putz war von den Wänden geschlagen. Er betrat ein kleines Zimmer. Der Bodenbelag war entfernt worden. Neben einer Werkzeugkiste lagen ein Presslufthammer und gebogene Kunststoffrohre. Vor der Wand stapelten sich verrottete Rohre.
    In den übrigen Räumen entdeckte Ben herausgerissene Wandvertäfelungen, hinter denen sich fingerbreite Risse und Schimmelflächen befanden. Alte Elektroleitungen waren zum Teil freigelegt. Sie schienen kreuz und quer verlegt worden zu sein. Soviel verstand Ben von dieser Branche, dass es sich hier um das handelte, was man nicht nur in Deutschland als Bruchbude bezeichnete.
    Dieser Elmar konnte sicher Geld gebrauchen, und wenn dem nicht so war, würde er dafür sorgen.
    *
    In der Nordallee trabte Walde über den staubigen Weg. In Höhe seiner Haustür zögerte er einen Moment und bog dann zur anderen Seite ab, sprang über die niedrige Hecke und überquerte die dreispurige Straße, auf der nur noch wenig Verkehr herrschte. Etwas abseits der Straße lag das Krankenhaus, auf das Walde zusteuerte.
    Die übliche Jogginganzugfraktion war um die großen Aschenbecher vor den sich ständig in Bewegung befindlichen automatischen Türen des Eingangs versammelt. Einer der Männer trug Stoffhose und Hemd und stand etwas abseits mit nach vorn gebeugtem Kopf gegen die Fassade des Krankenhauses gelehnt.
    »Hallo.« Die klägliche Stimme kam Walde bekannt vor. Er schaute hinüber und sah, dass es Grabbe war, der da mit farblosem Gesicht an der Wand lehnte und keuchte.
    »Ist Gabi noch unten?«
    Grabbe nickte schwach.
    Je weiter sich Walde von der Eingangstür in das Krankenhaus hineinbewegte, um so schlechter wurde die Luft. Sein Geruchssinn war jedes Mal nach dem Laufen hochgradig sensibilisiert. Es roch nach Reinigungsmitteln, Essen, Schweiß, Angst. Auf der Kellertreppe fragte sich Walde, ob man Angst wirklich riechen konnte. Hatte auch
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