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Marathon Mosel

Marathon Mosel

Titel: Marathon Mosel
Autoren: Mischa Martini
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saß, von zwei Polizisten bewacht, kam Walde irgendwie bekannt vor. Er schob die Tür auf. Obwohl es draußen heiß war, spürte er eine noch größere Hitze, die ihm aus dem Inneren des Fahrzeugs entgegenströmte.
    »Sie können uns allein lassen«, forderte er die beiden Polizisten auf.
    Walde ließ sich auf der Bank nieder. Der Mann mit den kurz geschorenen Haaren saß ihm gegenüber. Ein unangenehmer Geruch stieg ihm in die Nase. Er schnüffelte. Der Geruch entströmte seiner eigenen Kleidung.
    »Mein Name ist Kommissar Bock von der Trierer Kripo.«
    Sein Gegenüber beobachtete ihn aus dunklen Augen.
    »Verstehen Sie mich?« Er bemerkte, dass der Verhaftete auch Fußfesseln trug.
    Der Mann nickte und schaute ihn weiter unverwandt an.
    »Hat man Ihnen erklärt, weshalb Sie festgenommen wurden?«
    Mit einem kurzen Schließen der Augenlider gab der Mann ihm zu verstehen, dass dies bereits geschehen war.
    »Möchten Sie sich zu den Vorwürfen äußern?«
    Der Festgenommene verzog das Gesicht, als habe er Schmerzen. Die mit Handschellen gefesselten Hände glitten den Bauch entlang nach unten.
    »Brauchen Sie einen Arzt?«
    Der Mann ließ ihn immer noch nicht aus den Augen. Eine Hand griff in die Hose und warf etwas auf den Tisch. Ein kleiner Metallring kreiste in immer schneller werdenden Drehungen auf der Platte.
    Die Zeit gefror.
     
    Walde erkannte augenblicklich, dass es sich um den Abzug einer Handgranate handelte. Wie gelähmt starrte er auf den Mann, der seinen Oberkörper tief zu den Beinen hin beugte, bis der Kopf fast die Knie berührte. Wie ein Flugzeugpassagier vor der Notlandung.
    Schaumstoff wurde unter dem Sitz herausgeschleudert. Die Fensterscheiben barsten. Sein Gegenüber wurde gegen das Dach gehoben. Der Tisch platzte auf.
    Draußen hatte von Mansteins Kopf plötzlich eine hellrote Farbe angenommen. Sein Mund war weit aufgerissen. Falls er schrie, kam bei Walde kein Ton an. In seinem Kopf war nur ein dumpfes Rauschen. Wie früher, wenn er beim Rockkonzert zu nahe an den Boxen gestanden hatte. Dazu roch es wie damals an Fastnacht, als er mit seinen Freunden eine ganze Ladung Kracher in einer Toilette gezündet hatte.
    Irgendjemand starrte ihn mit vor den Mund gehaltener Hand an. Es wurde dunkel.

    Eine Woche später
    Es klopfte an der Tür. Gabi kam auf leisen Sohlen herein. Grabbe lehnte am hochgestellten Kopfteil seines Krankenbettes. Er unterhielt sich mit einem Mann im Bett nebenan, der aussah, als wären beim Mumifizieren kurz vor Fertigstellung die Verbände ausgegangen. Nur das Gesicht vom Mund bis zu den Augen und die rechte Hand waren frei.
    Die Tür zum Balkon stand offen, wo Meier, an die Brüstung gelehnt, rauchte. Monika und Harry standen am Tisch und verteilten Gläser auf einem Tablett.
    »Was macht die Walkerin?«, fragte Walde zwischen den Verbänden hindurch.
    »Schwere Gehirnerschütterung. Ihre beiden Kinder waren kurz vor ihr im Ziel. Sie will immer noch keine Anzeige gegen dich erstatten«, antwortete Gabi.
    »Obwohl du ihr wahrscheinlich dazu geraten hast?«, meinte Walde.
    »Sie hat gesagt, dass wir ihre Helden sind und dass sie uns zukünftig in ihre Gebete einschließt. Und mit der Frau von dem Läufer, den du beinahe am Moselufer überfahren hast, habe ich heute Morgen telefoniert.« Gabi setzte eine vorwurfsvolle Miene auf. »Er liegt seit Sonntag im Bett. Er ist übrigens in der Klasse M 75 gewertet worden, obwohl er nächsten Monat achtzig wird.«
    »Das sind die Regeln.«
    »Jedenfalls ist er sauer, dass er wegen des Vorfalls an der Mosel nur den zweiten Platz in seiner Altersklasse belegen konnte.«
    »Übrigens war dieser geheimnisvolle lange Kerl bei Guy Peffer kein Geringerer als der 4-Sterne-General James Green«, sagte Monika.
    Walde nickte.
    »Er ist Nato-Oberbefehlshaber.« Monika wartete Waldes Reaktion ab.
    »Auch hier im Krankenhaus gibt es Zeitungen.«
    »Er hat seinen Amtssitz im südbelgischen Mons, nur einen Katzensprung von Peffers Wohnhaus im Norden Luxemburgs entfernt. Die beiden laufen dreimal die Woche zusammen«, fuhr Monika fort. »James Green hat früher angeblich im Nahen Osten eine verdeckt operierende Spezialeinheit von Marineinfanteristen geleitet, die als Türeintreter für die Israelische Armee eingesetzt wurde.«
    »Also ging es gar nicht um Guy Peffer«, stellte Grabbe fest.
    »Es wird wohl noch eine Weile dauern, bis diese Geschichte, wenn überhaupt, geklärt wird«, meinte Monika. »Ich soll dir schöne Grüße von Stiermann ausrichten,
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