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Mallorca Schattengeschichten

Mallorca Schattengeschichten

Titel: Mallorca Schattengeschichten
Autoren: Alex Conrad , Elke Becker
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Major bereits auf sie warteten. Die Geräuschkulisse war beträchtlich. Die Schüler lachten und riefen durcheinander. Cristinas Magen zog sich zusammen. Ihr erster Vortrag und dann gleich vor knapp einhundert Kindern! Wie sollte sie diese wilde Bande in den Griff bekommen? Sie atmete tief durch und betrat das Podium. Cristina legte die Foto-CD ein und straffte die Schultern, während die Direktorin auf das Pult klopfte und das Mikrofon in die Hand nahm.
    »Jetzt ist aber Ruhe.« Das Geschrei ging in Gemurmel über. »Das hier ist Cristina Díaz vor der Umweltschutzorganisation GOB und sie wird euch etwas über ihre Arbeit und die Geschichte von Sa Trapa erzählen. Wie ihr wisst, geht unser nächster Schulausflug dorthin.« Die Rektorin drückte Cristina das Mikrofon in die Hand und nickte ihr aufmunternd zu.
    Cristina sah in die Runde und fragte: »Was bedeutet Umweltschutz für euch?« Die Schüler schwiegen. Keiner wollte den Anfang machen. »Traut euch ruhig.« In der hinteren Ecke hob jemand die Hand. »Was bedeutet es für dich?«
    »Ich muss auf die Toilette«, erklärte das Mädchen. Die restlichen Kinder kicherten.
    »Also gut, dann fange ich einfach mal an.« Sie startete die Diashow. Die Bilder zeigten eine Mülldeponie. »Seht ihr, hierher wird der Abfall gebracht, den wir in die Mülltonnen werfen. Schaut mal genauer hin. Dort liegen Kartons, Flaschen, Dosen und Plastik herum, die eigentlich überhaupt nicht dort sein sollten. Jedes Jahr landen dort 400 000 Tonnen Müll. Es könnte viel weniger sein, wenn man den Müll trennen und in die entsprechenden Container werfen würde, anstatt alles in einen Sack zu stecken und wegzuwerfen. Wenn ihr also eine Coladose wegwerft, dann werft sie nicht einfach in den nächsten Mülleimer, sondern in die gelben Tonnen, die überall herumstehen. Die Fotos zeigten nun Straßenzüge verschiedener Ortschaften der Insel, wo überall Container zu sehen waren.
    »Wegen einer Dose …«, murrte es aus der Menge.
    »Genau, wegen einer Dose. Wenn jeder von euch pro Tag eine Dose wegwirft, sind das schon hundert; in der Woche siebenhundert und im Jahr mehr als fünfunddreißigtausend Dosen. Also zählt jede Dose und jeder Mensch für sich.« Cristina beobachtete die überraschten Gesichter und verbuchte die Stille im Saal als Erfolg.
    Sie erklärte weiter, wie man Wasser und Strom einsparen konnte, zumal von beidem auf einer Insel nur begrenzte Mengen zur Verfügung standen. Sie zeigte Fotos von toten Vögeln, die sich im Meer in umhertreibenden Plastiktüten verfangenhatten. Ein Mädchen begann zu schluchzen, als sie das Bild einer ertrunkenen Möwe sah, die sich mit den Krallen in einem Plastiksack verhakt hatte. »Deswegen sollte man keine Plastiktüten benutzen und sie schon gar nicht am Strand liegen lassen, wo sie der Wind ins Meer wehen kann.«
    Im Anschluss daran zeigte sie Bilder der Naturschutzgebiete Mondragó und der Insel Cabrera, die von der Grup Balear d’Ornitologia i Defensa de la Naturalesa hart verteidigt wurden, ebenso wie die Finca Sa Trapa. Um die Unterschiede aufzuzeigen, wechselte sie immer zwischen den Bildern der Schutzgebiete zu extrem zugebauten Touristenregionen, die nichts mehr von der ursprünglichen Landschaft erkennen ließen.
    »Seht ihr, das ist die Finca Sa Trapa , die ihr besuchen werdet.« Der Beamer warf das Bild des ehemaligen Klosters auf die Leinwand. »Genau dort sollte ein riesiges Hotel gebaut werden. Durch zahlreiche Spenden konnte der GOB das Gelände aufkaufen und den Bau verhindern. Seither gilt Sa Trapa als Modellfinca, die vielen Tier- und Pflanzenarten einen geschützten Lebensraum bietet. Die Finca liegt am westlichen Ende der Insel im Tramuntanagebirge und gehört zur Gemeinde Andratx. Gerade in dieser Region wird weitergebaut, ohne Rücksicht auf die Natur zu nehmen. Deswegen war es so wichtig, dieses Gelände zu schützen. Durch unseren Einsatz dient das Gelände jetzt als Modell für die naturverträgliche Nutzung von Fincas auf den Balearen. Nur weil man von dort einen atemberaubenden Blick auf die Insel Dragonera hat, muss dort noch lange kein Hotel gebaut werden.«
    »Was heißt eigentlich Dragonera?«, fragte ein Junge aus der ersten Reihe.
    Cristina suchte eine Luftaufnahme, auf der man die Insel vollständig sehen konnte. »Siehst du die Form? Wenn man den zerklüfteten, lang gestreckten Kamm betrachtet, erinnert er an einen Drachenrücken, stimmt’s?« Der Junge nickte.
    »Dragón bedeutet Drachen, daher der Name.
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