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Mallorca Schattengeschichten

Mallorca Schattengeschichten

Titel: Mallorca Schattengeschichten
Autoren: Alex Conrad , Elke Becker
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El Gordo / Die Weihnachtslotterie
     
    Die Dorfkneipe in Petra füllte sich wie immer um diese frühe Uhrzeit. Jeder bestellte noch schnell seinen Cortado , vielleicht auch einen Carajillo , bevor er zur Arbeit ging. Normalerweise trank Miguel morgens einen Kaffee, doch an diesem Morgen stand ein Carajillo mit Brandy vor ihm. Der gestrige Termin bei der Bank steckte ihm noch immer in den Knochen.
    Zuerst kündigte man ihm wegen der Krise; Einsparungen. Und da er keine Kinder hatte, war er unter den Ersten, die gehen mussten. Ein halbes Jahr später verließ ihn seine Frau; immerhin hätten sie keine Kinder, meinte sie, und trug ihre Koffer aus dem Haus. Und jetzt, noch ein halbes Jahr später kündigte die Bank an, wenn er seine rückständigen Raten nicht bezahlen könne, müsse er seine Koffer packen, weil das Haus versteigert würde.
    Er trank einen Schluck. Der Brandy wärmte ihn wenigstens von innen. In fünf Tagen war Weihnachten, und die Prognosen für das neue Jahr waren alles andere als rosig. Miguel wunderte sich, dass er nicht schon längst jeden Morgen seinen Kaffee mit einem kräftigen Schuss Brandy trank. Job weg, Frau weg, bald auch das Haus weg. Kopfschüttelnd saß er vor seiner Tasse.
    » Hola, buenos días «, begrüßte ihn sein Freund Xisco. »Was ist denn mit dir los?«
    »Nur schlecht geschlafen. Das ist alles.«
    Miguel und Xisco kannten sich schon seit der Schulzeit. Trotzdem konnte und wollte er ihm nichts von seinen Problemen erzählen. Xisco käme womöglich auf die Idee, ihm Geld leihen zu wollen - und so etwas würde er sicherlich zuerst mit seiner Frau Cecilia besprechen. Das wollte Miguel auf gar keinen Fall. Er schwärmte noch immer für Cecilia. Sie waren einige Male ausgegangen, bevor sie Xisco begegnete und letztlich ihn heiratete. Miguel wusste auch warum. Xisco war von Haus aus vermögend. Während er damals selbst nur mit einer alten Schüssel über die Insel gebrettert war, konnte Xisco schon mit einem spritzigen Sportwagen durch die Gegend kurven. Er war einfach die bessere Partie gewesen.
    Zumindest zu diesem Zeitpunkt. Miguel hatte jeden Cent, den er verdiente, erfolgreich in Aktien angelegt, bis es für den Kauf des Hauses reichte, das er jetzt womöglich verlieren würde. Denn später liefen die Aktiengeschäfte alles andere als gut - und um das zu kompensieren, musste er immer wieder kleinere Kredite aufnehmen. Den letzten Kredit brauchte er, um seine Frau auszuzahlen. Seine Leidenschaft hatte sie nie verstanden und ihm ständig mit Warnungen in den Ohren gelegen. Die Verluste hielten sich aber in Grenzen, und wenn er nicht seinen Job verloren hätte ... aber er hatte ihn verloren.
     
    Xisco sah ihn über seine Kaffeetasse hinweg an. »Vielleicht würde dich eine Runde Tauchen auf andere Gedanken bringen. Ein Weihnachtstauchgang mit roter Mütze. Das hätte doch was.« Xisco wieherte vor Lachen. »Stell dir das mal vor. Wir zwei mit roten Mützen unter Wasser. Wäre doch mal was Neues für die Fische.« Er klopfte ihm auf die Schulter. »Das haben wir schon so lange nicht mehr gemacht.«
    Miguel grinste schief. »Mit roten Mützen getaucht?«
    »Blödmann.«
    »Okay, ich hab an Weihnachten sowieso nichts vor, also lass uns am Dreiundzwanzigsten tauchen gehen. Ich check die Ausrüstung und such uns ein Gebiet aus.« Miguel ging es etwas besser. Früher war er ständig tauchen gewesen, doch ein Boot anzumieten kostete Geld, und das hatte er nicht mehr. Aber unter Wasser fühlte er sich schon immer leicht und unbeschwert. Die Geräusche verstummten oder kamen nur sehr gedämpft an, und das schwerelose Treiben war einfach herrlich. »Einen Schatz werden wir zwar nicht finden, aber wenigstens habe ich dann was zu tun.«
    »Du willst doch nicht etwa alleine zuhause herumsitzen, oder? Die Einladung steht. Du kommst die Tage zu uns. Und keine Widerrede!«
    Miguel graute davor. Das bedeutete, Cecilia würde wieder mit ihm flirten, ohne zu wissen, was sie in ihm auslöste. Vielleicht wusste sie es sogar, aber das änderte nichts an der ganzen Situation. Sie war die Frau seines besten Freundes. Andererseits, wäre Xisco nicht mit seinem Sportflitzer vorgefahren, wer weiß, ob sie nicht doch bei ihm geblieben wäre. Es war mühselig darüber nachzudenken, was hätte sein können. »Wenn du aber lieber nur mit deiner Familie feierst, ist das für mich in Ordnung.«
    Xisco schüttelte unwirsch den Kopf. »Spinner. Du gehörst doch zu meiner Familie. Also abgemacht?«
    Miguel nickte
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