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Mallorca Schattengeschichten

Mallorca Schattengeschichten

Titel: Mallorca Schattengeschichten
Autoren: Alex Conrad , Elke Becker
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aber noch ein Foto heraussuchen.«
    Nach wenigen Minuten kam Célia mit einer alten Schwarz-Weiß-Fotografie zurück, die Cristinas Großmutter María Ángeles zusammen mit Célia und Carmen in jungen Jahren in ihren Tanzkleidern zeigte.
    Cristina nahm ihr das Foto aus der Hand, um es genauer zu betrachten. Die drei Mädchen lächelten übermütig und man sah ihnen an, dass sie glücklich waren. »Ist das ein Foto von eurem ersten Treffen?«
    »Ja, das war direkt nach unserem ersten gemeinsamen Auftritt. Das ganze Leben lag noch vor uns.« Célias Gesicht war wieder von Trauer erfüllt. Sie erinnerte sich noch genau, wie sie verloren und nervös in der Kabine hinter der Plaça de Toros in Ronda umhergewandert war. Ihr Tanzpartner hatte vergeblich versucht, sie zu beruhigen. Die Einzige, die wirklich ruhig schien, war Cristinas Großmutter María Ángeles gewesen. Sie hatte mit locker übereinander geschlagenen Beinen auf einer wackeligen Bank gesessen und eine Selbstsicherheit ausgestrahlt, die sich langsam auf sie übertragen hatte. Als sie María Ángeles später darauf ansprach, hatte diese lachend erklärt, dass sie hätte sitzen müssen, um nicht in Ohnmacht zu fallen. Dort war sie auch Carmen zum ersten Mal begegnet. Sie waren vier Tanzpaare gewesen, die vor dem großen Stierkampf zur Unterhaltung des Publikums den Paso Doble tanzen sollten. Der Paso Doble wurde zu dieser Zeit sehr oft vor einem Stierkampf aufgeführt. Der Mann tanzt den Torero und die Dame stellt die Muleta dar, das rote Tuch, das den Stier reizt. Die Zuschauer waren von ihrer Darbietung beinahe genauso begeistert wie vom Stierkampf. Sie hatten aber nicht nur das Publikum beeindruckt, sondern auch Manuel, den Torero. Er kam nach seiner Vorstellung zu ihrer Gruppe und dankte ihnen für die inspirierende tänzerische Leistung, die einen perfekten Ablauf einer Corrida dargestellt hatte. Sie hatte sich sofort in ihn verliebt. Doch das war alles lange her.
    Célia atmete schwer. »Ich bin zweiundneunzig Jahre alt. Alle meine Freunde sind vor mir gestorben. Ich habe sogar deren Kinder überlebt, und das ist nicht richtig.«
    »Du hast doch mich!«, entgegnete Cristina.
    »Ach, Kind, du bist jung und solltest eine Familie gründen und dich nicht um eine alte Frau kümmern.«
    Cristina umfasste mit beiden Händen Célias Gesicht. »Du bist meine Familie! Vergiss das nicht.«
    Carmens Beerdigung fand zwei Tage später mit einem kleinen Gedenkgottesdienst statt. Das Bild aus glücklichen Tagen stand neben dem weißen Sarg und zeigte, wie lebensfroh Carmen einst gewesen war
     
    Ende Leseprobe
     
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