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Maigret - 18 - Maigret in Nöten

Maigret - 18 - Maigret in Nöten

Titel: Maigret - 18 - Maigret in Nöten
Autoren: Georges Simenon
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sie empfand und der übrigens …«
    »Der übrigens …? Was wollten Sie sagen?«
    »Nichts Schlechtes. Ich habe einiges über ihn erfahren. Sagen Sie mir, Ducrau, nachdem Sie mit Ihrer Frau die erste Tochter hatten, waren Sie da nicht krank?«
    Er erhielt nur ein Knurren zur Antwort, und vor ihm baute sich ein breiter Rücken auf.
    »Das ist vielleicht die Erklärung. Jedenfalls ist Aline geistig zurückgeblieben. Ihr Sohn wiederum war ein kränkliches, nervöses Kind, so sensibel, dass er hysterische Anfälle hatte. Bei seinen Kameraden, die sich ständig über ihn lustig machten, galt er nicht als richtiger Mann. Daher diese sehr gefühlvolle, aber äußerst reine Freundschaft zwischen ihm und Aline.«
    »Worauf wollen Sie hinaus?«
    »Darauf: Da Bébert ermordet wurde, muss er der Liebhaber gewesen sein! Die ›Toison d’Or‹ liegt oft wochenlang in Charenton. Gassin verbringt seine Abende in den Kneipen. Der Hilfsschleusenwärter, ein alleinstehender Mann, treibt sich im Hafen herum, und eines Abends fällt sein Auge auf Aline …«
    »Schweigen Sie!«
    Ducraus Hals war dunkel angelaufen, und er schleuderte seine Pfeife in eine Ecke des Wohnzimmers.
    »Stimmt’s?«
    »Davon weiß ich nichts.«
    »Vielleicht brauchte er nicht einmal Gewalt anzuwenden, denn sie ist sich ihrer Handlungen nicht bewusst. Und keiner ahnt etwas! Bis das Kind geboren wird … Und die Mutter steht zwischen drei Männern … Wen, glauben Sie, Ducrau, hat Gassin im Verdacht?«
    »Mich!«, schrie Ducrau, sprang gleichzeitig auf, ging zur Tür und riss sie mit einem Ruck auf. Seine Tochter stand dahinter. Er erhob die Hand. Sie stieß einen Schrei aus. Er aber, anstatt zuzuschlagen, knallte nur die Tür zu.
    »Und weiter?«
    Er kam auf Maigret zu wie ein Tier in der Arena.
    »Mir ist aufgefallen, dass Aline Angst vor Ihnen hat, und sogar mehr als Angst. Gassin muss denselben Gedanken gehabt haben. Und als Sie dann um sie herumgestrichen sind …«
    »So ist es wohl. Und weiter?«
    »Warum hätte sich nicht auch noch jemand anderer dasselbe denken können, umso mehr, als bekannt ist, wie gern Sie sich an alle Frauen heranmachen?«
    »Sagen Sie schon!«
    »Ihr Sohn …«
    »Ja, und?«
    Man hörte Schritte und Stimmen aus dem Zimmer oben. Es war Berthe, die ihrer Mutter oder ihrem Mann weinend den Zwischenfall von vorhin erzählte. Kurz darauf erschien das Dienstmädchen, ganz eingeschüchtert.
    »Was ist los?«
    »Madame lässt bitten, dass Sie hinaufkommen.«
    Er war sprachlos. Das war doch die Höhe! Seine ganze Antwort bestand darin, sich ein Glas Cognac vollzuschenken und es in einem Zug zu leeren.
    »Wo waren Sie stehengeblieben?«
    »Dabei, dass es mindestens drei Leute gibt, für die Sie ein widerlicher Kerl sind. Aline verschanzt sich in ihrer Kajüte, wenn sie Sie kommen sieht, und wenn man von Ihnen spricht, beginnt sie zu weinen. Ihr Vater spioniert hinter Ihnen her und wartet nur auf einen Beweis, um sich zu rächen. Und Ihr Sohn schließlich quält sich, wie es sonst nur Nervenkranke tun. Hat er nicht zu einem gewissen Zeitpunkt davon gesprochen, in einen Orden einzutreten?«
    »Vor einem halben Jahr. Wer hat Ihnen denn das gesagt?«
    »Das spielt keine Rolle. Sie haben ihn an die Wand gedrückt, erstickt. Glücklich ist er in seinem Leben nur während der drei Monate gewesen, die er als Rekonvaleszent auf der ›Toison d’Or‹ verbracht hat.«
    »Weiter, weiter!«
    Er wischte sich die Stirn ab und schenkte sich zu trinken nach.
    »Das ist alles. So habe ich zumindest eine Erklärung für seinen Selbstmord gefunden.«
    »Welche denn? Das möchte ich noch etwas klarer sehen.«
    »Als er erfahren hat, dass Sie mitten in der Nacht bei dem Kahn verletzt aus dem Wasser gefischt worden sind, hat es für ihn keine Zweifel gegeben: Es war Aline, die in ihrer Empörung, vielleicht von Ihnen angegriffen …«
    »Hätte er nicht mit mir darüber sprechen können?«
    »Hat er je mit Ihnen gesprochen? Spricht Ihre Tochter mit Ihnen? Da man ihm das Kloster verboten und er sich selbst als gescheitert betrachtet hat, wollte er wenigstens eine schöne Geste vollbringen. Das sind so Dinge, von denen Jugendliche in ihren Zimmern träumen. Glücklicherweise werden sie nicht immer in die Tat umgesetzt. Ihr Sohn aber hat es getan. Er hat Aline gerettet! Und sich für schuldig erklärt! Das verstehen Sie vielleicht nicht, aber alle jungen Leute in einem gewissen Alter würden es begreifen …«
    »Und Sie? Wie haben Sie es begriffen?«
    »Es gibt
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