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Männer und der ganz normale Wahnsinn

Männer und der ganz normale Wahnsinn

Titel: Männer und der ganz normale Wahnsinn
Autoren: Karen Templeton
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ihm dann nicht die ganze Wahrheit gesagt?“ fragt sie und stolziert aus der Toilette.
    Ich muss gestehen, dass war ein ziemlich gutes Schlusswort.
    Schade, dass es nicht meines war.
    Es ist mir egal, dass ich zehn Zentimeter hohe Absätze trage. Wenn ich mir nicht etwas von der Wut aus dem Leib laufe, platze ich.
    Gregs Eltern sind mit einem Taxi davongefahren. Greg hat darauf bestanden, mich nach Hause zu begleiten, obwohl ich mir sicher bin, dass er lieber ebenfalls ein Taxi genommen hätte.
    „Ich entschuldige mich für Dad“, sagt er. „Ich hatte keine Ahnung, dass er davon anfangen würde.“
    Ich werfe ihm einen Blick zu. „Ist das wahr? Willst du dich wirklich zur Wahl stellen?“
    „Das ist nur … eine Möglichkeit, über die ich nachdenke.“
    Ich seufze. „Greg, du hasst doch Politik.“
    Er stopft seine Hände in die Hosentaschen und zuckt mit den Schultern. Keine eifrigen Erklärungen darüber, was er glaubt, alles erreichen zu können, dass er sich einfach berufen fühlt, nichts in der Richtung.
    Und wenn er schon hier nicht richtig engagiert ist, wie sehr steht er wirklich hinter uns? Ich meine, hat Phyllis Recht, dass er immer für mich da sein wird, solange alles gut läuft, wenn aber auch nur das kleinste Problem auftaucht – zum Beispiel die Tatsache, dass sein Bruder der Vater des Babys meiner Mutter ist –, würden sich seine Gefühle für mich dann sofort ändern?
    Und wo wir schon dabei sind, was für Gefühle hat er überhaupt konkret?
    Ich meine, das ist doch verrückt. Nach diesem Tête-à-tête mit Mama Munson auf dem Klo sollte ich mich endgültig von ihm trennen, nicht wahr? Warum tue ich es nicht? Warum schüttle ich ihm nicht einfach die Hand, danke ihm für diesen denkwürdigen (!) Abend und marschiere den Broadway hinauf und aus seinem Leben?
    Weil ich nicht aufgeben will, bevor ich ohne jeden Zweifel sicher sein kann, ob es sich nicht lohnt, Energie in diese Beziehung zu stecken.
    Also wende ich mich um, versuche im düsteren Licht eines Geschäftes seinen Gesichtsausdruck zu erkennen, und frage: „Liebst du mich, Greg?“
    Er sieht ein wenig überrascht aus, aber dann antwortet er. „Natürlich.“
    „Warum hast du mir das dann noch nie gesagt? Ich meine, du hast mir nicht ein einziges Mal gesagt, dass du mich liebst, nicht einmal damals, als du mir den Heiratsantrag gemacht hast.“
    Er zuckt mit den Schultern. So langsam geht mir diese Angewohnheit auf die Nerven. „Ich weiß nicht. Ich spreche da einfach nicht gerne drüber, schätze ich. Davon abgesehen, dachte ich immer, dass ich dir ziemlich deutlich gezeigt habe, wie viel du mir bedeutest.“
    „Ja, ich weiß. Aber … eine Frau hört diese Worte einfach gerne, verstehst du?“
    Er bleibt stehen und schnappt meine Hand. „Okay, schön. Ich liebe dich, Ginger. Besser so?“
    Ich schaue um mich. Wir stehen um zehn Uhr abends mitten auf dem Broadway. Der Gehsteig ist voll mit Menschen, wie zu fast jeder Uhrzeit in dieser Stadt. Dann fällt mir eine kleine Gasse zwischen zwei Häusern auf.
    Eine sehr dunkle, sehr einsame Gasse.
    Ein verzweifelter Irrsinn schießt durch meine Adern und lässt mich fast blind werden. Ich muss Greg noch eine weitere Chance geben, mir zu beweisen, dass er … lebendig ist. Dass er den Mumm hat, etwas Verrücktes zu tun. Etwas Wildes. Ungeplantes.
    „Komm her“, flüstere ich, das Blut pocht in meinen Schläfen. Ich verflechte meine Finger mit seinen und ziehe ihn in die Gasse.
    „Ginger? Was machst du da?“
    Na gut, dann muss ich ihn also erst ein wenig überreden. Ich steure in die Dunkelheit, klammere mich an Gregs Jackenaufschlag und küsse ihn, mit Zunge und allem. Er küsst mich ein wenig zurück. „Liebe mich“, flüstere ich an seinem Mund.
    Er geht einen Schritt zurück, ein halbes Grinsen liegt auf seinem Gesicht. „Bei dir oder bei mir?“ fragt er, und in diesem Moment wird mir klar, dass ich das eigentlich nicht will, nicht wirklich, dass ich mich an etwas klammere, das schon lange hinter mir liegt.
    Aber ich bin verrückt, und deswegen sage ich: „Weder noch. Hier. Genau hier.“
    Selbst in der Dunkelheit kann ich sehen, wie sein Grinsen erstirbt. „Himmel, Ginger!“ Er dreht den Kopf hin und her, als habe er Angst, dass jemand uns gehört hat. „Was ist denn bloß in dich gefahren? Ich kann doch nicht in aller Öffentlichkeit mit dir schlafen!“
    Ein letzter Rest Verstand fleht mich an, einfach darüber zu lachen, es zu vergessen, zu behaupten, dass ich nur
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