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Männer und der ganz normale Wahnsinn

Männer und der ganz normale Wahnsinn

Titel: Männer und der ganz normale Wahnsinn
Autoren: Karen Templeton
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übrigens ziemlich gut, was er zu dem Zeitpunkt auch mit mir tat –, hätte er wahrscheinlich so ziemlich alles vorschlagen können, ich hätte zugestimmt. Aber auch als ich wieder angekleidet und bei Sinnen war, dachte ich immer noch: nun, ist doch klar. Wir beide hatten Erfolg im Beruf – Greg war noch vor seinem dreißigsten Geburtstag Partner in einer Anwaltskanzlei geworden, und dank meines wachsenden Kundenkreises musste ich schon seit Jahren nicht mehr verstohlen die Regale mit den Sonderangeboten durchwühlen. Gregs Vorschlag, halbe-halbe zu machen, bedeutete aber trotzdem, dass ich mein Erspartes angreifen musste. Okay, nicht angreifen, vielmehr völlig aufbrauchen. Schließlich ging es hier nicht um eine einfache Hochzeit im Rathaus mit Feier in einer gewöhnlichen Kneipe. Aber mir war’s egal, schließlich war Greg Munson der goldene Pokal, über den ich nach langer Suche endlich gestolpert war. Das konnte man sich doch was kosten lassen, oder nicht?
    Haben Sie auch nur die geringste Ahnung, wie viel ein Hochzeitskleid von „Vera Wang“ kostet?
    Als ich mein bezauberndes Spiegelbild anstarrte und zögernd behauptete, dass mir der elfenbeinfarbene Seidenanzug von „Ellen Tracy“, den ich drei Tage zuvor anprobiert hatte, genauso gut gefiel, rief Shelby entsetzt: „Hast du auch nur die geringste Ahnung, wie Leid es dir eines Tages tun wird, wenn du dir die einmalige Gelegenheit durch die Lappen gehen lässt, wie eine Prinzessin auszusehen?“
    „Hast du auch nur die geringste Ahnung“, hatte meine Mutter nicht weniger entsetzt gefragt, als ich sie und Nonna in die Boutique in der Madison Avenue schob, um ihnen das herrliche Kleid vorzuführen (Shelbys Prinzessinnen-Kommentar hatte all meine Zweifel weggewischt), „wie viele Obdachlose man mit dem Geld durchfüttern könnte, das du dafür rausgeworfen hast, und zwar für ein Kleid, das du nur ein einziges Mal tragen wirst?“
    „Verdammt, Mädchen“, hatte Terrie gesagt, die Hände auf ihre runden Hüften gestemmt, die sich schon in zwei Ehen und einer ganzen Reihe von Liebschaften bewährt haben, „in dem Kleid sieht es doch tatsächlich so aus, als ob du einen anständigen Busen hättest.“
    Könnte mir vielleicht irgendjemand mal ein Taschentuch reichen?
    Meine Mutter versuchte mich davon zu überzeugen, mit ihr und Großmutter zurückzufahren und die Nacht in ihrem Haus zu verbringen. Da ich mir aber lieber die rechte Hand abgehackt hätte, lehnte ich dankend ab. Was vielleicht allen, die nicht gerade Nedra Cohen Petrocelli zur Mutter haben, etwas respektlos vorkommen mag.
    Gut, ich bin vielleicht ein klitzekleines bisschen unfair. Aber Nedra saugt auch noch den letzten Rest Leben aus jedem heraus, der das Pech hat, zufällig in der näheren Umgebung ihres Wohnblocks zu leben.
    Wenn ich mir manchmal ein Bild von meiner Mutter ansehe, als sie noch jünger und schlanker war, dann kommt es mir so vor, als ob ich mein eigenes Spiegelbild betrachte. Das gleiche schwarze, wippende Haar, die gleichen dunklen Augen, hohen Wangenknochen, langen Gliedmaßen und eine große Klappe, die uns oft in Verlegenheit bringt. Wenn es aber um unseren Charakter geht … nun, ich will es so ausdrücken: Die Gene haben uns da einen Streich gespielt. Während Nedra im wahrsten Sinne des Wortes geradezu in sich zusammenfällt, wenn sie mal länger als zwei Stunden ohne menschliche Gesellschaft ist, brauche ich die Einsamkeit, um wieder Energie zu tanken. Sie reagiert auf Tragödien oder Stress, indem sie ein Dutzend Freunde zum Abendessen einlädt. Ich hingegen drücke die Demütigung – und, in diesem Fall eine Flasche sehr teuren Champagner – gegen meinen kleinen flachen Busen (auch hier haben mir die Gene einen bösen Streich gespielt) und ziehe mich in mein Schneckenhaus zurück.
    Ein Schneckenhaus, das ich Gott sei Dank nicht gekündigt habe, auch wenn es winzig und ohne Klimaanlage ist. Letzte Woche habe ich allerdings bereits einen Großteil meiner Klamotten und anderer Besitztümer in das Haus in Scarsdale gebracht (mentale Notiz: neue Kleider kaufen???). Also. Hier sitze ich in einem Berg aus Spitze mitten auf meinem pseudo-türkischen Teppich und schütte den Schampus wie Cola light in mich hinein, während ich mir einen Spaß daraus mache mitzuzählen, wie oft mein Anrufbeantworter piept. Da ich überzeugt davon bin, dass mindestens die Hälfte der Anrufe von meiner (schrecklich stereotypen) Mutter sind, interessiert es mich überhaupt nicht
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