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Männer und der ganz normale Wahnsinn

Männer und der ganz normale Wahnsinn

Titel: Männer und der ganz normale Wahnsinn
Autoren: Karen Templeton
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seine Familie b) noch verrückter als meine – was etwas heißen will – und dass ich noch mehr Wahnsinn in meinem Leben nicht ertragen könnte. Oh, und dass laut Paula ihr Schwager offenbar eine Vorliebe für kichernde Zwanzigjährige hat.
    Und dass ich, wenn alles planmäßig verlaufen wäre – ich blicke auf meine Uhr – in weniger als fünfzehn Stunden in den Mile High Club eingeführt worden wäre.
    Darauf hatte ich mich wirklich sehr gefreut.
    Und auf Venedig.
    „Also“, murmelt Nicky ganz geschäftsmäßig. „Hast du ein Alibi für die Zeit, nachdem du Munson zum letzten Mal gesehen hast?“
    Ich denke nach, was ich normalerweise nicht so anstrengend finde wie jetzt. „Ich war die meiste Zeit hier. Alleine. Hab gepackt und so.“
    „Hat dich jemand gesehen, wie du rein- und rausgegangen bist?“
    Schon wieder, denke ich. Wieder habe ich eine Niete gezogen. „Ich glaube nicht. Tut mir Leid.“
    Dann erst springt mich der Gedanke an und schreit: Was, wenn Greg tot ist?
    Ich werfe Nicky einen Blick zu, meine Haut fühlt sich ganz klamm an. Mein Magen rebelliert. Vermutlich werde ich grün oder so, denn mit einer geschickten Bewegung packt er mich und schiebt mich ins Bad, wo ich den ganzen Champagner in die Toilette erbreche. Was mir doch als recht symbolhaft erscheint. Irgendwie. Hinterher reicht mir Nicky ein Glas Wasser, damit ich mir den Mund ausspülen kann, und ein feuchtes Handtuch fürs Gesicht.
    Ich nehme einen Schluck, tupfe mein Gesicht ab und spüre, wie eine einsame Träne meine Wange hinunterläuft und dabei zweifellos eine Mascara-Spur hinter sich herzieht. Wortlos führt Nicky mich zurück ins Wohnzimmer. Als ich meine gepackten Kisten sehe, entweicht mir ein tiefer, sauer schmeckender Seufzer.
    „Hier“, höre ich ihn hinter mir sagen.
    Ich drehe mich um, nehme die Visitenkarte mit der Adresse des Reviers und der Telefonnummer entgegen. „Lass uns sofort wissen, wenn er mit dir Kontakt aufnimmt. Ansonsten werden wir … einfach … in der Nähe bleiben, okay?“
    Matt laufe ich hinter ihm her zur Tür, gelegentlich schniefend, und fühle mich selbst wie ausgekotzt. Eine leicht verbeulte recycelte Singlefrau, die in das System zurück erbrochen wurde, um noch einmal ganz von vorne anzufangen. Im Flur wendet sich Nicky mit zusammengezogenen Augenbrauen um.
    „Was?“ frage ich, als das Schweigen zu lange anhält.
    „Ist das in Ordnung? Ich meine, dass ich dich alleine lasse?“ Und ich denke oh … wie süß, bis er hinzufügt: „Vielleicht solltest du deine Mutter bitten, bei dir zu übernachten …“
    Ich blicke ihn düster an.
    „… oder auch nicht.“
    Die Frau ist schließlich legendär. Selbst nach mehr als dreißig Jahren spricht laut Paula die Familie meines Vaters von meiner Mutter nur mit gesenkter Stimme.
    „Meine Frau hat mich vor drei Jahren verlassen“, sagt er jetzt. „So was ist ziemlich schlimm.“
    Frau? Was für eine Frau? Paula hat nie eine Frau erwähnt.
    „Wieso?“ frage ich, weil ich es wirklich wissen will.
    Er sieht mich noch immer nicht an, zuckt nur mit den Schultern, als ob es keine Rolle spielt. Aber sein Kiefer wirkt verkrampft. „Sie ist mit meinem Job als Polizist nicht zurechtgekommen. Sagte, sie hätte zu viel Angst. Wir haben uns nach weniger als sechs Monaten getrennt.“
    „Oh. Tut mir Leid.“
    Er nickt und sagt dann: „Aber ihr geht’s ganz gut. Hat letztes Jahr wieder geheiratet. Einen Buchhalter.“ Endlich dreht er sich um, und ein paar Sekunden lang sieht er mich an, als würde er mich gerne berühren, scheint jedoch zu ahnen, dass dadurch seine Lebenserwartung drastisch sinken würde. Er sagt sehr leise: „Ich hätte dich anrufen sollen. Ich meine nach Paulas Hochzeit.“
    Dann dreht er sich um und geht den Flur hinunter. Ich sehe ihm eine Minute lang nach, bis er in den Fahrstuhl steigt, dann kehre ich zurück in meine Wohnung und lehne mich gegen die geschlossene Tür. Ich habe das unerklärliche, aber dringende Bedürfnis, ‚Don’t Cry For Me, Argentina‘ zu singen.

2. KAPITEL
    „D u solltest nicht alleine hochfahren“, ruft Nedra knapp eine Woche nach meiner abgebrochenen Hochzeit am anderen Ende des Telefons. „Ich komme mit dir.“
    „Hoch“ bedeutet Scarsdale, wo ich zumindest einige meiner Klamotten holen möchte, so, wie es mir Greg – der übrigens ziemlich lebendig ist, mehr dazu gleich – vorgeschlagen hat. Obwohl Nedra und ich seit Sonntag einige Male miteinander telefoniert haben, habe ich sie bisher
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