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Macabros 042: Hades, Hort der Vergessenen

Macabros 042: Hades, Hort der Vergessenen

Titel: Macabros 042: Hades, Hort der Vergessenen
Autoren: Dan Shocker
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schaffen!
    Erfüllt von Ratlosigkeit, Verwirrung und trüben Gedanken
stapfte ein Mann durch den Wüstensand. Dieser Mann hatte das
Äußere Björn Hellmarks – aber die Geist-Seele
des Prinzen Ghanor von Lovon.
     
    *
     
    Danielle de Barteaulieé ging wie in Trance durch die
belebte, abendliche Straße.
    Die junge Französin in dem grellfarbenen und auffallenden
Kleid ließ sich vom Strom der Passanten förmlich
mitreißen, ohne daß sie eigenen Antrieb entwickelte.
    Die Luft war kühl, und die Französin fröstelte.
    Sie fühlte sich fremd und verlassen in dieser großen
Stadt.
    Später vermochte Danielle nicht mehr zu sagen, wo sie sich
befand. In der Nähe eines Parks ließ sie sich auf eine
Bank nieder und starrte stumpfsinnig vor sich hin.
    Sie hörte plötzlich leise Schritte neben sich. Dann
hüstelte jemand.
    »Mademoiselle«, sagte eine dunkle, rauchige Stimme
hinter ihr.
    Danielle wandte den Kopf und blickte in ein von Alkohol und
üppiges Essen aufgedunsenes, grell geschminktes Gesicht. Die
Lidschatten waren zu aufdringlich, der Mund zu rot und zu
herzförmig. Lauter kleine superblonde Locken kringelten sich um
diesen fetten Kopf. Ob die Dame überhaupt noch einen Hals hatte,
konnte Danielle nicht feststellen. Ein kostbarer Chinchilla, den sie
locker um ihre runden Schultern drapiert hatte, verbarg ihren
Halsansatz. Um so massiger quollen die gewaltigen Brüste unter
dem silbern glänzenden Kleid hervor. Der Duft eines zu
süßen und zu aufdringlichen Parfüms fiel Danielle
förmlich an, daß sie sich abwandte.
    »Ja, bitte?« fragte sie, nicht gerade freundlich.
    »Sie sind fremd hier in Paris, Mademoiselle, nicht
wahr?«
    »Ja.«
    »Ich beobachte Sie schon eine ganze Weile. Sie sind mir
aufgefallen. Jung, rank und schlank, lange Beine. Eine, die aussieht
wie Sie und allein durch Paris läuft und der jedermann
nachblickt – mit der stimmt doch etwas nicht. Sind Sie jemand
weggelaufen?«
    Danielle gab keine Antwort.
    »Nun, wenn Sie mir nicht antworten wollen, dann müssen
Sie das nicht tun. Aber da Sie sich so merkwürdig benehmen, gibt
mir das den Mut, Sie anzusprechen. Sie sind durchgefroren. Sie haben
keine Tasche dabei, kein Gepäck. Sie haben
Hunger…«
    »Ja, ja, ja…« stieß Danielle de
Barteaulieé stakkatoartig hervor. »Ja, es stimmt
alles…«
    »Nun, sehen Sie. Man hat doch Menschenkenntnis.«
    Die Dicke kam um sie herum und musterte sie wie eine Ware.
»Wissen Sie, Mademoiselle, eine, die aussieht wie Sie und
friert, nichts sonst auf dem Leib hat, die hungrig und durstig ist,
ist eigentlich selbst daran schuld. Das können wir ändern.
Kommen Sie mit mir! Ich biete Ihnen ein Dach über dem Kopf,
Essen und Trinken. Meine besten Tage sind vorbei. Die Ihren
können anfangen, wenn Sie das wollen…
    Ich würde Ihnen ein ganzes Arsenal von Kleidern, von den
besten Schneidern in Paris einrichten lassen. Sie haben das Zeug
dazu, eine der ganz Großen zu werden. Ich weiß das. Ich
habe Fingerspitzengefühl für solche Dinge – und vor
allen Dingen kenne ich da ein paar Herren, reich und
einflußreich, der besten Gesellschaft in Paris angehörend,
für die es eine wahre Bereicherung wäre, Sie
kennenzulernen. Es schadet nie, spendable Freunde zu
besitzen.«
    »Gehen Sie!« stieß Danielle hervor.
    Sie wandte sich ruckartig ab.
    Die Dicke seufzte. »Sie haben auch keine Papiere, nicht wahr?
Damit wird es ganz schwierig für Sie in Paris. Schade, ich
wäre Ihnen gern behilflich gewesen.«
    Sie richtete sich auf, und ein Schwall des widerlichen
süßen Parfüms traf Danielles Lungen.
    »Da vorn an der Straßenkreuzung steht mein Wagen. Da
gehe ich jetzt hin. Wenn Sie Lust haben, können Sie mitkommen.
Übrigens, mein Name ist Janette. Madame Janette Rogalle. Meine
Mädchen aber sagen einfach und schlicht Madame zu mir.«
    Sie ging und ließ eine Danielle de Barteaulieé
zurück, in deren Hirn ein wahrer Aufruhr sich abspielte. Wer war
sie? Was wollte sie? Sie war eine Ausgestoßene, die kein
normales Leben beginnen konnte. Nach einer ruhelosen Wanderung durch
die Jahrhunderte war sie im Paris des 20. Jahrhunderts gestrandet.
Sie hatte keine Freunde, keine Verwandten – keinen Björn
Hellmark, der im Strudel eines anderen Raum-Zeit-Kontinuums
untergegangen war.
    Da sprang sie auf. »Warten Sie!« Sie lief zunächst
zögernd, dann immer schneller hinter Janette Rogalle her.
    Gemeinsam mit ihr ging sie zu dem bereit stehenden, silbergrauen
Wagen. Es war ein Rolls-Royce-Phantom, der von einem
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