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Macabros 042: Hades, Hort der Vergessenen

Macabros 042: Hades, Hort der Vergessenen

Titel: Macabros 042: Hades, Hort der Vergessenen
Autoren: Dan Shocker
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Bill Coogan war erst fünfunddreißig. Zu jung, um zu
sterben. Aber danach fragte ihn niemand, als es so weit war…
    Als er bleich und erschöpft zum Telefon griff, ahnte er,
daß er einen großen Fehler machte, daß diese
Reaktion über Tod und Leben entschied. Doch er brachte es auch
nicht fertig, zu unterlassen, was mit diesem Risiko belastet war.
    Coogan preßte mit zitternder Hand den Hörer an das
linke Ohr und hörte am andern Ende der Strippe das Rasseln des
Telefons.
    Bill Coogans Lippen bildeten einen schmalen, blutleeren Strich.
Der Versicherungsangestellte, der sich in seiner Freizeit mit
Parapsychologie, Jenseitsforschung und Okkultismus befaßte,
atmete tief durch und zwang sich zur Ruhe. Doch im Gegensatz zu sonst
gelang es ihm heute abend nicht, seine Nerven unter Kontrolle zu
bringen.
    In der Leitung knackte es.
    »Hallo?« fragte eine Stimme.
    »Hallo, Francis. Ich bin es, Bill.«
    »Bill! Altes Haus! Bist du auch mal wieder im Land? Ich hab
in den letzten Tagen schon mehr als einmal versucht, dich telefonisch
zu erreichen. Deine Geschäfte müssen gut gehen. Du bist ja
Tag und Nacht auf den Socken. Daß die Leute tagsüber
Versicherungen abschließen, kann ich mir denken, daß sich
deine Besuche auch noch bis in den Abend hineinziehen, leuchtet mir
also ein. Nach fünf sind die meisten Kunden erst zu Hause
anzutreffen. Daß du aber auch nachts… oder steckt was
Langhaariges dahinter?«
    Francis Surman kicherte leise. Er war stets zu einem Scherz
aufgelegt. Nicht umsonst bearbeitete Surman die Witz- und
Feuilletonseite eines bekannten englischen Wochenblattes.
    Surman und Coogan kannten sich seit ihrer Schulzeit. Auch Bill
hatte einige Zeit in einer Redaktion in der Londoner Fleetstreet
gearbeitet.
    Durch einen Zufall war er in die Versicherungsbranche geraten und
stellte fest, daß man mit einigem Geschick und viel Fleiß
hier mehr Geld verdiente.
    »Ich bin seit drei Wochen nicht mehr aus dem Haus gekommen,
Francis«, entgegnete Bill Coogan mit schwerer Zunge, als bereite
das Sprechen ihm Schwierigkeiten. »Ich bin jeden Tag hier
gewesen.«
    »Aber ich habe doch angerufen!« klang es verwundert
zurück. »Es hat sich niemand gemeldet.«
    »Ja, das stimmt. Ich habe den Stecker rausgezogen, ich wollte
nicht gestört werden.«
    »Warst du krank, Bill?«
    »Nicht direkt.«
    »Was, heißt hier: nicht direkt?«
    »Ich war nicht das, was man allgemein unter Krankheit
versteht, Francis. Eine Art Krankheit war das allerdings doch! Du
kennst mein Hobby…«
    »Du spürst Gespenstern nach. Ist dir eines
begegnet?« Francis Stimme wurde sofort wieder
fröhlicher.
    »Gespensterforschung betreibe ich nur am Rand meiner
sonstigen Arbeit. Durch okkulte Phänomene und
Jenseitserscheinungen werden automatisch Ereignisse ausgelöst,
die etwas ›Gespenstisches‹ an sich haben. Aber darüber
wollen wir hier am Telefon nicht sprechen. Daß ich dich anrufe,
hat einen anderen und ganz besonderen Grund…«
    Francis Surman am anderen Ende der Strippe lag eine Bemerkung auf
der Zunge, doch er unterließ sie. Coogans Stimme irritierte
ihn. So sprach ein Mensch, den etwas bedrückte, der Sorgen
hatte…
    »Ich habe einen Fehler begangen, Francis. Möglicherweise
habe ich gerade noch die Zeit, dir zu sagen, was du tun sollst.
Machen wir’s also nicht zu lange! Ich habe ein Päckchen an
dich abgesandt. Heute mittag wurde es von mir bei der Post
eingeliefert. Lange habe ich überlegt, ob ich es tun sollte oder
nicht. Ich habe es getan! Nun bezweifle ich, ob es richtig war…
Wenn das Päckchen morgen zugestellt wird, Francis: nimm’ es
entgegen, aber öffne es nicht! Vernichte es, wie es
ist!«
    »Warum, Bill?«
    »Keine Fragen, Francis. Tu’, was ich dir sage! Dein
Leben hängt davon ab. Ich kann mir jetzt vorstellen, wie du
dreinschaust, wie du die Stirn in Falten legst. Du denkst, ich bin
verrückt? Vielleicht bin ich es tatsächlich. Meine
Verrücktheit muß damit begonnen haben, als ich mich
entschloß die Dinge zu erforschen, die uns eigentlich nichts
angehen. Ich bin bei meinen Forschungen zu einem Schluß
gekommen: wir wissen als Menschen instinktiv, was wir zum Leben
benötigen, daß wir Wasser und Nahrung zu uns nehmen
müssen, was für uns gut ist, was nicht. Viele Instinkte
sind uns durch die fortschreitende Zivilisation und Technisierung
verlorengegangen. Die Natur aber hat uns ganz anders geplant.
Instinktiv wissen die Mütter, was sie mit ihren Neugeborenen tun
müssen, instinktiv sucht das Kind die Brust,
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