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Macabros 037: Unter der Dämonenpeitsche

Macabros 037: Unter der Dämonenpeitsche

Titel: Macabros 037: Unter der Dämonenpeitsche
Autoren: Dan Shocker
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betreten,
und aufmerksam die Croupiers, die Spieler, die Serviermädchen
und auch die Gäste zu beobachten.
    Der Koloß von Bhutan stöhnte. »Weitere
Wünsche hast du nicht? Das ist nett von dir. Wenn ich meine
Augen so in die Gegend wandern lasse, frage ich mich bescheiden,
womit ich dann die Roulettekugel verfolgen soll, die Zahlen, die
Systeme, die gespielt werden.«
    »Zum Spielen wirst du später genug Zeit
haben…«
    »Oh, du weißt schon, wie die Geschichte ausgeht? Dann
können wir uns das Theater doch ersparen.«
    »Ich bin optimistisch, das weißt du. Ich brauche deine
Hilfe, Rani. Wenn es hart auf hart geht, ist es nicht ausgeschlossen,
daß du schnell auf der Bildfläche erscheinst. In diesem
Fall wäre möglicherweise selbst der Anreiseweg von Frontier
bis hier rüber schon zu lange.«
    »Was hast du vor, Björn?«
    »Ich will mich ein bißchen in diesem komischen Haus
umsehen, besonders in dem Stock, an dem ein Schild kündet,
daß Hausgäste es nicht betreten dürfen.«
    »Da wird Mike Harrison wohl die schönsten der
Schönen parat halten. Vielleicht hättest du doch ein
dickeres Scheckbuch mitnehmen sollen. In fünf Minuten bin ich
drüben. Ich brauche mich nur noch zu duschen und ein frisches
Hemd anzuziehen, den Smoking – was schlägst du vor,
Bruderherz? Schwarz oder weiß? Ah, ich zieh die weiße
Smokingjacke an. Da wirk’ ich so lüstern drin! Paßt
auch besser zur Sonne. Hier trägt man am besten helle,
freundliche Farben. Dann brauche ich mir eigentlich nur noch die
weinrote Samtfliege umzubinden – oder meinst du, daß die
gestreifte Seidenschleife größeren Eindruck
macht?«
    »Ich nehme an, daß du auch noch Maniküre und
Pediküre vorgesehen hast?«
    »Aber Björn, wo denkst du hin?« entgegnete der
Inder todernst. »Was soll ich denn noch alles in fünf
Minuten erledigen?«
     
    *
     
    Die faszinierende Rothaarige kam durch den Korridor. Sie trug ein
seegrünes, hauchdünnes Neglige, hinter dem ihre
wohlgerundeten, weiblichen Formen voll zur Geltung kamen.
    Das Show-Girl suchte Zimmer Nr. 14 auf. Es war dort mit einem Gast
verabredet, der sich vor wenigen Minuten angemeldet hatte.
    Die Rothaarige legte die Hand auf die Klinke, als die Tür zu
Nr. 19 geöffnet wurde.
    Ein großgewachsener blonder Mann kam heraus.
    Ihre Blicke trafen sich. Die Rothaarige lächelte.
    Sie hatte den Fremden noch nicht im Haus gesehen.
    Seine Augen waren blau und entschlossen, sein Gesicht drückte
kraftvolle Männlichkeit aus.
    Die Rothaarige nickte ihm kaum merklich zu.
    Der Fremde erwiderte ihre Geste.
    Sie rechnete damit, daß er den Korridor entlanggehen
würde. Doch er näherte sich der Treppe, an der das
Verbotsschild hing. Die Augen der Kothaarigen wurden zu schmalen
Schlitzen, und in den grünen Pupillen blitzte es auf wie in den
Augen einer Raubkatze. Der Blonde eilte die schmalen Treppen nach
oben, manchmal zwei Stufen auf einmal nehmend, als hätte er es
sehr eilig.
    Er verschwand um den Treppenaufgang.
    Da löste sich die Rothaarige wie aus einer Erstarrung, und
mit katzenartigen Bewegungen folgte sie dem fremden Gast nach, der
die Etage unter dem Dach des ungewöhnlichen Hauses
aufsuchte.
    Sie wußte genau: dieser Mann gehörte nicht zu ihnen, er
war heute erst neu eingetroffen. Sie aber wußten alle von
sich.
    Auch sie – ein Halbdämon in ihrer alten menschlichen
Gestalt. Auch sie trat hier im Puppet’s House auf.
    In diesem Moment, in ihrer menschlichen Gestalt, dachte sie wie
ein Mensch, und sie litt darunter, hier festgehalten zu werden. Die
Sehnsucht nach Freiheit war groß in ihr, doch sie wußte
auch, daß sie sich diese Sehnsucht nie erfüllen konnte.
Die andere Seite ihres Daseins bannte sie an diesen Ort. Wie ein
unsichtbares Schwert schwebte die Dämonenpeitsche über
ihrem Haupt. Unter dieser Peitsche trat sie auf. Sie war nur eine
Marionette, manchmal erfüllt von der Sehnsucht wieder ganz
Mensch zu sein, manchmal erfüllt davon, alles Menschliche
auszurotten.
    Und dieser Trieb überschwemmte ihre menschlichen
Gefühle. Sie war in diesen Stunden der Nacht näher als dem
Tag.
    Die Dunkelarbeit draußen, die von den schwarzen Wolkenbergen
verursacht wurde, erinnerte sie an die Nacht.
    Neugierde und Wachsamkeit veranlaßten sie, dem Fremden wie
sein eigener Schatten zu folgen.
    Dort oben im Korridor, unter dem Gebälk des Daches, war die
Dunkelheit noch größer. Hier waren die winzigen Fenster
verschlossen und zugezogen.
    Geduckt blieb die Rothaarige an dem Mauervorsprung
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