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Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition)

Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition)

Titel: Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition)
Autoren: Melanie Vogltanz
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gefeuert, um ihr die
Sicht zu rauben, und Eloin würde ihm gewiss nicht die Genugtuung verschaffen,
sich vor ihm Blöße zu geben. Lieber ging sie das Risiko ein, über ein
unsichtbares Hindernis zu stolpern und sich bei einem Sturz das Genick zu
brechen, als von dem Polizisten vollends eingeholt zu werden und ...
    Daran wollte sie
lieber nicht denken.
    Eloin hatte Glück.
Der aufgewirbelte Staub legte sich erstaunlich rasch, und es gelang ihr sogar,
noch einen halben Meter zwischen sich und ihrem Verfolger zu gewinnen. Ihre
anfängliche Freude über diesen kleinen Sieg löste sich rasch in Rauch auf, als
sie hastig einen Blick zurückwarf. Es war nicht so, dass der Mann wirklich
gegrinst hätte. Eloin bezweifelte, dass er zu einer solchen Äußerung menschlicher
Gefühle überhaupt fähig war. Doch seine Augen leuchteten mit einem Mal in einem
düsteren Feuer; die Zufriedenheit eines Raubtieres, das seine Beute in die Ecke
gedrängt wusste.
    Und als Eloin sich
wieder umwandte, begriff sie auch, warum. Am liebsten hätte sie vor Wut und
Enttäuschung laut aufgeschrien. Die dichte Staubwolke war nichts weiter gewesen
als ein hinterhältiges Ablenkungsmanöver, um zu verhindern, dass Eloin sah, in
welche Richtung er sie trieb, und sie war auch noch bereitwillig in die ausgelegte
Schlinge gehüpft.
    Vor ihr machte die
Straße eine scharfe Biegung nach rechts. Der Weg war von einigen Häuserfronten
und massiven Mauern gesäumt, Gärten oder andere Fluchtmöglichkeiten gab es hier
nicht. Und obwohl Eloin die Strecke hinter dieser scharfen Kurve nicht einsehen
konnte, wusste sie sehr genau, was sie dort erwarten würde: Es war der Ort, an
dem der Jäger seine Beute zur Strecke brachte.
    Eloin machte sich
nichts vor, sie wusste, wann sie verloren hatte.
    Andreas, dachte sie voller Schmerz, es tut mir leid.
    Ein letztes Mal
spornte sie ihren erschöpften Körper zur absoluten Höchstleistung an. Ihr Herz
raste wie eine Hochdruckpumpe, und in ihren Ohren rauschte das Blut.
Tatsächlich gelang es ihr, noch mehr Abstand zwischen sich und ihren Verfolger
zu bringen, der sich nicht mehr eilte, weil er sehr genau wusste, dass ihm sein
Opfer nicht mehr entkommen konnte. Wie ein Hase auf der Flucht schlug Eloin
einen scharfen Haken, der sie beinahe über den langen Saum ihres Kleides
stolpern ließ.
    In diesem Moment
krachte der zweite Schuss.
    Eloin keuchte und
verlor endgültig das Gleichgewicht, doch es gelang ihr, die begonnene Bewegung
fortzuführen und sich um die Ecke zu werfen. Im selben Moment, als der Sichtkontakt
mit ihrem Verfolger abriss, verglühte ihre Welt in gleißendem Licht.
     
    Der Jäger war sich seines Triumphes gewiss. Die
dunkle Stimme, die die Seele dieses Ortes war und sich in seinen Kopf
geschlichen hatte, flüsterte ihm zu, dass es aus dieser Gasse kein Entrinnen gab.
Seine Beute saß wie eine Ratte in der Falle.
    Von prickelnder
Vorfreude auf das nahe Blutvergießen erfüllt, folgte er der Frau, den Finger um
den Abzug seiner Pistole gekrümmt. Sollte sich dieses Weibsbild einbilden, ihn
aus dem Hinterhalt angreifen zu können, würde es eine böse Überraschung erleben.
    Doch sie versuchte
nichts dergleichen.
    Um genau zu sein,
war sie nicht einmal mehr da.
    Stirnrunzelnd sah er
sich auf dem weitläufigen Platz um, wo man in einer anderen Wirklichkeit, als
dieser Ort noch von Leben erfüllt gewesen war, einen Wohnblock abgerissen
hatte. Nun wagte sich kein Bauarbeiter mehr hierher, um die Arbeit zu Ende zu
bringen. Feuchte Erde und Sand ersetzen den Beton und verströmten einen Geruch,
der beinahe an den eines Friedhofs erinnerte; ein bedrückender, schwerer
Gestank, vermischt mit dem süßlichen Odem des Todes. Einige Trümmer, die wie
Knochen aus der nassen Erde ragten, zeugten von dem Abriss, der vor langer Zeit
hier stattgefunden hatte. Kein einziger der wenigen Mauerreste war groß genug,
um einem ausgewachsenen Menschen nennenswerte Deckung zu bieten.
    Er starrte zu Boden.
Frisches, dunkles Blut besprenkelte die Erde. Seine zweite Kugel hatte ihr Ziel
getroffen, daran bestand kein Zweifel. Im Grunde hätte es einfach sein müssen,
der deutlich sichtbaren Spur bis zu seiner Beute zu folgen, wäre sie nicht
bereits nach wenigen Schritten abrupt abgebrochen – als hätte die Frau sich in
Luft aufgelöst.
    Verärgert über die
Tatsache, seine Gier nach Leid nicht sofort stillen zu können, tastete er in
die weite Tasche seiner Dienstjacke und fischte seine Taschenlampe hervor, um
sie anzuknipsen und
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