Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Luegenprinzessin

Luegenprinzessin

Titel: Luegenprinzessin
Autoren: Nora Miedler
Vom Netzwerk:
Ausrede bringen? Und so kam der Tag, an dem ich meine Schultasche bei der Polizei als gestohlen melden musste, da ich es vorgezogen hatte, tagelang von David zu träumen, statt das Referat über Kabale und Liebe vorzubereiten. Das brauchte ich echt nicht zu lesen – ich hatte mein ganz eigenes Liebesdrama am Laufen. Und wenn die Notlügen und die ganzen Schummeleien einmal zum Alltag gehörten, dann war man sie irgendwann so gewohnt, dass die Grenzen zwischen wahr und unwahr plötzlich verschwammen. Es gab Geschichten, die ich so oft erzählt hatte, dass ich schon beinahe selbst dran glaubte.
    »Ich muss zum Arzt«, erklärte ich und schnappte mir meinen Rucksack.
    Doch Diana stellte sich mir in den Weg. »Zu was für einem Arzt?«
    Was war denn mit der los? Felix hatte recht. Inquisition! Das traf es ganz gut. Ich zögerte, was alle vier anscheinend zu der Auffassung brachte, dass es sich um einen Besuch beim Gynäkologen handeln musste. Sollte mir recht sein.
    »Werde ich Onkel, Mia-Mieze?«, neckte mich Felix. »Och, wie niedlich, ich kann es kaum erwarten, die kleine Mini-Mia zu sehen.«
    Hab ich’s schon erwähnt? Er war kindisch.
    »Tschau Leute, bis morgen!«
    »Tschau, Mia!«
    »He, nicht so schnell –!« Diana wollte mich einfach nicht gehen lassen. Langsam ging sie mir wirklich auf die Nerven. »Ich kann jetzt echt nicht. Wir sehen uns morgen.«
    Ich joggte aus dem Schulgebäude, sperrte das Sicherheitsschloss meines Fahrrads auf und schwang mich auf den Sattel.
    Als ich zur Straße kam, sah ich gerade noch Davids beige Schultertasche um die Ecke verschwinden. Ich beugte mich nach vorne und strampelte den Gehsteig hinauf.
    Seit zwei Jahren war ich jetzt schon in David verliebt. Gut gefunden hatte ich ihn von Anfang an, aber in den ersten Jahren auf dem Gymnasium war ein Junge aus der Parallelklasse meine heimliche Liebe gewesen. Der hatte jedoch mit vierzehn die Schule gewechselt. Seither gab es nur noch David für mich. Meinen Spähposten hinter den Fliederbüschen hatte ich aber erst vor zwei Monaten bezogen, eigentlich seit es Frühling geworden war und warm genug, um mit dem Fahrrad zur Schule zu fahren. Bis letzte Woche hatte ich ihn nur in der Früh beobachtet. Doch mittlerweile folgte ich ihm sogar nach der Schule. Eigentlich ver folgte ich ihn regelrecht. Wie eine bescheuerte Stalkerin, dabei wusste ich selbst nicht, warum ich das tat. Es brachte mir nichts. Nada. Niente. Niets. Nothing. Noll. Absolument rien! Bis auf eine Heidenangst vor dem Erwischtwerden und neuerdings ständigem Stress mit meinen Freunden, weil ich mich nach der Schule immer gleich absentierte (wie Chris es ausdrückte).
    Ich zog um die Ecke – und legte eine Vollbremsung ein. Keine fünf Meter von mir entfernt standen David und die Neue. Die gute Nachricht: Sie bemerkten mich nicht. Die schlechte Nachricht: Sie bemerkten mich nicht, weil sie vollkommen ineinander vertieft waren. Joe lachte laut. Allein um dieses Lachen beneidete ich sie schon. Es war tief und voll und schien direkt aus ihrem Vorbau zu kommen.
    Geschockt schob ich mein Fahrrad rückwärts um die Ecke. Ich hechtete auf den Sattel und raste die Straße hi­nunter. Dass mich ein Stück weiter unten eine viel befahrene Kreuzung erwartete, war mir in dem Moment durchaus recht. Ich war so wütend, frustriert und traurig, ein Auto konnte mir auch nichts Ärgeres mehr anhaben.
    Trotzdem bremste ich ganz knapp vor der Kreuzung. Liebeskranke Stalkerin okay, unverantwortliche Selbstmörderin nicht okay.
    Die letzten paar Quergassen bis zu unserer Wohnung schob ich das Fahrrad. Ein Schweißtropfen lief mir an der Wange hinab. Oder war es eine Träne? Nein, auf keinen Fall. Du heulst nicht, trichterte ich mir ein. Und Schweiß wäre bei den Temperaturen durchaus angebracht gewesen. Ende Mai hatten wir bereits ein Klima wie im Juli, sogar die Nächte waren schon sommerlich warm. Was zumindest unseren Projekttagen zugutekommen würde, wo wir im See schwimmen konnten und im Zelt übernachten sollten. Unsere Klasse fuhr in zwei Gruppen dahin, weil das Abenteuercamp für höchstens fünfzehn Teilnehmer ausgelegt war. Wir waren fünfundzwanzig Schüler in der Klasse und hatten die Aufteilung zum Glück untereinander ausmachen dürfen. Morgen früh ging es für die erste Gruppe, inklusive mir und meiner Clique, los.
    Ich hatte mich total darauf gefreut, weil ich eine Gelegenheit gewittert hatte, David näherzukommen. Doch jetzt durfte ich wohl hautnah miterleben, wie er und die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher