Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
London Boulevard - Kriminalroman

London Boulevard - Kriminalroman

Titel: London Boulevard - Kriminalroman
Autoren: Suhrkamp-Verlag <Berlin>
Vom Netzwerk:
ewig.
    Draußen vor dem Haus arbeitete Jordan im Garten. Ich sagte:
    »Sie können wohl alles, was?«
    Er sah auf, antwortete nicht. Ich ging zum BMW.
    Die Kratzer waren verschwunden. Jordan sagte:
    »Das konnte ich nicht mit ansehen.«
    »Haben Sie das selbst repariert?«
    »Ja.«
    »Verdammt, das ist phantastisch.«
    »Mr. Mitchell, wie immer übertreiben Sie in der Beschreibung dessen, was ohnehin auf der Hand liegt.«
    Für meine Hochzeitspläne brauchte ich eine Geburtsurkunde und Eier in der Hose. Ersteres hatte ich, Letzteres hoffte ich ebenfalls zu besitzen. Zu dem Treffen mit Jeff zog ich die Gucci-Jacke an, überlegte, ob ich die Waffe einstecken sollte, entschied mich aber dagegen. Den BMW ließ ich stehen. Im Südosten würde der sekundenschnell geknackt werden. Ich winkte ein Taxi heran und sagte zum Fahrer:
    »Das Charlie am Elephant and Castle.«
    Eine Weile lang sagte er gar nichts, dann:
    »Wissen Sie, warum die Kneipe so heißt?«
    »Ich habe das Gefühl, Sie werden es mir gleich verraten.«
    »Weil Charlie Chaplin die Straße runter in Kennington geboren wurde.«
    Ich antwortete nicht, um ihn nicht zu ermutigen. Unverdrossen fragte er trotzdem weiter:
    »Wissen Sie, wer da noch wohnt?«
    »Nein.«
    »Greta Scacchi!«
    »Na so was.«
    Wir kamen an, ich bezahlte, sagte:
    »Sie sollten bei Wer wird Millionär mitmachen.«
    »Soll ich warten.«
    »Danke, nein.«
    Er gab mir seine Karte, sagte:
    »Rufen Sie mich jederzeit an.«
    Ich hatte sie schon in kleine Stücke zerrissen, bevor ich das Pub betrat.
    Jeff saß an der Bar, ein Guinness in der Hand.
    Ich sagte: »Wartest du schon lange?«
    »Nein.«
    »Was gibt’s, Jeff?«
    Er atmete tief durch, sagte:
    »Dieser Typ, Kerrkovian, ist verschwunden.«
    »Umso besser.«
    »Nichts dagegen, aber der Junge ist auch weg.«
    »Der Junge?«
    »Der Punk, auf den du so sauer warst.«
    »Und?«
    »Und der hat mit Kerrkovian rumgehangen.«
    Ich nahm einen Schluck, drehte eine Zigarette, sagte:
    »Spuck’s aus.«
    »Hast du was damit zu tun?«
    »Nein.«
    Er trank sein Glas in einem Zug leer, stand auf, sagte:
    »Der Junge war bei den Leuten beliebt; es heißt, du hast ihn kaltgemacht.«
    »Blödsinn.«
    »Die Sache ist die, Mitch, wenn du deine Schwester beerdigt hast, hältst du dich besser aus dem Südosten fern.«
    Ich brauchte einen Augenblick, um es zu kapieren, dann sagte ich:
    »Willst du mir drohen?«
    »Ich überbringe nur eine Botschaft.«
    Kam mir vor, als müsste ich mir den ganzen Tag nur Scheiße anhören. Ich sagte:
    »Und das ist meine Antwort.«
    Ich holte aus, traf ihn unterm Kinn. Er krachte gegen den Tresen. Ich machte auf dem Absatz kehrt, ging raus.
    Kein Taxi in Sicht. Halb überlegte ich, ob ich die Schnipsel der Karte nicht wieder zusammensetzen sollte.
    Am nächsten Morgen schmerzte meine rechte Hand wie Sau. Die Knöchel waren blau und geschwollen. Ich badete und desinfizierte sie.
    Hat’s gebrannt?
    Scheiße, und wie. Ich ließ das Desinfektionsmittel fallen, legte meinen Kopf in den Nacken und jaulte wie ein Schlosshund.
    Zog meinen Anzug an und warf einen Blick in den Spiegel. Sah aus wie ein Mafiagangster aus der zweiten Liga. Ein Mitläufer ohne Kontakte.
    Ging runter in die Küche, es roch sehr gut. Jordan stand am Herd, fragte:
    »Hunger?«
    »Wie ein Wolf.«
    Ich zog einen Stuhl ran, und er schenkte mir kochend heißen Kaffee ein.
    Der Duft war wundervoll. Ich fürchtete mich fast, ihn zu kosten. Da war schwer ranzukommen. Er setzte mir einen Teller vor. Beidseitig gebratene Spiegeleier mit knusprigem Speck. Nahm eine Ecke davon mit dick gebuttertem Toast und biss rein. Oh Mann, schmeckte nach der Kindheit, die niemand je hatte. Jordan setzte sich, machte sich über seinen Teller her. Er aß wie ein Dämon, als würde ein unersättliches Feuer in ihm lodern. Er war schnell fertig. Ich sagte:
    »Mann, das haben Sie wohl gebraucht.«
    Er nickte kühl. Ich setzte hinzu:
    »Sie sind eher kein Morgenmensch, stimmt’s?«
    »Ich habe viel zu tun.«
    Er stand auf, ging an eine Schublade, nahm einen dicken Umschlag heraus, sagte:
    »Sie haben Ihren Lohn nicht abgeholt.«
    »Was?«
    »Sie stehen immer noch auf unserer Gehaltsliste.«
    Dann sah er mich an, langsam, fragte:
    »Es sei denn, Sie denken an Kündigung?«
    Kurz schoss mir durch den Kopf, ob ich ihm sagen sollte, dass ich raus sei. Stattdessen erwiderte ich:
    »Natürlich nicht.«
    Als er die Teller abräumte, sagte er:
    »Madame und ich werden nächsten Freitag den ganzen Tag
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher