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Lied der Wale

Lied der Wale

Titel: Lied der Wale
Autoren: D Thomas
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Publikum klatschte, als Dr. Redcliff auf die Bühne trat, sie kannten das witzige, rotgelockte Kerlchen aus vielen Lettermann- und Leno-Talkshows. Der Mann war das Ass im Spiel, ein richtiger Entertainer, der vor allem in der Lage war, etwas über die Riesen der Meere zu erzählen, ohne dass die Zuschauer gleich wegzappten. Der Zoologe arbeitete sich geschickt in einen vorbestimmten Dialog mit David ein, der dann zur Einspielung der Videosequenz mit Ketan führen sollte, als es dem Moderator zu bunt wurde.
    »Warum kaufen Sie kein neues Schiff? Sie waren doch über Jahre hinweg einer der erfolgreichsten Broker an der Wall Street?!«
    David lächelte. »Erfolg dort und das damit verbundene Geld sind flüchtiger als Gas. Ich habe damals alles, was ich noch hatte, in die ›SeaSpirit‹ gesteckt, und sie liegt ...«
    Weiter kam er nicht. Der Moderator knüpfte an eine Frage des vorherigen, noch immer anwesenden Gastes an, CEO einer großen Bank, der gegen den Euro wetterte und David McGregor als gescheitertes Finanzgenie von oben herab behandelte, und riss das Gespräch an sich. Diesmal endgültig, denn ganz gleich, wie David sich bemühte, wieder auf die Wale zu kommen, alle an ihn gestellten Fragen galten nur noch seinem Wall-Street-Debakelund den damaligen Konsequenzen für die Wirtschaft. Die Zeit reichte nicht mehr, um die Bilder von Ketan zu zeigen, und das Banner mit dem Spendenaufruf kam gerade, als der Banker die Frechheit besaß, David vorzuwerfen, dass er sich nicht an der Diskussion beteiligte.
    Schlichtweg ein Fiasko. Allerdings nicht für Phil, die Quote war unter den monatsbesten. David nahm es stoisch. Leah solle sich nicht grämen, er habe nichts anderes erwartet.
    Das gescheiterte Interview fand ansonsten keinerlei Resonanz. Dass kaum ein paar hundert Dollar an Spenden zusammengekommen waren, auch nicht.
    Dann geschah das Wunder.
    D ie Videobilder von der Versenkung der »SeaSpirit« waren bis nach Japan gedrungen, wo sie von einer mächtigen Anti-Walfang-Lobby in Osaka aufgegriffen wurden, die den Kapitän der »Hikari« ausfindig machte. Er stellte sich der Presse und gab öffentlich bekannt, dass er unmittelbar nach seiner Rückkehr in die Heimat in aller Stille sein Kapitänspatent niedergelegt hatte und nicht mehr auf der Gehaltsliste der Mauritius Fishery Enterprises stand. Leah stieß bei ihrer täglichen Internetrecherche zur »Hikari« darauf. Natürlich erschien der achtspaltige Artikel in einer lokalen Zeitung auf Japanisch, sodass sie eine Nachbarin bitten musste, ihn zu übersetzen.
    Dass sie jetzt den Namen des dazugehörigen Unternehmens kannte, war schon ein Erfolg. Susans Bekanntem bei der Coast Guard gelang es mit dieser Information, das Spinnennetzgeflecht zur nächsten Firma zu verfolgen, die der Mauritius Fishery gehörte, und von dort zu weiteren Unternehmen, die diese wiederum besaß. Knappe zwölf Stationen weiter rund um den Globus fand er schließlich das Herz der Hydra.
    M einst du Nein-vielleicht? Oder Nein-anders? Weniger heftig, wenn du drauf bestehst, ich bin bereit, Kompromisse zu machen.« Leah war keinesfalls gewillt, die Diskussion so schnell zu beenden.
    »Ich meine Nein-nein«, murrte Geoffrey, verärgert über den Zwei-Meter-Putt, der das Ziel um Meilen verfehlte.
    »Versteh ich das richtig? Es wird in deiner Zeitung kein Artikel mehr über meine Wale erscheinen?«
    »Genau. Jetzt hast du’s.«
    »Ich glaube kaum, dass das eine schlaue Entscheidung ist, Geoffrey. Wir rufen zu Spenden auf, da draußen gibt es eine Lobby, die größte Sympathien für die Walschützer hegt, die Leute werden uns lieben – wir brauchen doch neue Abonnenten, ich bring sie dir!« Leahs Stimme glich dem Fauchen einer Raubkatze, und Geoffrey kannte die Nuancen nur zu gut. Es war das Geräusch vor dem Sprung.
    »Leah, du kannst keinen Frontalangriff auf die gesamte Fisch verarbeitende Industrie starten. Ich möchte dich daran erinnern, dass ein Großteil unseres Anzeigenkontingents derzeit von eben jener Industrie gebucht wird. Auf die paar Abos von deinen Walfreaks kann ich gerne verzichten. Tut mir leid für deinen König der Fische, aber deine journalistischen Leistungen waren schon besser.«
    »Und bevor du dich mit dem König der Fischer eingelassen hast, war dies eine unabhängige Zeitung!«
    »Ich glaube, du überspannst den Bogen ein wenig.«
    »Es ist FishGoods! Die ›Hikari‹ gehört praktisch FishGoods, und FishGoods will in spätestens einem halben Jahr an die N. Y. Stock
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