Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lied der Wale

Lied der Wale

Titel: Lied der Wale
Autoren: D Thomas
Vom Netzwerk:
ranghöherer Dienstgrad den Geist der Menschen beflügeln konnte. Besonders wenn es darum ging, das Gerücht zu zerstreuen, die Erdkruste in China wäre nicht das Einzige, auf das die Sensoren aus dem All gerichtet seien.
    Und trotzdem hieß es plötzlich, »die netten Jungs, die seitenweise bei uns inserieren, um ihre netten Produkte zu verkaufen«, seien sich uneins darüber, ob man überhaupt über das Thema berichtensollte. So weit war es mit der hochgelobten Pressefreiheit gekommen.
    Geoffrey, ein Meister im Ignorieren von Anspielungen, überging Leahs sarkastischen Kommentar und wandte sich an Madeleine: »Ist dir David McGregor ein Begriff?«
    Die Frage klang beiläufig, und der Dackelblick, den er dabei aufsetzte, diente einzig und allein dazu, die Harmlosigkeit seiner Worte zu unterstreichen. Was ihm nicht ganz gelang.
    Leah fiel beinahe die Tasse aus der Hand, als sie McGregors Namen hörte, eine Reaktion, deren Heftigkeit selbst Geoffrey verblüffte. Sie war blass geworden. Für einen kurzen Moment stand ihr McGregor deutlich vor Augen, sein intensiver Blick, sein schelmisches Lächeln, sogar die feingliedrigen Hände, mit denen er sich gelegentlich durchs Haar strich.
    »McGregor, der Wall-Street-Guru?«, fragte Madeleine.
    »McGregor, der Walretter – aber ja, ein und derselbe. Wir haben einen Tipp bekommen, er hat anscheinend Dreck am Stecken, veruntreut angeblich Spendengelder und so’n Zeug.« Geoffrey genoss es sichtlich, Leah zappeln zu sehen.
    Leah konnte sich nicht länger beherrschen: »Von wem kommt der Tipp?«
    Ha, nur zwei Sätze, und sie hatte bereits angebissen. Geoffrey hatte große Mühe, sich den Triumph nicht anmerken zu lassen. Jetzt bloß keinen Fehler machen! Also ignorierte er sie geflissentlich weiter und sagte zu Madeleine: »Ich möchte, dass du der Sache nachgehst, könnte ’ne heiße Story werden – «
    »Hey, Mister, ich hab dich was gefragt!«, unterbrach ihn Leah sauer. Doch ohne sie eines Blickes zu würdigen, begab sich Geoffrey zurück auf den Weg in sein Allerheiligstes.
    »Und, Madeleine, wo auch immer du gerade dran bist: Gib’s jemand anderem und ab geht’s.« Damit verschwand er in seinem Büro. Es gab wohl keinen, der es besser verstanden hätte,einen so auflaufen zu lassen. Aber dieses Mal hatte er die Grenze eindeutig überschritten. Leah sprang von ihrem Stuhl auf und stürzte Geoffrey hinterher.
    Der ließ die Tür zwar ins Schloss fallen, blieb jedoch direkt daneben stehen und wartete. Als er ihren stampfenden Schritt vernahm, riss er die Tür auf und Leah stolperte an ihm vorbei, mit hochrotem Kopf und durchaus in der Stimmung, alles, was sich ihr in den Weg stellte, niederzutrampeln.
    »Wie kannst du es wagen, mich so vor meinen Leuten bloßzustellen?! Was zum Kuckuck glaubst du eigentlich, wer du bist?!«
    »Dein Boss, Leah, ich bin hier der King, ich mach, was ich will, hab freie Hand ... Hab ich schon erwähnt, dass ich der Boss bin? Egal – wenn es dir nicht passt: Adios.«
    »Adios? O. k., dann feure mich! Zeig, dass du den Mumm dazu hast!«
    »Damit du ’ne Abfindung kriegst? Vergiss es.«
    »Was willst du dann? Was für ein Spiel ist das hier?! Ich stelle nett eine Frage, du ignorierst sie, ich frag noch mal, du ...«
    »Wer motzt hier seit einer Woche, wer antwortet nicht auf meine E-Mails?«
    »Du gibst Madeleine so eine Story?! Das ist mein Ressort!«
    »Was hab ich gesagt?« Geoffrey grinste über Leahs Schulter Madeleine zu, die nun auch in der Tür stand. »Sie wird anbeißen.«
    »Du mieser kleiner Pygmäe – das war Absicht, ihr wolltet mich nur in dein Büro locken?! Zu dir komm ich noch«, zischte sie Madeleine zu, bevor sie an ihr vorbeirauschte und die Tür zuknallte, »na warte!«
    »Kleiner Pygmäe lass ich nicht gelten«, rief Geoffrey ihr hinterher, »kleiner Pygmäe ist eine Tautologie. Ganz schön ärmlich für eine Topjournalistin.«
    Keine fünf Minuten später hatte sich die Stimmung beruhigt. Während Geoffrey damit beschäftigt war, einen Platz für seine neue Golftrophäe zu finden – es war ihm endlich gelungen, Richardson von der ›Post‹ in seine Schranken zu verweisen –, thronte Leah auf seinem Sessel, ließ sich gnädig von Madeleine den Rücken massieren und scrollte durch die McGregor-Datei auf dem Bildschirm. Bereits als Leah seinen Namen vernommen hatte, wusste sie, dass sie am Haken hing.
    »Es gibt wirklich keinen, der so ein mieses Gefühl für Timing hat wie du. Verdammt noch mal, klar interessiert es
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher