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Die Edda - Die Edda

Titel: Die Edda - Die Edda
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Vorwort

1. Die Edda: Voraussetzungen
    Als im Jahre 1912 mit der »Heldendichtung« der erste Band der Edda -Übersetzung von Felix Genzmer erschien, bedeutete dies in zweifacher Hinsicht ein wichtiges Ereignis. Zum ersten Mal war es einer deutschen Edda-Übersetzung gelungen, nicht nur den Wortlaut des Urtextes ins Deutsche zu übertragen, sondern etwas von Geist und Atmosphäre der altnordischen Vorlagen lebendig werden zu lassen. Außerdem aber bildete diese Ausgabe den ersten Band einer neuen Reihe, die unter dem Namen »Sammlung Thule« in den folgenden Jahren bis 1930 auf 24 Bände und einen Einleitungsband anwachsen sollte. Es war und ist noch heute die umfangreichste Sammlung von Übersetzungen altnordischer Literatur.
    1920 folgte der zweite Band der Edda -Übersetzung mit der Götter- und Spruchdichtung, und auch danach bis zu seinem Tod im Jahre 1959 hat Felix Genzmer an der Übersetzung der Edda gearbeitet, ständig bemüht, seinen Text dem Altnordischen weiter anzunähern, Bedeutungsnuancen genauer wiederzugeben oder dem Rhythmus der Vorlage noch enger zu folgen, als er es schon in der ersten Auflage getan hatte. Vor allem aber spiegeln sich in den von Auflage zu Auflage zu beobachtenden Veränderungen auch die unterschiedlichen wissenschaftlichen Bewertungen der Edda selbst wider.

    Mit dem Begriff Edda verbindet man oft die Vorstellung von Dichtungen, die in eine graue germanische Vorzeit zurückreichen, von urtümlichen Heldenliedern, alten, germanischen Mythen oder von geheimnisvollem Wissen. Solche Vorstellungen führen jedoch in die Irre. Zunächst muß man die Edda-Lieder als Schöpfungen des Hochmittelalters betrachten, und erst in zweiter Linie kann man untersuchen, wieweit ihre Stoffe oder ihre Formen oder auch ihre geistige Haltung weiter zurückreichen und Vorstellungen viel früherer Epochen wiedergeben. Denn unter dem Namen Edda faßt man Dichtungen zusammen, die vor allem im 13. Jahrhundert in Island niedergeschrieben worden sind, also zu einer Zeit, als die Bewohner der Insel seit mehr als zwei Jahrhunderten Christen waren und gewiß nicht mehr einfach an die alten heidnischen Götter des Nordens glaubten. Dabei ist der Name Edda selbst erklärungsbedürftig, denn zu Recht kommt er nur einem großen poetologischen Handbuch von Snorri Sturluson (1178/79-1241) zu, das gewöhnlich als Jüngere Edda bezeichnet wird (vgl. Sammlung Thule, Bd. 20). - Eine Handschrift dieses Werkes enthält die Überschrift: »Dieses Buch heißt Edda, Snorre Sturlas Sohn hat es zusammengesetzt, so wie es hier geordnet ist«, und damit gehört die Handschrift zu den wenigen altnordischen, in denen ein Verfassername angegeben wird. Allerdings ist die Bedeutung des Namens Edda nicht gesichert: möglicherweise bezieht er sich auf den Ort Oddi in Südwestisland, an dem Snorri erzogen wurde; dann würde der Name »Buch von Oddi« bedeuten. Vielleicht - so meinte man vor allem in früherer Zeit und vereinzelt auch noch heute - ist es zu einem altnordischen Wort edda, »Urgroßmutter«, zu stellen. Der Name kann aber auch zu einem Wort óðr , »Gesang, Dichtung«, gehören und seine eigentliche Bedeutung wäre dann einfach »Buch von der Dichtung, Poetik«.

    Snorri hatte versucht, die Dichter der Zeit, die Skalden, mit dem Rüstzeug für die Kunst der Skaldendichtung vertraut zu machen, mit den Metren, den für die Skaldik charakteristischen metaphorischen Umschreibungen, den kenningar (Singular f. kenning) und den zum Verständnis der Kenningar erforderlichen Mythen und Heldensagen. So folgt in seinem Buch auf den ersten Teil mit dem Titel Gylfaginning, »Verblendung des Gylfi«, in dem Snorri eine zusammenfassende Darstellung der heidnischen Mythologie des Nordens gibt, ein zweiter Teil, Skáldskaparmál, »Dichtersprache«, mit einer systematischen Behandlung des Kenning-Systems, und endlich das Mustergedicht Háttatal, »Metren-Verzeichnis«, in dem alle Skaldenmetren verwendet und interpretiert werden. Vor allem im ersten Teil, Gylfaginning, benutzt Snorri zu seiner Schilderung des ganzen kosmologischen Ablaufs von der Entstehung der Welt bis zu ihrem Untergang zahlreiche Strophen aus Liedern, deren Namen er häufig nennt, von denen man aber lange Zeit nichts wußte. Snorris Edda blieb in Island auch in den folgenden Jahrhunderten bekannt und wurde in mehreren Handschriften verbreitet. Wegen der Zitate im ersten Teil meinte man aber, es müßte noch ein älteres Werk geben, aus dem Snorri diese Strophen entnommen
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