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Lied der Wale

Lied der Wale

Titel: Lied der Wale
Autoren: D Thomas
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tausendmal größer als unseres, Steve, der Vergleich zu deinem sprengt schon die Skala.«
    Steve nickte geduldig, er war Masaos Spott gewohnt. »Mag sein, aber in Relation zur Körpergröße sieht’s anders aus.«
    »Nicht bei den Kleinwalen.«
    »O. k., da ist es eben genauso wie bei uns. Und?«
    Masao blickte gen Himmel, der Mann wollte es einfach nicht kapieren. »Eben. Wie bei uns! Abgesehen von der schlichten Tatsache, dass deren Gehirne schon seit Jahrmillionen so komplex sind und unsere erst seit schlappen vierzigtausend Jahren!« Mann, war Steve ein Spießer.
    David klopfte den beiden wohlwollend auf die Schulter und schob Steve in Richtung Computerraum. Es brachte nichts, schon am frühen Morgen zu streiten, vor allem, wenn man nichts im Magen hatte.
    Govind, der pummelige indische Computercrack, hatte es sich dort vor mehreren Monitoren bequem gemacht, seine Finger hämmerten mit der Sicherheit des Meisters über die Tasten – er wirkte, als wäre er mit dem Rechner verwachsen. Auf dem größten Bildschirm war eine Karte des Pazifiks zu sehen, in verschiedenen Quadranten blinkten hier und da etwa vier Dutzend Punkte.
    »Also, wie sieht’s aus?«, wollte David wissen, der mit Steve gerade den Raum betrat.
    »Beep-beep-beep«, schnarrte Govind lakonisch.
    David warf einen Blick auf den zweiten Monitor. »Wo ist Ketan?«
    Govind deutete auf den blinkenden Punkt mit der Nummer 01, ohne dass seine übrigen Finger aufgehört hätten, die Tastatur zu bearbeiten.
    Neben dem Bedürfnis nach Schlaf gab es für Govind fast nur einen Grund, seine Tätigkeit hier zu unterbrechen, und der trat ein, wenn Mareks Glocke zum Essen rief. Leider viel zu selten, wie Govind immer wieder beanstanden musste. Deshalb begannen sich seine Nasenflügel auch sofort zu weiten, als Marek mit einem Tablett durch die Tür polterte, denn aus dem Duft war unschwer zu schließen, dass Stärkung in Form von Omelett, Sandwiches und heißem Kaffee nahte. Ausgerechnet zwischen Govind und David musste Marek das Ganze platzieren: »Frühstück.«
    Reflexartig begab sich die Hand des Inders auf den Weg, um seiner zweitwichtigster Beschäftigung nachzugehen. Allerdings wurde er darin von Marek barsch unterbrochen, der ihm auf die Finger klatschte. »Nicht für dich, Fresssack.«
    Zustände waren das! Widerwillig und deutlich schlechter gelaunt versuchte Govind die Verlockung zu ignorieren, während David verfolgte, wie sich Punkt 01 weiter vom Schiff entfernte. »Bon voyage, alter Freund.«
    Govind entging nicht, wie Steve dabei abfällig die Augen verdrehte. »Falls jetzt wieder eure kleine ›Diskussionsrunde‹ anfängt, verschont mich damit«, zeterte er in Steves Richtung. Nicht, dass er wie Masao ein Fanatiker war, was Davids Theorien anbetraf, aber noch weniger gehörte er zu Steves Fanklub. Niemand gehörte zu Steves Fanklub. Nicht mal Steve selbst. Ermochte sich auch nicht besonders in seiner Rolle, aber irgendeiner war ja wohl verpflichtet, den Sponsoren gegenüber eine Bastion der Glaubwürdigkeit darzustellen. Wale sollten gerettet werden, basta. Der Rest war Wunschdenken, Eso-Kram, dem jede wissenschaftliche Grundlage fehlte.
    »Du willst das doch nicht alles alleine essen?«, flachste Govind und sah David an, der gerade dabei war, in ein Sandwich zu beißen.
    Auf der Stelle reichte David es an Govind weiter, starrte auf neu eintreffende Daten auf dem Monitor und tippte mit der Maus auf Nummer 01. Govind warf Marek einen triumphierenden Blick zu, dann biss er genüsslich in die köstliche Mischung aus Brot, Käse, getrockneten Tomaten, Alfalfa-Sprossen und Mayonnaise.
    Marek platzte der Kragen. »Wie ein Haifisch, nie satt. Und genauso dumm ... dümmer«, entfuhr es ihm.
    »Einhundertsiebenundvierzig Millionen Russen, David ... warum musstest du gerade den da an Bord nehmen?« Govinds gespielt gelangweilter Ton verfehlte selten seine Wirkung auf den armen Marek.
    »Pole! Ich heiße Polanski! Wie Regisseur! All der scharfe Curry hat Löcher in deinen Kopf geschmort, klingt Polanski nach russischem Namen?«
    Marek war zwar durchaus bewusst, wie wichtig Govinds Tätigkeit für ihre Arbeit war, trotzdem konnte er an die Decke gehen, wenn er daran dachte, mit welchem Tempo der Inder in wenigen Tagen ihre gesamten Vorräte vernichtet haben würde. Ein Heuschreckenschwarm war ein Dreck dagegen.
    Auf dem Monitor tauchten unter Punkt 01 neue Messdaten auf; dem schnell steigenden Wasserdruck war zu entnehmen, dass Ketan immer noch tauchte,
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