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Liebesbisse

Liebesbisse

Titel: Liebesbisse
Autoren: Claire Castillon
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hat es auch gelesen.
    Schon wieder das Handy! Mach es aus, hast du nicht die Hinweisschilder gesehen? Wir sind doch hier nicht auf der Post! Gehst du nicht ran? Warum gehst du nicht ran? Vielleicht sind es die Kinder. Eine SMS – was ist das? Ach so, diese Kurzmitteilungen. Zeig mal. Was? Falsch verbunden? Und was steht da? Nichts? Jetzt zeig schon! Warum löschst du sie? Sie war nicht für dich? Wie ist das möglich? Hast du die falsche Taste gedrückt? Ein doppelter Fehler also?
    Jetzt iss schon dein Sandwich, tu mir den Gefallen. Willst du Wasser? Ja, ja. Trink. Anderthalb Liter am Tag, das weißt du doch. Warum muss ich es dir immer wieder sagen? Zu dumm, wenn man sich überlegt, dass wir auch nebeneinander sitzen könnten! Meinst du, jemand setzt sich hier hin? Der Zug hält nur noch einmal, bevor wir aussteigen. Iss. Für Ostern organisieren wir etwas zu Hause, das reicht dann vorerst, ich habe den Kindern vorgeschlagen zu kommen, aber wir werden auch Freunde einladen. Darauf hätte ich Lust. Du nicht? Etwa zehn Leute. Sie können bei uns schlafen. Am nächsten Tag mache ich dann einen Brunch. Ich könnte Poupettes Sohn um Hilfe bitten. Wenn er sich bis dahin nicht umgebracht hat. Weißt du denn nicht, was er letzte Woche herausgefunden hat?
    Schon wieder auf die Toilette? Bist du krank? Vielleicht habe ich irgendein Mittelchen dagegen in meiner Tasche. Reich sie mir herunter, ich werde nachsehen.
    Nein. Nichts ist gut. Alles ist schlecht. Zwei Stunden Fahrt, und du warst fünfmal auf der Toilette. Das ist nicht normal. Letzte Woche warst du angespannt, das kommt sicherlich daher.
    Ich hoffe, du setzt dich nicht. Aber nein? Nicht auf die Schüssel – auf die Brille! Du setzt dich doch nicht direkt auf die Brille? Was – »pst«? Im Zug ist sie schmutzig. Man muss sich hinhocken, man darf sich nicht darauf setzen. Hier, iss ein wenig Kompott, das hilft, wenn du dich voll fühlst. Du musst wieder zu Kräften kommen, du bist geschwächt. Ach, dein Ding da ist wirklich nervtötend! Wenn es nicht klingelt, vibriert es. Schalte es endlich aus, damit das aufhört! Was tippst du denn da? Du schreibst eine SMS? An wen? Warum drückst du dann die Tasten, wenn du an niemanden schreibst?
    Und wenn ich mich einfach neben dich setze? Wenn jemand kommt, tue ich so, als würde ich schlafen. Du wirst versuchen, mich zu wecken, aber ich werde mich nicht rühren. Das ist alles, was wir tun müssen.
     
    Schläfst du? Schläfst du nicht? Manche Frauen haben wirklich einen Knall. Du musst nur mal diesen Artikel lesen, er richtet sich an Leserinnen mit einem gewissen Niveau. An anspruchsvolle Frauen, heißt es – aber sieh dir nur mal die hier an! Als ihr Mann mit über fünfzig Jahren die Enkelin bittet, ihm zu zeigen, wie man eine SMS schreibt, begreift sie, dass er fremdgeht. Hat dir eigentlich Maureen gezeigt, wie das geht? Ich werde mich nie an diesen Namen gewöhnen. Was ist nur in unseren Sohn gefahren, so eine gewöhnliche Frau zu heiraten?
    Maureen kommt am Dienstag zu uns, ich freue mich. Nachdem du jetzt weißt, wie man eine SMS schreibt, verschickt und löscht, kannst du sie ja fragen, wie man verhindert, dass man fälschlicherweise eine bekommt.

Alles egal
    Alle fragten sich, ob es am Essen lag. Die Cousine rief die anderen Gäste an, um zu hören, ob sie noch sehen konnten. Sie fürchtete, ich hätte ein Gewürz nicht vertragen, vielleicht das Curry. Sie meint, es seien die Chutneys gewesen, vor allem dieses superraffinierte Zucchini-Chutney, das sie für teures Geld in einem Feinkostgeschäft gekauft hat. Sie ist sich ganz sicher. Sie erinnert sich, dass ihr übel war. Am frühen Morgen ist damit nicht zu spaßen; als sie aufstand, war ihr schwindlig. Doch sie hat Wasser getrunken, dann ging es vorüber. Du hast dir die Netzhaut verbrannt, sagte mein Mann, als hätte ich eine Sünde begangen, ich habe gesehen, wie du direkt in die Sonne geblickt hast.
     
    Der Arzt weiß, was ich habe. Sie wollen ihn nicht mehr sehen, sagt er. Er spricht von meinem Mann. Ich gebe ihm recht. Vielleicht werde ich ihn eines Tages wieder sehen, wenn ich Lust dazu habe. Meine Blindheit ist in meinem Kopf, ein Zeichen von Gleichgültigkeit, und, wie mein Mann sagt, es ist besser, sich das anzuhören, als taub zu sein.
     
    Aber da bin ich mir nicht sicher – denn seit ich nichts mehr sehe, habe ich den Eindruck, besser zu hören. Also lausche ich ihm, dem Ungeheuer mit den Fliegen in der Stimme, mit den Kränkungen im Hals. Er hat
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