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Queenig und spleenig - Wie die Englaender ticken

Queenig und spleenig - Wie die Englaender ticken

Titel: Queenig und spleenig - Wie die Englaender ticken
Autoren: Nina Puri
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Geographie
    Der grimmige Norden, der affige Süden, das richtige und falsche London und das zweitrangige Gekröse drum herum.

    Wie heißt dieses merkwürdig geformte, vom Regen gebeutelte Archipel in der Nordsee eigentlich richtig: England? Oder Blighty , wie manche ältere Einheimische liebevoll sagen? Vielleicht auch Albion, wie noch ältere, nämlich antike Einheimische seinerzeit sagten? Oder wie steht’s mit Röjalmöniek? Britannien? Großbritannien? Vereinigtes Königreich von Großbritannien? Vereinigtes Königreich von Großbritannien und Nordirland? Selbst die Einwohner des lustigen Lands jenseits des Ärmelkanals scheinen nicht so ganz genau zu wissen welche Version die korrekte ist. Dieser allgemeinen Unsicherheit ist es vielleicht zu verdanken, dass der Inselstaat der einzige Staat der Welt ist, der den Namen vorsichtshalber nicht auf seinen Briefmarken trägt.
    Um es also hier ein für allemal zu klären: Das Land, das hier gemeint ist, heißt staatlich beglaubigt und vereidigt Vereinigtes Königreich von Großbritannien und Nordirland . Ja, das ist ein ganz schöner Bandwurm, offiziell sogar der längste Ländername der Welt. Zum Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland (man kann es gar nicht oft genug sagen) gehören die Landesteile England, Wales, Schottland und Nordirland. Während viele Deutschen aus Unwissenheit England zur gesamten britischen Insel sagen – was in etwa so ist, als würde man Bayern zu ganz Deutschland sagen – finden einige Engländer durchaus, dass Wales, Schottland und Nordirland im Grunde nur zweitrangiges Gekröse am Rand des größten Landesteils namens England sind. Wogegen wiederum Schotten, Nordiren und Waliser ein klein wenig empfindlich reagieren, wenn man sie unter dem Oberbegriff Engländer in einen Topf schmeißt. In diesem Buch jedenfalls geht es ausschließlich um diesen kleinen Landesteil – England. Alles klar?
    England ist unterteilt in 40 Grafschaften, die wiederum in 81 Verwaltungsbezirke aufgeteilt sind. Findet man in einem Ort eine Kathedrale vor, handelt es sich in der Regel um eine city . Gibt es dagegen nur eine Kirche, einen Pub, eine Schule, eine Einkaufszone mit Filialen von Boots, WHSmiths und Greggs the Baker, einen Ententeich und einen asiatischen Cornershop, in dem man auch nachts um zwei überteuerte und lebensnotwendige basics wie Bier, Pringle-Chips, abgelaufene Schokolade, Zigaretten und pornographisches Material bekommt – dann handelt es sich um eine ganz gewöhnliche town .
    Die mit Abstand größte City und Metropol-Region in England ist London. Ein Viertel der 50 Millionen Menschen in England lebt hier – wobei sowohl die eleganten Nordlondoner als auch die hippen Südlondoner jeweils glauben, dass nur sie im richtigen London wohnen, das praktischerweise durch die Themse vom falschen London abgeteilt ist. Ein weiteres Viertel behauptet, „am Rand“ von London zu wohnen und wieder ein weiteres Viertel schwört Stein und Bein, dass es mit der tube wirklich nur 20 Minuten braucht, um im Zentrum Londons zu sein.
    Soweit die Südengländer wissen, wohnt nördlich von London im grim north – auf Deutsch: im „grimmigen Norden“ – wirklich kein Mensch. Außer vielleicht ein paar haarigen, stumpfen, leicht zurückgebliebenen Brei-Essern. Im Norden Englands wiederum schüttelt man den Kopf über die sowohl affigen als auch windigen Südengländer, die den ganzen Tag in der Sonne liegen. Die Bewohner Londons wissen in der Regel gar nicht, dass überhaupt Lebensformen außerhalb Londons existieren. Genauso wie die Berliner zwar immer über Berlin meckern, gleichzeitig aber völlig sicher sind, dass man in Deutschland nirgendwo anders leben könne.
    Solch heitere Ignoranz hat bei Engländern auch in größerem Maßstab System. Obwohl große englische Entdecker wie Francis Drake, Walter Raleigh, James Cook oder Robert Scott bahnbrechende Erkenntnisse (so wie ein paar Zehen und Teile ihrer Ohren) über andere Kontinente, Menschen und Sitten hinterließen, ignorierten die Engländer stets standhaft, dass es jenseits des Ärmelkanals nennenswerte Nationen geben könnte. Schon Shakespeare schwärmte von der Einzigartigkeit Englands: „Dieses Juwel, in silbernes Meer gefasst, das als Mauer dient … gegen den Neid unglücklicherer Länder …“ Und niemand reagierte befremdet, als um 1900 eine Schlagzeile der Times titelte: „Nebel im Kanal – Kontinent abgeschnitten!“ In England leben zu dürfen bedeutet aus englischer
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