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Liebesbisse

Liebesbisse

Titel: Liebesbisse
Autoren: Claire Castillon
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an meinen Verein vermietet, und wenn wir dort hinfahren, reist die ganze Blindengruppe mit. Wir gehen spazieren, unterhalten uns, machen Feste, wir betrinken uns und fallen spät nachts ins Bett.

Unsere undankbaren Kinder
     
    »Sie haben es gesagt, sie haben es sogar versprochen: Es war nur für die Ferien. Hast du eine Ahnung, was passiert sein könnte?«
    »Keinen Schimmer.«
    »Durch solche Unannehmlichkeiten können wir schlagartig altern.«
    »Schlagartig, du sagst es.«
    »Geht es deinem Herzen gut?«
    »Sehr gut, mein Herz.«
    »Es stört sie, dass wir noch rüstig sind. Es ist nicht sehr nett, dass sie uns das Alter vermiesen.«
    »In sechsundvierzig Jahren Ehe haben wir uns nie gestritten und wenn, haben wir uns schnell wieder vertragen. Wenn es Probleme gibt, sind immer sie schuld. Ist dir das auch aufgefallen?«
    »Sie erzeugen Spannungen.«
    »Sie säen Zwietracht.«
    »Genau. Zwischen uns lief alles gut. Du hast gearbeitet, ich habe sie großgezogen …«
    »… ohne dich jemals zu beklagen oder zu bedauern, dass du deinen Beruf aufgegeben hast.«
    »Ganz genau. Wie du immer so schön sagtest: Reue ist Zeitverschwendung.«
    »Und ich hatte recht.«
    »Wir hatten vier Kinder, trotzdem hatten wir es doch schön. Wir zwei haben unser Leben genossen.«
    »Zum Glück! Denk nur an Quétel. Nie war sie zufrieden. Immer hatte sie Komplexe!«
    »Und nicht, weil man ihr die Brust abgenommen hat …«
    »Sie wollte es so. Wir haben unser Bestes getan, damit sie sich damit abfindet.«
    »Wir konnten ja nicht wissen, dass der Arzt ein Scharlatan ist. Damals gab es ja noch nicht so viele Schönheitschirurgen.«
    »Jeder kann mal einen Fehler machen. Ohne Brust kann man auch leben.«
    »Jedenfalls ist das nicht der einzige Vorwurf gewesen. Scheinbar habe ich sie nicht nach ihrem eigenen Rhythmus groß werden lassen. Mit zwölf Wochen feste Nahrung, mit zehn Monaten aufs Töpfchen, Einschulung ein Jahr früher, all das hat mich Zeit und Kraft gekostet, und dennoch ist es nicht okay! Wenn man die Entwicklung eines Kindes beschleunigt, bremst und blockiert man es fürs ganze Leben!«
    »Diese dumme Kuh mit ihren Theorien! Dabei war sie doch froh, dass sie nicht mehr zum Schwimmtraining musste.«
    »Ja. Ihre Inkontinenz hatte auch ihr Gutes. An unserer Brasilienreise meckert sie auch herum – daher hätte sie das steife Bein.«
    »Stimmt doch gar nicht! Dann kann sie ja auch gleich behaupten, dass sie wegen der vergessenen Schluckimpfung schiefe Zähne hat!«
    »Ich habe alles versucht, damit sie nicht am Daumen lutscht. Meint sie, es hätte uns Spaß gemacht, ihre Hände zu fesseln?«
    »Was tun wir, wenn sie nicht kommen?«
    »Sie haben sich nur verspätet, das ist alles, mach dir keine Sorgen.«
    »Sie könnten wenigstens anrufen.«
    »Wenn sie alles täten, was sie tun könnten …«
    »Jemand muss es ihnen sagen.«
    »Und wer? Ist es denn nicht komisch, dass keiner von ihnen verheiratet ist? Doch, Apôtre, aber er hat so eine schlechte Partie gemacht, dass es nicht zählt.«
    »Ich hätte von Clitorine und Endémence mehr Feingefühl erwartet. Ich bin ziemlich erstaunt.«
    »Dass ich nicht lache! Endémence ist noch schlimmer als Clitorine. Schon immer! Denk doch nur an Clitorines Diät – Endémence hat alles getan, damit sie ihre Fatburner nicht mehr schluckt.«
    »Und dabei waren diese Dinger alles andere als billig; doch du hast sie ihr immer wieder gekauft.«
    »Wir hatten wirklich kein Glück. Es war die Hölle, sie im Haus zu haben.«
    »Nach dem Fettabsaugen war es besser. Damit war sie sehr zufrieden. Auch wenn sie es niemals zugeben wird, denn danach hat sie schnell wieder alles zugenommen, was man ihr abgesaugt hatte. Dennoch war es für eine Weile leichter, mit ihr aus dem Haus zu gehen.«
    »Aber bitte red nicht wieder von dem, was danach kam!«
    »Sie aß für vier! Gut, dass wir sie eingesperrt haben. Du hattest doch kein schlechtes Gewissen, oder?«
    »Überhaupt nicht. Erinnerst du dich, wie sie die Tür angenagt hat? Und erst all die Möbel, die sie kaputt gemacht hat! Hätte Apôtre sich nicht geweigert, eine Zimmermannslehre zu machen, hätte uns das sehr geholfen.«
    »Und Clitorine – ein Strich in der Landschaft – hat alles erbrochen, was sie gegessen hat.«
    »Das war ein Theater!«
    »Das kann man wohl sagen! Ein Drama in fünf Akten! Kehlkopfkrebs mit zwanzig! Und was weiß ich noch was!«
    »Das hat sie nur getan, um mich zu nerven. Je mehr Mühe ich mir beim Kochen gemacht habe,
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