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Liebe und Völkermord

Liebe und Völkermord

Titel: Liebe und Völkermord
Autoren: Daniel Imran
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und Philoxenos gaben sich die Hände.
    „ Ich werde Euch niemals vergessen.“
    „ Wo werdet Ihr hingehen, mein Freund?“, fragte Philoxenos mit einem freundlichen Lächeln im Gesicht.
    „ Ich gehe zurück nach Mailand, in meine Heimat Italien. Ich werde den Menschen von Eurem tapferen Volk und vom Sieg des christlichen Glaubens erzählen. Vielleicht schreibe ich sogar ein Buch über all diese tragischen Ereignisse.“
    „ Übermittelt bitte Seiner Heiligkeit meine herzlichen Grüße. Ich wünsche Euch eine gute Heimreise. Geht mit Gott, mein Freund,“
    Zu seiner Überraschung sah Barsaumo plötzlich den kleinen Gabriel an der Eingangstür der linken Seite des Klosters auftauchen. Er setzte sich auf den Boden hin und weinte. Barsaumo schaute ihn mitleidsvoll an, doch setzte er sich in den Kopf, es sei besser, den Jungen zu ignorieren. Als er am Tor ankam, hielt er doch noch inne. Er wollte nur dem Jungen helfen. Er war neugierig, was geschehen war.
    So schlenderte er den Weg zurück, geradewegs auf den Jungen zu.
    „ Was ist geschehen?“, fragte Barsaumo den Jungen, ohne ihn anzugucken. Gabriel schaute kurz zu ihm auf, vergrub dann aber sofort wieder seinen Kopf in seinen Händen. Dann schaute er wieder auf. „Meine Mutter ist tot.“
    Barsaumo war geschockt. Jetzt schaute er Gabriel an. „Was?“
    „Und mein Vater ist ohne mich mit meinen Brüdern fortgegangen.“
    „ Wo ist deine Mutter?“
    „ Sie ist tot. Sie liegt dort in dem Zimmer.“
    „ In welchem Zimmer? Zeig es mir!“
    Gabriel führte ihn zu der Kammer.
    Als Barsaumo Martha tot auf dem Boden in der Ecke erblickte, war er schockiert. Jedoch empfand er nicht Mitleid für diese Frau. Er hatte sie nie geliebt und liebte sie jetzt auch nicht.
    Er streichelte den Kopf des Jungen mit seiner rechten Hand. Gabriel lehnte seinen Kopf an Barsaumos Hüfte an. Der Mann merkte, es behagte ihn, wie sich der kleine Junge an ihn schmiegte.
    Nun sah er doch noch einen Weg, den Jungen mit sich zu nehmen. Er würde ihm niemals die Wahrheit über seine Vergangenheit erzählen. Sein Sohn sollte niemals so werden wie er.
    Er streichelte den Rücken seines Sohnes. „Weine nicht mehr. Ich bin jetzt für dich da. Komm! Wir gehen.“
    Barsaumo drehte sich zur Tür um und ging vor. Gabriel wischte seine Tränen vom Gesicht weg, hörte auf zu weinen, und folgte ihm.
     
    Maria nahm den Eimer mit ihrer rechten Hand. Er umfasste sieben Liter Wasser. Obgleich sie keine muskulösen Arme hatte, schien es für sie ein Leichtes zu sein, solch einen schweren Eimer über mehrere Meter und über einen steilen Boden zu tragen. Sie schwitzte aus den Achselhöhlen.
    Ihr Leben mit Ali war nicht so verlaufen, wie sie es sich vorgestellt hatte. Sie hatten nach ihrer Vermählung durch den Imam Musa Ibrahim das verlassene Haus ihres Vaters bezogen.
    Ali blieb den ganzen Tag über bei seinen Eltern. Abends kam er nach Hause zu Maria. Er hatte stets Neuigkeiten über die Aramäer, über ihre Verfolgungen und ihre erfolgreichen Kämpfe gegen ihre Feinde. Sie jedoch wollte diese Geschichten nicht hören. So blieb sie im Unklaren über das Schicksal ihres Volkes. Und ihren Vater hielt sie für tot.
    In diesem Moment erinnerte sie sich an ihn. Jetzt, zur Mittagsstunde, kam er nach Hause und sie servierte ihm das von ihr zubereitete Mittagsessen. Sie hielt inne und wischte sich mit ihrer linken Hand die Tränen weg. Sie hörte seine Stimme. So sehr sehnte sie sich nach ihm. Wie gerne würde sie ihn jetzt noch einmal sehen, dachte sie.
    Sie setzte auf den Gehweg an und schritt nordwärts weiter, und nach einigen Schritten kam sie am Haus an. Und da hallte wieder die Stimme ihres Vaters in ihren Ohren wider. Abermals wischte sie sich die vielen Tränen weg.
    Sie öffnete die Tür. Und just, als sie sich umdrehte, um sie zu schließen, da stand ihr Vater vor der Tür. Sie schrie kurz auf und ließ den Eimer aus ihrer Hand fallen. Das konnte nicht ihr Vater sein, dachte sie. Das müsste ein Geist sein.
    „Maria, mein Schatz. Ich bin wieder zurück.“
    Er hatte sich verändert in ihren Augen. Sein Gesicht war aschfahl und er war abgemagert. Er trat einen Schritt nach vorne und umarmte und küsste sie. Jetzt erst glaubte sie es. Er war aus Fleisch, er konnte also kein Fantasie-Objekt ihres Geistes sein.
    „Dir ist nichts geschehen. Wie sehr ich mich freue, dich wiederzusehen. Ich dachte, du wärst tot.“
    Sie sprach kein Wort. Sie trat zur Seite und er betrat das Haus. Langsam drückte sie die
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