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Liebe und Völkermord

Liebe und Völkermord

Titel: Liebe und Völkermord
Autoren: Daniel Imran
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der Tür stehen.
    Daniela erhob sich von Juhanun. Sie schaute Matthias schockiert an. Juhanun erhob sich nun auch von seinem Platz. Er schaute Matthias mit bohrendem Blick an, eine Mischung aus Neid und Siegeswillen.
    Eine Weile lang starrten sie sich sprachlos gegenseitig an.
    Daniela hielt die rechte Hand vor ihrem Mund. Jetzt verstand sie, Juhanun hatte sie angelogen. Sie weinte und schlug mit ihrem rechten Arm auf den Lügner ein. „Du hast mich angelogen! Du hast behauptet, sie hätten dir bestätigt, er sei tot! Du Lügner!“
    Matthias' Augen wurden feucht. Sein Herz blutete. Nun wurde er zum dritten Mal in Folge in so kurzer Zeit von einer Frau enttäuscht. Er senkte sein Haupt. Nun dachte er, keine Frau dieser Welt würde ihn je aufrichtig lieben. So etwas wie Liebe gäbe es nicht. Er verfluchte sich selbst. Seinen Kleinwuchs gab er die Schuld für sein Unglück. Er gab seine Hoffnungen auf. Nie wieder wollte er sich in die Arme einer Frau begeben.
    Daniela beruhigte sich. Sie schaute wieder Matthias an. „Es ist nicht so, was du jetzt denkst! Ich dachte, du wärst tot.“
    Links von ihm in der Ecke lag sein Buch auf dem Boden. Er ging dorthin, hob es auf, und ging zur Tür.
    Daniela stand auf und lief zu ihm hin. Er machte mit seiner linken Hand eine Bewegung. Sie schüttelte den Kopf. „Nein! Ich liebe dich, Matthias! Ich will mit dir zusammen sein! Bitte vergib mir! Verlass mich nicht!“
    Er klemmte sein Buch unter seinen linken Arm. „Mach mir den Weg frei! Lass mich in Ruhe!“
    Sie schrie laut auf.
    Matthias starrte auf einen Punkt vor ihm. Er ignorierte sie.
    Schließlich machte sie ihm den Weg frei. Weinend ließ sie sich zu Boden fallen. Juhanun schaute die ganze Zeit über nicht zu ihnen hin. Er selbst hatte nicht viel zu verlieren. Hätte Matthias ihr doch noch vergeben und sie mitgenommen, hätte er sich eine andere Frau gesucht. Er merkte schon, er liebte Daniela nicht wirklich. Um sie wollte er nicht kämpfen.
    Sein Plan war aufgegangen. Er hatte gewonnen.
    Daniela heulte. Sie vergrub ihr Gesicht auf ihren Beinen. Juhanun stand auf und ging langsam auf sie zu. Er setzte sich zu ihr hin. Erst trat sie zur Seite und wies ihn ab. Er versuchte es erneut. Dann gab sie nach. Er streichelte ihre Haare und küsste sie auf ihre rechte Wange. Sie war von Juhanun belogen worden. Sie dachte, Juhanun habe es wahrscheinlich aus Liebe zu ihr getan. Er habe sie nicht an Matthias verlieren wollen. Und jetzt konnte sie sowieso nichts mehr an ihrer Situation ändern, sie hatte Matthias für immer verloren.
    Matthias schlenderte gelassen den Weg zurück zum Tal. Eine Träne trat aus seinem rechten Auge aus. Auf seinem Weg sprach er mit niemand.
    Als er den zerstörten Schutzwall endlich erreichte, erblickte er seinen Bruder. Madschid merkte an Matthias, irgendetwas Schlimmes war mit ihm geschehen, doch er fragte ihn nicht danach. Er schaute auf seinen linken Arm und sah das Buch. Seite an Seite schlenderten sie an den vielen Soldaten zwischen den Zelten vorbei in Richtung Westhügel von Iwardo.
     
    Barsaumo hatte nicht im Sinn, das Kloster ohne seine Waffen zu verlassen. So musste er im Kloster verweilen, bis das Lager der Moslems von Iwardo abgezogen war.
    Im Innenhof verteilte der Abt die restlichen Flaschen voll Wasser. Barsaumo verzichtete jedoch darauf und ging zurück in seine Kammer. Dort saß er bis zum nächsten Morgen in der Ecke. Er schlief keine Sekunde. Die ganze Zeit dachte er über sein Leben nach. So Vieles war geschehen in so kurzer Zeit. Ihm wurde klar, er konnte nicht in sein Heimatdorf Badibe zurückkehren, noch konnte er in ein anderes aramäisches Dorf gehen. Zu schnell würde sich sein Name herumsprechen und auch alsbald das Dorf Badibe erreichen. Aus seiner Sicht war die einzig vernünftige Lösung, wieder nach Süden zu ziehen, nach Syrien zu gehen.
    Er dachte auch an seinen Sohn, Gabriel. Der Junge war unschuldig. Aber er sah sich selbst als schlechtes Vorbild für andere Menschen. Daher wollte er den Jungen nicht bei sich haben.
    Jetzt merkte er, er hatte Martha die letzten Tage gar nicht gesehen. Er dachte, sie sei wohl zur Vernunft gekommen und habe Abstand von ihm genommen.
    Am nächsten Morgen schnallte er sein Gewehr um sich, legte die Scheide seines Säbels an seinen Gürtel und verließ die Kammer für immer.
    Im Innenhof erblickte er Bischof Philoxenos neben dem Abt. Vor ihnen stand Bischof Ambrosiani. Er konnte akustisch verstehen, was sie zueinander sagten.
    Ambrosiani
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