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Liebe und Völkermord

Liebe und Völkermord

Titel: Liebe und Völkermord
Autoren: Daniel Imran
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Vettern darum, hereinzukommen.“
    Sie eilte zur Tür, öffnete sie und bat Hanna und Danho, einzutreten. Sie gingen zu Isa. Isa bat sie, Marias Ehe mit Ali anzuerkennen. Die beiden Männer weigerten sich nicht, sie zeigten sich aber nicht erfreut über seinen letzten Wunsch.
    Dann schrie Isa laut auf. Ihm stockte der Atem, er erstickte. Sein Oberkörper hob sich an und fiel wieder auf die Matte zurück. Er war tot.
    In den nächsten 40 Tagen der Totentrauer tolerierten Marias Verwandten ihren muslimischen Ehemann. In der Folgezeit aber mieden sie den Kontakt zu ihr. Als nach sechs Monaten das Dorf endlich einen neuen Pfarrer hatte – Abuna Qurijo Tuma – und er sie mit Ali traute, besserte sich das Verhältnis zwischen ihr und ihren Verwandten.
     
    Muhammad und Karim bestiegen ihre Rösser. Die letzten Zelte waren bereits abgebaut und die Soldaten schon auf dem weiten Weg zurück in Richtung Regierungsstützpunkt beziehungsweise Heimatort.
    Der Agha ließ alle Ereignisse der letzten Monate Revue passieren. Seine Frau wurde von einem ihm immer noch Unbekannten ermordet. In der Folge hatte er den Agha Bilad getötet und dessen zweite Ehefrau Fatima entführt. Nun würde er diese bezaubernde Frau schon bald wiedersehen. Und dann dachte er noch an den Zwischenfall in Badibe, seine Schulterverletzung, und zuletzt an den Kleinwüchsigen namens Matthias. An den Mord an Gabriel, den jüngeren Bruder des Matthias, konnte er sich nicht mehr erinnern.
    Er und Karim trabten auf ihren Pferden voraus in Richtung Mardin.
    Nach etwa einem Kilometer erblickten sie den Fluss Tigris. Muhammad hielt plötzlich inne. Karim ritt weiter, machte dann Halt und drehte um. Sein Bruder sah verwirrt und nachdenklich aus. „Was ist los? Geht es dir nicht gut?“
    „ Ich muss ihn noch einmal sehen! Wieso habe ich ihn gehen lassen!“
    „ Wen meinst du?“
    „ Den kleinen Mann.“
    Karim seufzte. „Nicht schon wieder, Muhammad! Er ist ein Aramäer und Christ und er wird es auch bleiben. Und er will nicht mit dir befreundet sein, noch will er mit dir arbeiten!“
    „Komm, wir kehren um!“
    Widerwillig ritt Karim hinter ihm her. Sie ritten den Weg zurück nach Iwardo, machten kurz vor der Einbiegung zum Dorf einen Bogen rechts um das Dorf, und ritten dort immer weiter geradeaus in Richtung Badibe. Sie galoppierten so schnell, als wären sie die Kuriere des römischen Kaisers.
    Nach einer halben Stunde des Ritts durch das Tal erstreckte sich ein neuer Hügel vor ihnen. Da sahen sie sie. Der kleine Mann und sein Bruder erklommen den Hang des Hügels. Zu Pferd konnten die beiden Kurden nicht den Hügel passieren, also mussten sie den Umweg um den Hügel herum machen. Sie galoppierten wieder sehr schnell.
    Als sie dann links einbogen, sahen sie die beiden Männer nebeneinander im Tal nordwärts schlendernd.
    Madschid schaute seinen Bruder an und sah seine nachdenkliche Miene. „Warum bist du, ohne uns Bescheid zu sagen, nach Iwardo gegangen?“
    Obwohl er seinen Bruder liebte, konnte er ihm nicht die Wahrheit erzählen. „Eigentlich wollte ich nur sehen, ob die Moslems wirklich das Dorf angreifen.“
    Madschid dachte über seine Worte nach und nickte darauf nur. Sie schlenderten immer weiter, während sie miteinander sprachen.
    „ Es ist so Vieles geschehen, Bruder. Wir haben das Unvorstellbare gesehen. Und jetzt, fürchte ich, wenn wir Badibe erreichen, werden wir wohl wieder nur Leid erfahren.“
    Sein älterer Bruder schaute nur vor sich hin.
    „Das Leben ist grausam. Aber dennoch, weißt du, ich hatte einen Traum. Er war so echt.“
    Nun schaute der ältere Bruder zu ihm herüber. „Erzähl!“
    „Ich bin zusammen mit einem anderen Mann in den Tigris gesprungen. Ich dachte erst, du wärst der andere Mann gewesen, aber das warst nicht du. Er sah dir ähnlich, aber das warst nicht du. Wir schwammen bis zum Grund. Und dort sah ich es dann.“
    Madschid blieb stehen und schaute seinen jüngeren Bruder neugierig an. „Was hast du gesehen?“
    Matthias schaute mit verträumten Augen vor sich hin. Gerade wollte er weitererzählen, er habe das Paradies gesehen und der Engel neben ihm habe ihm angeboten, ihn gleich sofort dorthin mitzunehmen, da zuckte er zusammen, da ein Schuss in seine Richtung gefallen war.
    Muhammad zog die Zügel seines Pferdes. Es wieherte und scheute. Noch nie hatte es gescheut. Das war seltsam, doch in diesem Moment interessierte sich Muhammad nicht dafür. Karim hielt ebenfalls sein Ross an und trat an Muhammads
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