Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Liebe ist stärker als der Tod

Liebe ist stärker als der Tod

Titel: Liebe ist stärker als der Tod
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
Kind«, sagte Hubert Bader, der diesesmal mit zum Bahnhof gekommen war, denn um 23.19 Uhr gibt es keine Möbelkunden mehr, »wir helfen dir und Pierre immer. Du kannst von uns alles haben. Professor Brandes hat einen Leberspezialisten in Stockholm entdeckt … ich telefoniere dir die Nachricht gleich nach Paris weiter.« Und Else Bader weinte, als der Zug anrollte und Ev solange zurückwinkte, wie sie ihre Eltern im Licht der Bahnhofshalle stehen sah.
    Warum hat Madame sofort aufgelegt, dachte Ev und setzte sich auf ihren Platz. Warum hat sie Pierre erst gar nicht gerufen? Heute nicht, gestern nicht, vorgestern auch nicht. Er malt … fast eine Woche ohne meine Stimme, das hält Pierre nicht aus.
    Sie drückte die Stirn gegen die kalte Abteilscheibe und starrte hinaus in die nasse Nacht. Auch hier regnete es, seit Tagen schon. Das Land schien zu ertrinken.
    Nach Tokio, dachte sie. Pierre, wir fliegen nach Tokio oder nach Stockholm oder nach Rio de Janeiro … überall, wo ein Arzt ist, der dir helfen könnte, da fliegen wir hin.
    Ich gebe nicht auf! Ich gebe nicht auf!
    Pierre, ich liebe dich …
    *
    Sie kam morgens in Paris, im Gare du Nord an.
    Am Taxistand sah sie den Grafen Peruschkin als ersten Wagen stehen und freute sich, daß es gerade er war. Sie winkte ihm zu, und er winkte zurück, ein wenig verhalten, nestelte dann an seinem Funkgerät, sprach etwas und fuhr erst dann zum Ausgang des Bahnhofs.
    »Keiner weiß, daß Sie kommen, Ev«, sagte er, als sie neben ihm saß.
    »Es soll eine Überraschung für Pierre sein, Graf.« Sie lehnte sich zurück und sah hinaus auf den morgendlichen, verrückten Verkehr der Pariser Straßen. »Wann haben Sie Pierre zuletzt gesehen?«
    »Vor einer Woche …« Graf Peruschkin blickte starr geradeaus. »Wir hatten viel zu tun. Ein Kongreß, eine Mustermesse … wir waren pausenlos unterwegs …«
    »Und wie sah Pierre aus?« fragte sie.
    »Er sah gut aus, Ev.« Graf Peruschkin umklammerte das Lenkrad so fest, daß seine Knöchel weiß wurden. »Er sah zufrieden aus, glücklich …«
    »Das ist schön, Graf …«
    In der Rue Princesse hatte sich nichts verändert, nur war neu, daß Madame Coco nicht in der Küche saß und das Haus bewachte. Die Küchentür stand zwar offen, aber Madame war nicht in der Wohnung.
    »Sie wird bei Pierre putzen«, sagte Graf Peruschkin, küßte Ev plötzlich auf die Stirn, warf sich herum, rannte zu seinem Taxi zurück und fuhr wie ein Irrer davon.
    Langsam stieg Ev die altvertraute, dunkle, steile Treppe hinauf bis zum ›Zimmer in Gottes Hand‹. Langsam öffnete sie die Tür und stieß sie dann weit auf.
    Durch das große Fenster mit dem Blick über die Dächer und auf den häßlichen Schornstein fiel das Morgenlicht auf die Staffelei mit dem halbfertigen Bild des Fischers von Le Paradis, seinen weißen Pferden und seinem verrotteten Kahn mit den Kaninchen.
    Dahinter stand, alles war so vertraut, Pierres Bett, zugedeckt mit der neuen Felldecke, die sie vor drei Wochen bei Lafayette gekauft hatten. Auf dem Bett lag Bouillon, den Kopf auf den Vorderpfoten, und sah sie starr an. Er rührte sich nicht, er wedelte nicht mit seinem unmöglichen Schwanz … wie ein Plüschtier lag er da, und nur seine großen, traurigen Augen lebten.
    Auf Evs Bett saß Madame Coco und hatte den Kopf gesenkt. Das ›Gebetbuch‹ stand an der Wand, die Hände gefaltet, der ›Rote Henry‹ hockte in einem der Sessel und knetete seine dicken Finger, Ponpon, der einäugige Gummimensch, kaute an seinen Fußnägeln, Fürst Globotkin atmete schwer … er mußte gerade erst angekommen und kurz vor Ev die Treppen hinaufgestürzt sein. Jetzt wußte sie auch, mit wem Graf Peruschkin über sein Funkgerät gesprochen hatte.
    Sie sah sich um, ging zu Pierres Bett und setzte sich neben Bouillon. Der häßlichste Hund von Paris kroch nahe an sie heran, legte seinen Kopf in ihren Schoß und begann leise zu wimmern.
    »Wann –?« fragte sie ganz ruhig.
    »Vor fünf Tagen«, antwortete Fürst Globotkin, als keiner es wagte, es ihr zu sagen. »Es ging ganz schnell … es war, als wenn man einen Lichtschalter ausdreht. Aber er wußte es vorher, mindestens einen Tag vorher. Er hat dir einen Brief geschrieben.«
    Das ›Gebetbuch‹ löste sich von der Wand, holte einen Umschlag aus dem Rock und legte ihn Ev auf das Bett. Sie sah ihn an, aber sie faßte nicht nach ihm und öffnete ihn nicht.
    »Es war sein Wunsch, dir nichts zu sagen.« Der ›Rote Henry‹ erhob sich und trat den Sessel
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher