Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Liebe ist stärker als der Tod

Liebe ist stärker als der Tod

Titel: Liebe ist stärker als der Tod
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
Augen verlieren …«
    »Ich fahre ein Auto und keine Schnecke«, erwiderte Globotkin. »Wie schnell läuft ›Mes Rues‹?«
    »Wenn er gut gelaunt ist, macht er noch neunzig …«
    »Ich werde am Steuer einschlafen. Neunzig! Bei freier Autobahn! Muß das sein, Ev?«
    »Es muß, Wladi.« Sie lächelte ihn traurig an. »Er wird mich im Rückspiegel sehen. Ich weiß doch, daß er nicht mehr ohne mich sein kann. Nicht einmal in deinem Auto.«
    Eine halbe Stunde später fuhren sie ab. Ev hatte dem Fischer die ganze Miete bezahlt, und der Alte hatte gesagt: »Mademoiselle oder Madame – mir ist's egal – ich verstehe das alles nicht.«
    »Ich auch nicht, Monsieur«, hatte Ev geantwortet. »Es gibt Dinge im Leben, die begreift man einfach nicht, obwohl sie greifbar sind. Irgendwo hört die Vernunft auf, und der Mensch steht in einer Leere. Leben Sie wohl, Monsieur.«
    »Leben Sie wohl, Madame …«
    Der Alte blickte den beiden Wagen nach, bis die roten Rücklichter auf dem höckrigen Weg nach Salin de Badon zwischen dem Schilf verschwanden. Dann humpelte er zurück zu seinen Pferden, setzte sich auf einen Schemel in dem Stallgang und faltete die Hände im Schoß.
    Es bleibt eine Leere zurück, sagte Madame, dachte er still. Sie hat es ausgesprochen, danach habe ich gesucht: Was ist ein alter Fischer ohne Boot und Netz? Er sieht, hört und riecht das Meer, aber er kann nicht mehr gegen die Wellen rudern. Eine leere Welt –
    Er sah seine Pferde an, aber sie ersetzten ihm kein Boot.
    *
    Sie erreichten Paris im Regen und beim Morgengrauen.
    Pierre schlief auf den Hintersitzen und erlebte so nicht, daß ›Mes Rues‹ sich ziemlich bockig zeigte, zweimal mit knapper Not eine Autobahntankstelle erreichte, wo man seinen Zündverteiler reinigte, in den die Nässe des Regens eindrang und somit den ganzen Zündungsrhythmus störte. Bouillon fuhr mit Ev, hockte neben ihr auf dem rechten Vordersitz und starrte durch die Scheibe auf den vor ihnen hergleitenden großen Wagen. Für Globotkin war es eine wahre Qual, so langsam zu fahren, und als ›Mes Rues‹ zum drittenmal in Auxerre streikte, schlug er vor, das Vehikel in die Luft zu sprengen und endlich wieder ein vernünftiger Autofahrer zu werden. Aber Ev lehnte es ab, ›Mes Rues‹ wurde wieder flottgemacht und hielt dann trotz des Regens durch bis Paris.
    Sie fuhren ohne Umweg direkt zum Hôpital Laennec, wo in dieser Nacht sowohl die Ärzte wie die Schwestern eine der schlimmsten Stunden ihrer medizinischen Laufbahn durchstanden: Madame Coco, das ›Gebetbuch‹, der ›Rote Henry‹, Ponpon, der einäugige Gummimensch und Marius Callac, der große, jetzt an Unruhe fast zerstörte Callac, belagerten das für Pierre freigemachte Zimmer, warteten auf Fürst Globotkin und steigerten sich in eine fast hysterische Nervosität hinein, als die errechnete Zeit abgelaufen war und Wladimir Andrejewitsch noch nicht zurückgekommen war. Von da ab jagten sich die Vermutungen und erdolchte man sich gegenseitig mit apokalyptischen Prophezeiungen. Was drunten in der Camargue geschehen sein mußte, konnte nur alle Vorstellungen übertreffen, denn wenn ein Fürst Globotkin sogar versagte …
    »Man muß die Polizei alarmieren!« donnerte Madame Coco, als es vier Uhr morgens wurde. »Einen Rettungshubschrauber! Wozu sind sie da? Wozu zahlt man so hohe Steuern? Marius, steh nicht herum und glotz die Brille kaputt: Telefoniere mit den maßgebenden Stellen! Du kennst sie alle, ich nicht. Sonst wäre schon ein Geschwader von Flugzeugen in der Luft.«
    »Globotkin kann mit einem Taxi nicht fliegen«, sagte Callac heiser. »Wer weiß, in welch desolatem Zustand Pierre ist, und Globotkin muß ganz langsam und vorsichtig fahren. Wir hätten einen Krankenwagen hinschicken müssen. Aber nein, Cosima schickt ein Taxi! Ohne mich vorher zu fragen! Ich hätte das alles anders organisiert.«
    »Ich war verzweifelt, zum Satan!« schrie Madame zurück. »Kann man das nicht verstehen? Man steht allein auf der Welt, keiner berät einen, keiner ist da, mit dem man sprechen kann, immer muß man alles allein tun … und dann kommt so ein fischäugiger Callac daher und sagt großkotzig: Ich hätte alles anders organisiert! Warum hast du nicht früher alles ›anders organisiert‹, he?!«
    »Weil ein Monsieur Lebrun dazwischen kam«, sagte Callac müde. »Und ein Weltkrieg. Cosima, beruhige dich. Wir zwei sollten doch Warten gelernt haben –«
    Der ›Rote Henry‹ war merkwürdig still geworden in diesen Stunden,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher