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Liebe im Schnee

Liebe im Schnee

Titel: Liebe im Schnee
Autoren: S. Fischer-Fabian
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Das lag am anderen Ende des Dorfes, in der Nähe des Bahnhofs.
    »Tut mir leid, Fräulein«, hatte der Wammetsberger bedauernd gesagt, »aber ‘s geht halt net anders. In der Saisoohn geht der Gast vor. Der Weg ist zwar a wen’g weit, aber Sie san ja noch a junges Blut.«
    Kirsten hatte innerlich gejubelt. Nur auf diese Art war ihr Doppelleben überhaupt möglich geworden.
    Na, und irgendwann würde ja Kiekebusch auch mal abfahren. Drei Tage war er schon hier. Vierzehn wollte er insgesamt bleiben. Blieben noch elf.
    Kirsten trank den Rest ihres Glühweins aus, nahm Mütze und Brille in die Hand und schlenderte beschwingt zur Tür. Als sie in die blendende Helle hinaustrat, rief jemand laut »Hallo!« Ein dicker Mann mit einer Kamera stand vor ihr. »Klick« machte der Apparat und »Klick« und »Klick« und »Klick«.
    »Bittesähr«, sagte der Mann und kam auf sie zu, »hier ist meine Karte. Fotosalon Madeira an der Hauptstraße. Noch heit abends hängen Ihre Bilder in meinem Kasten, und Sie können sich die schönsten aussuchen. Grüß Sie Gott!«
    »Nein«, rief Kirsten, »das können Sie nicht... das dürfen Sie nicht, das ist einfach..., einfach unmöglich!«
    Aber der Mann hörte sie nicht mehr. Er hatte sich auf seinen kurzen Brettln herumgeworfen und war in Schrägfahrt den Hang entlanggeschossen. Blitzschnell schnallte sich Kirsten ihre Skier an und stürzte dem Mann hinterher.

    »Talski belasten und Bergschulter vor, langsam ausstemmen und zack ran!«
    Florian Leitner räusperte sich. Es war zum Heiserwerden. Die Klötzel, die lernte das nie. Egalweg schob sie beim Ausstemmen die falsche Schulter nach vorn. Auf seinen Stöcken gestützt stand er da und ließ gelangweilt den Blick umherschweifen.
    Am Eingang des Kanonenrohrs sah er einen schwarzen Anorak auftauchen. Er kam rasch näher. Ein Mädchen steckte in dem Anorak.
    »Respekt, die kann’s!« dachte der Flori.
    Mit schmaler Skiführung wedelte das Mädchen die Steilhänge des Kanonenrohrs entlang, ratterte über die Buckelpiste an der Mittelstation und stach nach links hinein in die Pulverschneemulde. Lange Schneefahnen stoben auf, als sie in den oberen Idealhang einschwang. Sie duckte sich tief und ließ es schießen.
    Zu schnell, dachte der Flori, viel zu schnell! Die kriegt eine Fahrt, die kann unten nicht mehr abschwingen. Und unten beginnt der Ziehweg durch den Kämmererwald.
    Dann war da nur noch eine Schneewolke, und ein heller kleiner Schrei hing in der Luft, und das Mädchen mit dem schwarzen Anorak überkugelte sich drei-, vier-, fünf-, sechsmal, und dann war da nichts mehr.
    Aus dem Stand riß der Flori seine Brettl in die Fallinie. »Wart auf mi!« schrie er der Klötzel zu und tauchte den Hang hinab. Der Wind peitschte sein Gesicht, als er mit gut 80 Stundenkilometern auf die Mündung des Ziehwegs zuhielt. Das Waschbrett am Wäldchen hätte ihn um ein Haar geschmissen. Federnd fing er die Stöße ab und schoß über den Riesenbuckel am Heustadl wie ein Schanzenflieger. Er kam breitbeinig auf, nahm den Bergski an den Talski heran und rutschte den vereisten Hang hinab.
    Er fand das Mädchen hart neben einem riesigen Findling. Es lag auf dem Rücken und hatte die Augen geschlossen. Die Abfahrtsbrille, die Handschuhe und die Mütze lagen verstreut umher. Die Haare schimmerten weiß vor Schnee. Der schwarze Anorak war vorn aufgerissen. Von ihrer rechten Wange rann das Blut in einem dünnen schmalen Streifen.
    Anstatt zu helfen, stand der Florian Leitner ganz still da und schaute auf das Mädchen. Himmel, was war sie schön! Das Märchen vom Schneewittchen ging ihm durch den Kopf, das da in seinem Glassarg lag, so weiß wie Schnee, so rot wie Blut und so schwarz wie Ebenholz. Was für einen Skilehrer, der neben einer schwer gestürzten Skiläuferin stand, ein ziemlich blödsinniger Gedanke war.
    Dem Florian fiel dann gottlob gleich ein, daß das Mädchen außer schön noch ohnmächtig war. Er schlüpfte aus seinen Bindungen, riß sich den Rucksack vom Rücken und kramte die flache Metallflasche mit dem Rum hervor. Er kniete neben ihr nieder, hielt mit der Linken ihren Kopf und flößte ihr mit der Rechten ein paar Tropfen ein.
    Das Mädchen schlug die Augen auf, schaute ihn mit leerem Blick an und sagte kaum hörbar: »Sind Sie der Fotograf?«
    Anscheinend eine Gehirnerschütterung, dachte der Florian, und er sagte: »San’s nur staad, dees mach ma schon.«
    »Ich will nicht in den Kasten«, sagte das Mädchen.
    Bestimmt eine schwere
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