Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Liebe im Schnee

Liebe im Schnee

Titel: Liebe im Schnee
Autoren: S. Fischer-Fabian
Vom Netzwerk:
Gehirnerschütterung, überlegte der Florian, da mußte schnellstens Hilfe her. Er zog seinen Anorak aus, faltete ihn sorgfältig zusammen und schob ihn dem Mädchen behutsam unter den Kopf.
    »Können Sie auf stehen?«
    Das Mädchen schüttelte mit dem Kopf. Ihre Augen waren wieder geschlossen. Florian streifte seinen Pullover über den Kopf und bettete das Mädchen vorsichtig darauf.
    »Ich hole jetzt Hilfe, verstehen Sie? Hilf—fe! Bleiben Sie ganz ruhig! Ich bin gleich wieder zurück.«
    Als Florian Leitner nach 14 Minuten zusammen mit dem Mann von der Bergwacht und seinem Hörnerschlitten am Unfallort wieder anlangte, schweißnaß, keuchend, erschöpft, da blieb er wie erstarrt stehen. Er fand den Findling. Er fand seinen Anorak und seinen Pulli. Das Mädchen aber fand er nicht.
    »Schneewittchen«, dachte er laut.
    »Wie hammers denn?« fragte der Bergwachtmann und glotzte den Florian blöd an.

    Es gab an diesem Abend in Himmelsjoch mehrere Einwohner, die am Verstand ihres sonst als vollkommen normal bekannten Mitbürgers Florian Leitner zu zweifeln begannen. Dazu gehörte auch der Wastl, der die örtliche Skischule seit Jahren zu aller Zufriedenheit leitete.
    »I bin ja net bleed, Flori«, sagte er zum Leitner Florian, »und es hat auch gar koan Zweck net, wenn du mir alleweil denselben Schmarrn auftischst. Wenn dees Madel, von dem da umeinandspinnst, wirklich schwer verletzt war, dann war sie ja noch dagelegen. Zum Narren gehalten wird sie dich halt haben.«
    »Und i sag dir«, sagte der Flori, und dann sagte er gar nichts mehr, weil ihm einfiel, daß er bereits alles gesagt hatte. Bevor er die Tür ins Schloß schmetterte, drehte er sich allerdings noch einmal um und sagte schlicht: »Am Arsch leckst mi, Wastl!« Wozu der Wastl nicht bereit war.
    Weit kam der Florian nicht. Direkt vor der Skischule stand eine Bank, da setzte er sich nieder und stützte den Kopf in beide Hände. Alle hatte er sie gefragt. Jeden einzigen. Den Vater zu Haus und die Mutter, den Stationsvorsteher Obermayer, den Wirt von der »Post«, den Xaver Breitfuß in der Gemischtwarenhandlung und den Doktor Hacks, versteht sich, hätte ja leicht sein können, daß sie bei dem gewesen war, von wegen der Verletzung. Im Verkehrsbüro war er auch gestanden, bei dem Fräulein Hendricksen, das so dreckert gelacht hatte, wie er das Madl beschrieben hat.
    »Wissen’s, a Blonde is, so a Silberblond gewissermaßen und ganz dunkle Augen, wie Kirschen, an ganz an schwarzen Anorak hat’s angehabt. Nein, die Hose, die hab i net g’sehn, da war s ja im Schnee drin gesteckt, und an der rechten Backe, da war Blut. Ja, genauso hat’s ausg’schaut, das Madl. Habt’s die noch nie g’sehn hier?«
    Niemandem war so ein Mädchen je in seinem Leben begegnet. So beliebt der Florian auch war in Himmelsjoch, man hatte ihn überall mächtig hochgenommen. Die Männer hatten ein Auge zugekniffen, und die Frauen hatten gekichert. Es war schon zum Auswachsen.
    Gegen Mitternacht strandete der Florian in der »Sonne«.
    Wenn er bis dahin geladen war, jetzt hatte er geladen. Und zwar schwer.
    »Noch a Höllenwasser, Fräulein!« herrschte er das tizianrote Barmädchen an, das sich Kiki nannte. Frau Klötzel hatte samt ihrem Kater Augustus das Feld bereits geräumt.
    »Ich han dat ja nich nötig, mich so beleidigen zu lassen«, hatte sie unter Tränen geäußert, »so wat ignorier’ ich erst ja nit.« So schlecht hatte sie der Florian behandelt.
    Nun saß er ganz allein, trank das fünfte Höllenwasser und sagte zu Kirsten: »Ja, also a ganz a Blonde war’s. So a besonderes Blond, wie Ihr Rot, Fräulein Kiki. An schwarzen Anorak, die Hosen hab’ i ja net sehen können. Die Augen waren wie Kirschen, solche dunklen, und an der rechten Backe klebte Blut.«
    Kirsten faßte unwillkürlich mit der Hand an ihre rechte Wange. Da hatte sie heute viel Schminke auftragen müssen.
    »Ja, genau da, wo S’ jetzt hifassen, da war es.«
    »So, so«, meinte Kirsten und schenkte sich jetzt auch mal ein Höllenwasser ein.
    »Sagen Sie, Fräulein Kiki, habt’s die noch nie gesehen hier an der Bar?«
    »An der Bar«, meinte sie wahrheitsgemäß, »an der Bar war niemand, auf den Ihre Beschreibung passen könnte.«
    »Wär’ ja möglich gewesen.«
    »Herr Leitner, warum wollen Sie dieses Mädchen unbedingt Wiedersehen? Nur um sich davon zu überzeugen, daß sie nicht schwer verletzt ist?«
    »Warum, warum? A so a Frage.« Er richtete sich steil auf und sah sie starr an. »Erwischt
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher