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TS 25: Die Reise des schlafenden Gottes

TS 25: Die Reise des schlafenden Gottes

Titel: TS 25: Die Reise des schlafenden Gottes
Autoren: Jesco von Puttkamer
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1. Kapitel
     
    Wie so vieles an Bord der modernen Raumschiffe, hatte sich auch der Ausdruck ‚Kommandobrücke’ aus den fernen Tagen der Seeschiffahrt bis auf den heutigen Tag erhalten. Noch immer stellte sie im Grunde die Steuerzentrale des Schiffes dar, aber das war auch das einzige Charakteristikum, das sie noch mit jenem mehr oder weniger großen Aufbau auf den Decks der früheren Ozeanschiffe verband.
    Die Kommandobrücke der TELLUS war in Wirklichkeit ein titanenhafter Saal, der von spiegelndem Metall blitzte. Seine Wände wurden durch riesige Bildschirme gebildet, die sich auch über die gewölbte Decke der Halle hinzogen und den gesamten Weltraum im Umkreis von 360 Grad zeigten.
    Die Rückwand des Saals jedoch bestand aus undurchbrochenem Metall. Der Fußboden stieg in breiten, bequemen Stufen zu ihr auf. Die Stufen waren halbkreisförmig geschwungen, und an ihrem höchsten Punkt, im Zentrum des Halbkreises, erhob sich dicht an der Rückwand ein gesonderter Podest, auf dem der mächtige, massive Sessel des Piloten stand. Die breiten, kantigen Armstützen des Sessels enthielten alle Kontrollorgane, die zur Steuerung des Schiffes erforderlich waren.
    Der Pilot saß hochaufgerichtet und reglos auf seinem Platz, und seine Augen hingen aufmerksam an den riesigen Bildschirmen, die sich dreißig Meter unter und vor ihm befanden. Etwa zehn Meter vor ihm hing von der hochgewölbten Decke ein seltsames Gebilde aus Dutzenden von Spiegeln herunter, und Douglas Matchett wußte, daß sein Zweck darin bestand, dem Piloten den Blick auf sämtliche Bildschirme zur gleichen Zeit zu gestatten, ohne daß er den Kopf wenden mußte.
    Der linke und rechte Flügel des Saals war als Auditorium ausgebildet. Bequeme Sessel erstreckten sich dort in langen Reihen, und sie füllten sich jetzt rasch, als die Wissenschaftler, Techniker, Marinesoldaten und Angestellten des Schiffes durch die breiten Portale auf beiden Seiten hereinströmten, um an der Generalversammlung teilzunehmen.
    Der Spezialausweis räumte Matchett das Recht ein, in der vorderstenSesselreihe Platz zu nehmen, und er tat dies, ahne einen Gedanken darüber zu verlieren. Zur Zeit bedrückten ihn andere Probleme als die Rangunterschiede im wissenschaftlichen Kollegium der TELLUS.
    Er warf einen Blick auf die Bildschirme und stellte fest, daß das Expeditionsschliff jetzt im Begriff stand, in den schwarzen, leeren Raum zwischen den Spiralnebeln einzutreten. Über Tausende und aber Tausende von Lichtjahren hinweg erstreckte sich das bodenlose Nichts, und er wußte, daß die TELLUS noch viele Monate benötigen würde, um jenes ferne, schwache Nebelgebilde zu erreichen, das so verschwindend klein erschien und doch ein eigenes Milchstraßensystem im Sternbild Andromeda darstellte. Rund 680 000 Lichtjahre entfernt, bildete es selbst für den Null-Inertia-Antrieb der TELLUS keine geringe Aufgabe.
    Obwohl es mit Hilfe des Antriebs theoretisch möglich war, die Massenträgheit des Schiffes und seines Inhalts völlig auszuschalten und eine unendlich große Beschleunigung zu erzielen, hatte es sich jedoch gezeigt, daß es sowohl dem Befinden des menschlichen Körpers, als auch der fehlerfreien Funktion der Schiffsinstrumente abträglich war, wenn die Massenträgheit vollständig aufgehoben wurde. Überdies neigte letzteres dazu, die Navigation des fliegenden Schiffes zu erschweren, wenn nicht gar unmöglich zu machen.
    Matchett hatte das Prinzip der Antigravitation nicht ohne weiteres begriffen, als er nach jahrhundertelangen Forschungen kurze Zeit vor Kiellegung der TELLUS ins Stadium der praktischen Anwendbarkeit gereift war.
    Die träge Masse eines Körpers drückt sich darin aus, daß er jedweder Veränderung seines Bewegungszustandes einen mehr oder minder großen Widerstand entgegensetzt. Sie ist eine Funktion sowohl der Masse des Körpers als auch der ihm mitgeteilten Beschleunigung. Schon in der Chemie der Atomkerne hatte sich nach der speziellen Relativitätstheorie gezeigt, daß der alte Lavoisier’sche Satz von der Erhaltung der Masse nur noch beschränkt gültig war. Jede Energieänderung eines Körpers war nach den neuen Erkenntnissen mit einer Massenänderung verbunden, die sich zuerst im sogenannten Massendefekt zusammengetretener Atome zeigte. Die spätere Entwicklung der Feldtheorie bewies ferner, daß auch der Feldenergie eines geladenen Körpers eine träge Masse zukommt, und als dies bekannt geworden war, stürzten sich schon die amerikanischen
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