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Liebe im Schnee

Liebe im Schnee

Titel: Liebe im Schnee
Autoren: S. Fischer-Fabian
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Allmacht. Wenn er es auch selbst noch nicht genau wußte, fest stand, daß er sich verknallt hatte. Bis über seine Pudelmütze. Trine Hendricksen hieß der Gegenstand seiner Neigung. Was geradezu ein Wollknäuel von Verwicklungen ergeben würde.
    »Denn«, so hatte Jan heute nacht die Dinge zu sortieren versucht, »denn erstens ist da ja noch die Kirsten Bremer. Mit der soll ich mich ja nun wiederverloben, weil der Chef das so will. Von wegen die Nachfolge. Und ‘ne Partie ist die ja man wirklich. Aber die sitzt ja nun in München und studiert so ‘n Schnick-Schnack. Und München ist ja weit weg. Und die Trine ist näher. Aber trotzdem, wenn man es genau betrachtet...«
    Man konnte es betrachten, wie man wollte, die Dinge blieben kompliziert. Was Jan gar nicht mochte, denn er war, wie bereits erwähnt, für absolute Ordnung innen und außen.
    »S-piele nie ein unehrliches S-piel! S-tehe immer zu allem!« hörte er seine alte Dame sagen, und dann begrub er eine der pflügenden Matronen unter sich.
    Auf dem Balkon seiner im Älplerstil gehaltenen Villa stand der Arzt Dr. Hacks und blickte mit stiller Befriedigung auf die Scharen jener, die auszogen, das Fürchten zu lernen. Er hatte den Schock längst überwunden, den seinerzeit die Erfindung der Skisicherheitsbindung bei ihm ausgelöst hatte. Mit dem rechten Zeigefinger klopfte er gegen das Glas des Barometers und rief ins Zimmer hinein: »‘s Wetter wird Umschlägen, Theres. Das gibt beinharte Pisten.« Worauf er in seine Praxis ging, um den Gipsvorrat zu kontrollieren.
    Die Privatlehrer standen mit ihren Eleven bereits an den Talstationen der Skilifte. Da war der Wiggerl mit dem Fräulein Studienrat aus Bremerhaven, das immer wieder fragte: »Glauben Sie wirklich, daß es sich noch lohnt in meinem Alter?« Und ebenso regelmäßig zur Antwort erhielt: »I hab schon noch viel ältere gehabt.«
    Da war der Sepp mit dem schwergewichtigen Bauunternehmer aus Castrop-Rauxel, der nun bereits im achten Jahr den Schneepflug übte. Was den Sepp einmal zu der bitteren Bemerkung veranlaßt hatte: »Ein Jahr no’, dann stess i ihn in die Teufelsklamm. «
    Selbstredend war der Florian Leitner mit Elisabeth Klötzel aus Köln-Nippes dabei. Sie ignorierten die lange Schlange am Gamskogellift und drängten sich durch das Drehkreuz. Was Privatschülern zukam.
    »Also dann«, sagte der Florian und schob seiner Schülerin den Liftteller zwischen die Beine, »pack miers wieder.«
    Elisabeth Klötzel, die man Bumsi nannte, meinte: »Ich han jar kein Jeföhl heute morjen.« Aber sie hatte jeden Morgen kein Gefühl. Das erwachte immer erst in den späten Abendstunden bei ihr.
    An der Bergstation des Gamskogelliftes ließ Kirsten Bremer in diesem Moment den Liftteller in den Schnee gleiten. Sie trat aus der Spur und stieg im Treppenschritt den kleinen Hügel oberhalb der Gamshütte hinauf. Zu ihren Füßen lag Himmelsjoch. Es lag da wie ein Haufen Spielzeug, den ein übermütiger Junge über die Hänge geschüttet hatte. Die schneeigen Gipfel ringsum hatten alle ihre eigenen Namen. Was ihnen etwas Menschliches gab.
    Im übrigen hatte sie plötzlich der Mumm verlassen. Sie schaute den Steilhang der Einser-Abfahrt hinunter und fröstelte.
    »Ein Glühwein in der Gamshütte kann dir nicht schaden, Kirsten«, sagte sie. Denn sie sprach gern mit sich selbst, wenn sie allein war. »Glühwein beschwipst. Und Schwips macht Mut.«
    In der Hütte war es noch leer um diese Zeit. Die Wirtin stellte ihr das bauchige Glasgefäß hin, das immer ein bißchen an Krankenhaus erinnerte. Kirsten riß ihren Pudel vom Kopf und legte die riesige Abfahrtsbrille ab. Sie schlürfte behaglich den heißen Rotwein und dachte an den Streit mit Trine heute früh.
    »Wenn du mit die Perücke in den Snee fällst, muß sie zum Frisör. Dann bist du abends nischt verwandelt. Fahre mit deine eigene Haare!«
    »Damit mich Jan Kiekebusch auf der Stelle erkennt.«
    »Keiner erkennt Skilaufmenschen. Sie sind ähnlich wie die Eier. Und die Wimpern packst du hinweg und schminkst disch nischt eine bißchen. Dann ziehst du die große Brille an. Und setz sie nie ab!«
    Und gerade das hatte sie jetzt getan. Ach was, wer sollte um diese Zeit kommen. Die übten ja alle. Kirsten nahm noch einen tiefen Schluck und fühlte ein angenehmes Summen im Kopf. Hatte doch alles glänzend geklappt heute früh. Der Personaltrakt in der »Sonne« war besetzt gewesen. Da hatte ihr der Wammetsberger ein Zimmer in einem anderen Haus besorgen müssen.
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