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Liebe im Schnee

Liebe im Schnee

Titel: Liebe im Schnee
Autoren: S. Fischer-Fabian
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das Gerümpel säuberlich im Raum verteilte, »die mögen dees, Vater. Weil ‘s amal modern ist.«
    Die handgeschnitzte Holzplastik des Heiligen Florian hatte man dem Nachbarn für ein paar Mark abgekauft und neben die Musikbox gestellt. Dort stand sie heute noch. Aber es war schon lange nicht mehr dieselbe. Nach Abschluß der Saison war sie regelmäßig an einen Gast verkauft worden. Zu Höchstpreisen, versteht sich. Und wenn der Wammetsberger junior dem Schreiner Pelletmayer den Auftrag gab, einen neuen Florian anzufertigen, dann pflegte der zu fragen: »Wie weit soll i die Wurmlöcher diesmal bohren, Luggi? Bis zur Renaissankse, oder am End bis in die Gotik?«
    Jan Kiekebusch hatte seinen Anorak ausgezogen, warf einen leicht mißbilligenden Blick auf die zuckenden Körper der Tanzenden und steuerte schnurgerade auf die Bar zu. Seine ferkelblonden Haare leuchteten durch den Dunst. Sie bildeten einen interessanten Kontrast zu seinem rosafarbenen Gänseblümchenpullover.
    »Die Karte, bitte, Fräulein!« sagte er und rieb sich raschelnd die klammen Hände.
    Kirsten reichte sie ihm wortlos. Mit gesenktem Kopf polierte sie an einem Glas herum, das längst sauber war.
    »Einen Magenbitter«, sagte Herr Kiekebusch nach sorgfältigem Studium der auf geführten Getränke, »der macht warm und ist gesund.«
    »Und ist sehr preiseswert«, ertönte eine Stimme. Sie gehörte der vorlauten Trine.
    Jan Kiekebusch sah irritiert auf. Dann glätteten sich seine Unmutsfalten. »Ah, sieh da, das Fräulein... Fräulein...«
    »Hendricksen.«
    »Richtig, Fräulein Hendricksen. Ich hatte das Vergnügen, Sie im letzten Jahr in Hamburg kennenzulernen. Beim Sommerball des Yachtklubs.«
    »Dies hatten sie«, nickte Trine würdevoll.
    »Und sie machen hier Winterurlaub, wenn ich fragen darf?«
    »Nein, ich bin hier tätig. Im Verkehrsbüro, sossusagen.«
    »Dann darf ich vielleicht zu Ihnen hinüberrücken? Ich bräuchte ohnehin eine Auskunft wegen eines Schlafwagens.« Was zu den Formulierungen gehörte, mit denen Jan Kiekebusch einen Flirt einzuleiten pflegte.
    Kirsten schälte erleichtert eine Zitrone, deren Schale für eine kalte Ente benötigt wurde. Gott sei Dank, dachte sie, er hat mich nicht erkannt. Das klappte großartig.
    Na ja, er hat mich ja auch gar nicht erkennen können. Er hat mich ja noch nicht mal eines Blickes gewürdigt. Dachte sie einen Moment später.
    Eine halbe Stunde später sagte sie sich: »Eigentlich merkwürdig, daß er dich nicht erkannt hat. Schließlich war man mit dem Kerl mal ein Jahr lang verlobt. Die tizianrote Perücke, die konnte ja schließlich einen Menschen nicht derart verändern. Die ehemalige Braut sollte doch wohl jeder Mensch wiedererkennen. «
    Gegen 21.45 Uhr war sie der Meinung: »Wie der jetzt rumbalzt. Einfach geschmacklos. So lange entlobt ist er nun auch noch nicht. Die Trine nahm ihre Anweisungen eigentlich sehr genau. Man konnte ja auch übertreiben. Dieses blödsinnige Gekicher. Na schön, sollen sie...«
    »Noch einen Magenbitter?« fragte sie schließlich barsch.
    »Einen doppelten«, sagte Jan, »und für die Dame einen Steinhäger.« Er schaute das tizianrote Barmädchen mit den langen Wimpern und den violetten Lidschatten eine Sekunde lang an. Bannig geschminkt, die Deern, registrierte er, und wandte sich wieder seiner Nachbarin zu.
    »Grantig schaut’s drein, unser Barmadl«, sagte Florian Leitner, der sich aus den tanzhungrigen Beinen der Frau Klötzel gelöst hatte. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn und freute sich über seine Kondition.
    »Einen Wunsch?« fragte Kirsten geschäftsmäßig.
    »Ja, Höllenwasser.«
    »Zwei Glas?«
    »Nacha trinken Sie jetzt doch oan mit?«
    »Verzeihung, ich dachte an Ihre ständige Begleiterin?«
    »Das Klötzchen? Die kocht für Augustus Pfefferminztee.«
    »Ach, sie ist mit ihrem Mann hier?«
    »Nein, mit ihrem Kater. So a weißes Angoraviech.«
    »Bringen Sie dem auch das Wedeln bei?«
    »I möcht’ lieber Eahna was beibringen, Fräulein Kiki«, sagte der Florian und lächelte so sonnig wie der Reklameheini auf der Gletscherölflasche.
    Kirsten stellte drei Kaffeetassen unter die Espressomaschine und betätigte den Hebel. Es zischte und gurgelte. »Was Sie mir beibringen wollen, Herr Leitner«, sagte sie und bemühte sich, wie ein Vamp zu sprechen, »das kann ich schon.«
    »Respekt«, sagte der Florian, weil ihm nichts Besseres einfiel. Und er dachte, sakra, die hat nicht nur a starkes Herz (womit man hierzulande den Busen
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