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Licht über den Klippen

Licht über den Klippen

Titel: Licht über den Klippen
Autoren: Susanna Kearsley
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aus. Doch es hatte keinen Sinn. Die Minuten zogen sich
endlos dahin.
    »Verdammt«, wiederholte ich und stand auf, um in meiner Handtasche
nach den Schlaftabletten zu suchen, die mein Arzt mir verschrieben hatte.
    Ich nahm eine, legte mich hin und murmelte »Gute Nacht« in die
Richtung, in der früher meine Schwester geschlafen hatte.
     
    Mein erster Gedanke beim Aufwachen war: Ich bin nicht
allein.
    Ich wusste, wo ich mich befand. Mein Gehirn ordnete die Schreie der
Möwen, den Geruch der Luft und das Licht, das ins Zimmer drang, richtig zu. In
der Nähe hörte ich flüsternde Stimmen. Mark und Susan, dachte ich, war mir dann
aber nicht mehr sicher, weil es zwei Männerstimmen zu sein schienen. Ich
verstand nur hin und wieder ein Wort: »weg« und, ganz deutlich, »unmöglich«.
    Dann meinte ich, die Stimmen nahe bei meinem Kopf zu vernehmen,
durch die Wand zum Nachbarzimmer.
    Vermutlich Handwerker. In alten Gemäuern wie Trelowarth gab es immer
etwas zu reparieren, und Mark hatte bei Claire Probleme mit den Stromkabeln
erwähnt. Ich streckte die Hand aus, um die Verbindungstür zuzuschließen.
    Als ich angezogen auf den Flur hinaustrat, begegnete ich Mark, der
gerade nach oben kam. »Gut, du bist auf«, begrüßte er mich. »Susan schickt
mich. Frühstück ist fertig. Hast du gut geschlafen?«
    »Sehr gut, danke.« Ich nickte in Richtung der verschlossenen Tür zum
Vorderzimmer. »Du kannst ihnen sagen, dass sie nicht mehr flüstern müssen. Ich
bin wach.«
    Mark sah mich fragend an. »Wem?«
    »Den Handwerkern oder wer auch immer da drin ist.«
    Mark drückte schweigend die Klinke zu dem Zimmer neben dem meinen
herunter, öffnete die Tür weit genug, um den Kopf hineinstrecken zu können, und
versicherte mir: »Niemand drin.«
    Ich schaute selbst hinein. »Aber ich hab sie gehört. Zwei Männer.
Sie haben sich unterhalten.«
    »Kam wahrscheinlich von draußen.«
    »Es klang nicht so.«
    »Da täuscht man sich manchmal in alten Häusern.«
    Alles andere als überzeugt, warf ich einen letzten Blick in das
Zimmer, bevor er die Tür wieder schloss.
    »Komm mit runter, frühstücken«, forderte er mich auf.
    Unten war Susan dabei, ein komplettes englisches Frühstück
zuzubereiten, mit Würstchen, Tomaten und Eiern, Toast, Saft und Kaffee.
    Susan deutete auf den Tisch. »Setzt euch. Es ist gleich fertig.«
    Die Küche war seit meinem letzten Aufenthalt in Trelowarth
umgestaltet worden; der Tisch war größer, als ich ihn in Erinnerung hatte,
stand jedoch wie eh und je am Fenster, von wo aus man den von Bäumen gesäumten
Hof sehen konnte. Der ehemalige Stall am hinteren Ende diente jetzt als Garage.
Ich saß, wo ich immer gesessen hatte, mit der Schulter an der Wand, und schaute
über den Hof hinaus auf die stufenförmig angelegten, durch hohe Ziegelmauern
geschützten Gärten.
    Sie waren einzeln ummauert und trugen alle einen Namen: der »Untere
Garten« befand sich am nächsten beim Haus; der »Mittlere Garten« war früher der
größte gewesen; und der »Obere Garten«, mein Lieblingsort, hieß auch der
»Ruhige Garten«.
    Diese Gärten waren das Vermächtnis von Marks und Susans
Ururgroßvater, der einbeinig und traumatisiert aus dem Burenkrieg zurückgekehrt
war. Die Sehnsucht nach einfacheren Zeiten hatte ihn dazu gebracht,
traditionelle Rosensorten zu züchten, die allmählich aus der Mode kamen, als
die modernen, mehrmals im Jahr blühenden Hybriden beliebt wurden.
    Er hatte die neuen Hybriden verachtet, sich passioniert um seine
altmodischen Rosen gekümmert und diese Leidenschaft seinen Nachkommen vererbt.
Durch die harte Arbeit und die Investitionen späterer Halletts hatte sich in
Trelowarth eine der angesehensten Zuchtstätten alter Arten etabliert. Hier
wuchsen Rosen, die der Nachwelt ohne Trelowarth verloren gegangen wären.
    Das Brutzeln in der Pfanne lenkte meinen Blick vom Fenster zu Susan
zurück.
    »So ein Aufwand«, sagte ich. »Frühstücksflocken und Milch wären
genug gewesen.«
    Mark reichte mir eine große Tasse Kaffee und setzte sich mir
gegenüber hin. »Das Frühstück ist nicht für dich«, versicherte er mir. »Sie
versucht, mich weichzuklopfen.«
    »Tu ich nicht«, widersprach Susan.
    »Dann ist es wohl Zufall, dass der große Ordner mit deinen Plänen
für die Teestube auf dem Tisch liegt, oder?«
    »Ich wollte sie durchgehen.«
    »Du wolltest sie Eva zeigen.«
    »Nein, wollte ich nicht.« Susan gab die Würstchen aus der Pfanne auf
einen Teller und stellte ihn mit einem Knall vor
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